Schallerscher Erbenhof · Weimar
Projektbeschreibung
Das ehemalige Bernstorffsche Palais, heute bekannt als Schallerscher Erbenhof, ist Bestandteil des Weimarer Stadtkerns.
Das Bernstorffsche Palais ist ein Einzeldenkmal und besteht hauptsächlich aus einem dreiflügligen U-förmigen Gebäude.
Die Analyse der historischen Raumstruktur der Obergeschosse des Palais ergab, dass eine verträgliche Nutzung nur eine Gesamtnutzung unter Einbeziehung des barocken Treppenhauses im Ostflügel sein kann. Mit einer Pension können die Eingriffe in die Raumstruktur minimiert werden, da die Gangstruktur mit den abgehenden Zimmern (ehemalige Gesinde-kammern) sich zur Umsetzung von Beherbergungszimmern eignet.
Die neue Bebauung im Westen wird in zwei einzelne Gebäude gegliedert. In dieser Form ist es möglich, der Maßstäblichkeit der Gebäude zur Altsubstanz Rechnung zu tragen und ihnen somit ihren städtebaulichen Halt zu verleihen.
Trotz der städtebaulich wünschenswerten Differenzierung des Ensembles verlangt der Standort und die relativ geringe Größe des Gebäudes nach einer homogenen äußeren Erscheinung. Um den Durchgang zur Schillerstraße auch mittels der Gebäude zu signalisieren sollen beide Gebäudeteile mit ähnlichen Gestaltungsmitteln arbeiten.
Das Gebäude in der Brauhausgasse greift mit der Brüstung des zurückgestaffelten 2. OG die Traufhöhe des Nachbarhauses auf und vermittelt somit zur angrenzenden Bebauung. Seine Lochfassaden sind als Putzflächen ausgebildet und orientieren sich somit an der typi-schen Gestaltung in der Brauhausgasse. Der historische Erbenhof ist ein liegender, horizontal betonter Baukörper. Dieses Motiv verarbeitet das Hofgebäude mittels sichtbarer Geschossdecken, die als Laubengänge auskragen sichtbar werden. Dazwischen spannen geschosshohe Fensterelemente und Türen, die sich mit Fassadenplatten aus Holz abwechseln. Sie erzeugen eine warme Materialität und unterstützen somit den geschützten und halboffenen Charakter des Innenhofes.
Schallerscher Erbenhof
Kritik: Hannes Hubrich, Weimar
In Thüringen sind barocke Stadthäuser und Palais meist schlichter erbaut und weniger geschmückt als anderswo. Die ruhige Ausstrahlung ihrer breiten, flächigen Fassaden konnte umso nachhaltiger umgebende Straßen- und Platzräume prägen. Dieser Umstand verhilft einem lange vernachlässigten Winkel zwischen Frauenplan und Brauhausgasse nun zu neuer Blüte. Die denkmalgerechte Sanierung der dreiflügeligen Hofanlage, etwa 1710 erbaut, später als Bernstorffsches Palais bekannt, und ein Ersatzneubau auf der Westseite bescheren der Stadt ein kleines, intimes 'Viertel' mit intakter Brauhausgasse, platzartigem Innenhof und überraschender Verbindung zur Schillerstraße.
Die sorgfältige Untersuchung des oftmals umgebauten Bestandes prädestinierte eine Hotelnutzung, um die ursprüngliche Struktur von Zimmerfluchten und Seitenfluren annähernd wiederherzustellen. Der breitere Hauptflügel nimmt dabei einige geräumige Suiten auf, die Seitenflügel und das Mansardgeschoß bieten diverse Einzel- und Doppelzimmer. Alles ist in warmen Rot- und Gelbtönen gehalten. Die Ausstattung der Räume zeigt ein einfaches, zeitgemäßes Ambiente. Originell und vom Publikum gern angenommen, ist die Benennung der Zimmer mit historischen Namen. Lucas Cranach (207) und Charlotte von Kalb (208) etwa schauen zum Frauenplan, während Anna Amalia (201) den Blick zum Innenhof wie auch in Richtung Schillerstraße genießen kann.
Wirkungsvoll in originalem Grau, mit roten Läufern abgesetzt, sind die barocken Holztreppen wieder erlebbar, besonders die repräsentative Haupttreppe von der Foyerhalle zum Obergeschoß und zur Mansarde. Die Halle dient dem Hotel garni als Empfang und führt zu den anschließenden Frühstücksräumen. Auf der Gegenseite des Tordurchgangs und im Westflügel bietet ein separates Restaurant Mittags- und Abendtisch und versorgt den Biergarten im Hof.
Der Innenhof beeindruckt, nach der Beräumung von Nebenbauten, wieder durch seine stattliche Dimension, die dennoch Ruhe und Vertrautheit atmet. Der räumliche Abschluss der Westseite ist dabei folgerichtig, konsequent auch der Verzicht auf eine weitere Mansard oder Steildachform beim Neubau. Die denkmal und stadtgestalterisch geforderte Höhenstaffelung hat hier jedoch geringen Effekt. Statt einer der Situation angemessenen und zudem praktischen Laubengang- oder Galeriestruktur über alle Geschosse, dominiert nun der holzbeplankte Baukörper die Ansicht vom Hof.
Versöhnlich stimmen die Hotelzimmer im Neubau, die dem Bonus des Altbaus ihrerseits durch klare Grundrisse, helle Atmosphäre und reizvolle Blicksituationen gegenhalten. Hier laden Richard Wagner (422), Friedrich Nietzsche (413) oder Walter Gropius (424) zu Gast.
Im Erdgeschoß gibt es, günstig zum Hof orientiert, zwei geräumige Ladenflächen.
Maßstäblich gut gelungen ist die gestaffelte Gebäudefront zur Brauhausgasse. Unter anderem wohnt man hier bei Henry van de Velde (417) und Harry Graf Kessler (418) und kann aus den französischen Fenstern die pittoreske Dichte der Gasse am Eckermannhaus erleben. Den Weihen aller Kultur zum Trotz schätzen die Gäste auch ganz Profanes- wie die 25 PKW Stellplätze unter dem Innenhof, die äußerst vorteilhaft über die Tiefgarage des Kaufhauses an der Schützengasse zu erreichen sind.
Projektdaten
Adresse
Brauhausgasse 10-14
Weimar
Planungsbüro
Hartmann + Helm Planungsgesellschaft mbH, Weimar
Bauherr
privat
Fertigstellung
2003
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Letzte Aktualisierung dieser Seite am: 15.03.2018. Alle Angaben auf dieser Seite werden durch das Büro Hartmann + Helm Planungsgesellschaft mbH, Weimar auf freiwilliger Basis verwaltet. Das Büro ist für den Inhalt dieser Seite selbst verantwortlich. Die Angaben werden von der Architektenkammer Thüringen nicht geprüft.