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„Eine der wenigen wirklich effektiven Werbemöglichkeiten“

Tag der Architektur zog erneut zahlreiche Architekturfans an

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Berufsbildungszentrum Weimar (Hartmann+Helm, Junk & Reich, Wittig & Rietig)

Das Interesse mit Architekt, Landschaftsarchitekt, Innenarchitekt oder Stadtplaner zu planen und zu bauen ist groß. Das zeigte der Tag der Architektur auch in diesem Jahr: Rund 6000 Interessierte nutzten am 27. und 28. Juni das Angebot, um neue und modernisierte, private und öffentliche Gebäude, Innenräume sowie Freianlagen in 35 Städten und Gemeinden Thüringens zu erkunden.

Vor Ort fiel das Besucherinteresse gleichwohl sehr unterschiedlich aus. Während das ein oder andere Objekt im ländlichen Raum oder auch Freianlagen infolge des starken Regens am Samstag nur wenige Teilnehmer zählten, waren die Bauwerke entlang der Städtekette Erfurt, Weimar und Jena gewohnt stärker frequentiert.

„Zwei tolle Tage“ erlebten nicht nur Architektin Romy Hornschuh und Innenarchitektin Maria Besinger, die 400 Neugierige im sanierten Berg- und Jagdhotel Gabelbach empfingen. Auch in der Orangerie Belvedere in Weimar (Tectum, Dr. L. Krause, M. Dane) fanden sich 400 Interessierte ein. Zu den 15 in der Landeshauptstadt geöffneten Objekten machten sich nicht weniger als 2700 Besucher auf den Weg, besonders gefragt dabei: die Wohn- und Einfamilienhäuser. Das mit dem „architektourpreis“ ausgezeichnete Wohnhaus „Auf der Mauer“ von herrschmidt architektur verzeichnete rund 400 Gäste. Gar längere Besucherschlangen bildeten sich am Barbarossahof vor den drei dort geöffneten Bauwerken von Haus-mit-Zukunft (ebenfalls rund 400 Interessierte), Vitaminoffice (gut 800) und dma (mehr als 300). Zu ihren Eindrücken haben wir Prof. Joachim Deckert von dma sowie Sven Enenkel von Vitaminoffice befragt:

Sie haben beide schon mehrfach an vergangenen Tagen der Architektur mit Ihren Bauwerken teilgenommen. Was macht für Sie den Reiz aus?

Sven Enenkel: Die Tage der Architektur sind zum einen immer ein guter Anlass, eigene Projekte und Bauwerke einer breiteren Öffentlichkeit zu zeigen und sich als Büro zu präsentieren, zum anderen bietet diese Veranstaltung aber vor allem eine sehr gute Gelegenheit, über die „sichtbaren“ Ergebnisse unserer Arbeit hinaus über die Hintergründe und die ganz persönlichen und speziellen Anforderungen jeder einzelnen Bauaufgabe gemeinsam mit den Bauherren und den Interessierten ins Gespräch zu kommen.

Joachim Deckert: Erstens: Natürlich sind wir stolz auf unsere Arbeit und möchten mehr Leuten zeigen, auf welchem Niveau man arbeitet. Zweitens: Nach einer nicht immer problemlosen Bauphase stellt die Präsentation des Werkes einen gewissen Abschluss dar. Drittens: Auch die Bauherrschaft wird durch die lobenden Kommentare bestätigt, die Identifikation mit dem Gebäude wächst. Und viertens: Als Missionar in Sachen Baukultur opfern wir gerne zwei anstrengende Tage – und im Übrigen werden ja auch wir gelobt und das tut so gut!

Der Tag der Architektur als solcher würde sicherlich aufgewertet, wenn mehr Wohnhäuser gezeigt werden könnten. Wie konnten Sie Ihre Bauherren davon überzeugen teilzunehmen?

Enenkel: Wir äußern meist bereits zu Beginn der Planungen den Wunsch, das Objekt im Rahmen des Tages der Architektur präsentieren zu dürfen, da diese Veranstaltung eine der wenigen wirklich effektiven Werbemöglichkeiten für unsere Arbeit darstellt. Meist benötigen wir dazu wenig Überzeugungskraft.

