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Modellvorhaben „Erfurt Neue Mitte Südost“

Ergebnis des städtebaulich-freiraumplanerischen und verkehrsfunktionalen Wettbewerbs

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1. Preis: Octagon Architekturkollektiv PartmbB Fenzlein Köpper Stapel Wiese, Leipzig mit impuls°Landschaftsarchitektur Facius . Facius PartGmbB, Jena mit team red Deutschland GmbH, Berlin, Bild: Octagon Architekturkollektiv, impuls°Landschaftsarchitektur, team red

Im Südosten Erfurts läuft derzeit das größte Stadtentwicklungsprojekt der Landeshauptstadt. Kernstück des Gesamtvorhabens ist die „Neue Mitte Erfurt Südost“. Diese soll unter anderem die Ortsteile Herrenberg, Wiesenhügel und Melchendorf miteinander verbinden, die Lebens- und Aufenthaltsqualität im Bereich rund um den Abzweig Wiesenhügel verbessern und Räume für neue Aktivitäten schaffen. Wie kann all das funktionieren? Um diese Frage zu beantworten, hat die Stadt im vergangenen Jahr einen städtebaulichen Wettbewerb gestartet.

Unter sechs eingereichten Beiträgen galt es für die Jury unter Vorsitz von Prof. Johannes Ringel (Leipzig), den besten zu ermitteln. Am Ende überzeugte das Konzept des Teams Octagon Architekturkollektiv aus Leipzig, impuls Landschaftsarchitektur aus Jena und team red aus Berlin. Weniger Verkehrsflächen und mehr Wohn- und Lebensqualität, mehr Platz für Aktivitäten, neue Wege, um das Miteinander zu ermöglichen – so die Zukunftsvisionen, die die Wettbewerbssieger zu Papier gebracht haben, und deren Umsetzung bis ins Jahr 2060 reichen wird.

Am Wettbewerb waren Architekt*innen und / oder Stadtplaner*innen mit Landschaftsarchitekt*innen und mit Verkehrsplaner*innen / Ingenieur*innen teilnahmeberechtigt. Als Preisgeld standen insgesamt 105.000 Euro (netto) zur Verfügung.

Ergebnis

1. Preis (42.000 €):

  • Octagon Architekturkollektiv PartmbB Fenzlein Köpper Stapel Wiese, Leipzig mit impuls°Landschaftsarchitektur Facius . Facius PartGmbB, Jena mit team red Deutschland GmbH, Berlin

2. Preis (26.250 €):

  • quaas-stadtplaner, Weimar mit plandrei Landschaftsarchitektur GmbH, Erfurt mit yverkehrsplanung GmbH, Weimar

3. Preis (15.750 €):

  • Grunwald & Grunwald, Architektur und Städtebau, Leipzig mit häfner jiménez betcke jarosch landschaftsarchitektur gmbh, Berlin mit BERNARD Gruppe ZT