Deckert: Erfahrungsgemäß sind in der Tat Wohnhäuser respektive Einfamilienhäuser die Publikumsmagneten. Jeder will sehen, wie andere wohnen, wie zeitgemäßes Wohnen aussieht. Bauherren sind sehr unterschiedlich, was die Preisgabe ihrer Privatsphäre angeht. Das müssen wir leider respektieren. Unser Lieblingshaus vom letzten Jahr konnten wir deshalb auch nicht zeigen, was uns natürlich sehr geschmerzt hat. Allerdings wurden wir wiederholt gefragt, ob wir nicht das „Haus zur Rose“ nochmal zeigen könnten.

Wie gehen Sie mit großem Besucherandrang um: Ist es besser, ein offenes Haus zu haben oder begrenzte Führungen anzubieten?

Enenkel: Mit so einem großen Besucherandrang haben selbst wir und unsere Bauherren nicht gerechnet. Auf Grund der vielen Besucher hatten sich unsere geplanten Führungszeiten eigentlich erledigt und das Haus war während der gesamten Zeit „offen und belebt“. Das setzt schon ein unheimlich großes Zugeständnis der Bauherrschaft voraus.

Deckert: Ich denke, ohne Begrenzung der Gruppengrößen geht es in den meist kleinen Häusern kaum. Das ist zwar sehr anstrengend – alle paar Minuten das Gleiche erzählen, Treppen rauf, Treppen runter. Uns scheinen zwei Leute, die versetzt Gruppen bis zu sieben Personen durchs Haus führen, die beste Möglichkeit. Gut wären Kernzeiten, zu denen alle Häuser geöffnet sind, damit nicht Nachbarhäuser erst nachmittags öffnen und sich der Andrang verteilt.

Wie halten Sie Besucher, die vor der Tür stehen und warten müssen, bei Laune?

Enenkel: Wir haben beim Barbarossahof zu dritt durch das Haus geführt und davor hat unsere engagierte Bauherrin eine „Einführung“ in das Projekt, zum B-Plan und zu Planungshintergründen gegeben. Einige Planungsanekdoten haben die Besucher bereits neugierig auf verschiedene Details im Haus gemacht, die dann konkret nachgefragt wurden. Vor dem Haus waren Planungsunterlagen ausgelegt, durch die man sich bereits informieren konnte. Außerdem gab es durch die Tochter der Bauherren eine tolle Kinderbetreuung.

Deckert: Für die Wartenden stellen wir Biertische bereit, bei schlechtem Wetter in der Garage. Dazu gibt es Wasser, Wein, Nüsse und Gummibärchen und einen Mitarbeiter, der auch schon etwas über das Haus erzählt.

Sind die Bauherren rückblickend zufrieden, am Tag der Architektur teilgenommen zu haben?

Enenkel: Die Teilnahme der Bauherren geschah hauptsächlich als „Dank“ für uns als Planer. In diesem Sinne freuen sich die Bauherren über die vielen positiven Rückmeldungen, welche sie natürlich auch etwas stolz auf ihr Haus macht.

Deckert: Die Bauherrin war sehr zufrieden und hatte Spaß dabei, erklärte mit einigem Stolz verschiedene Details. Er allerdings und die Kinder fühlten sich eher gestört. Am besten ist es wohl, die Bauherrschaft überlässt an diesem Tag den Architekten das Feld, denn Wohnen hat an diesen Tagen etwas „Zoo-haftes“.

Abschließende Frage: Wie wurden Ihre Bauherren auf Sie aufmerksam?

Enenkel: Die Bauherren der drei präsentierten Projekte wurden durch Empfehlungen, durch bereits längere Geschäftsbeziehungen oder durch unseren Freundeskreis auf uns aufmerksam.

Deckert: In diesem Jahr tatsächlich über vergangene „Architektouren“: Die Bauherrin-Mutter hatte das „Haus zur Rose“ gesehen und war begeistert genug, uns ihrer Tochter für den Neubau zu empfehlen.

Text und Interview: Björn Radermacher

Impressionen vom Tag der Architektur 2015:
www.architekten-thueringen.de/architektouren/tda2015/

veröffentlicht am 24.07.2015 von Björn Radermacher · Rubrik(en): News, Tag der Architektur

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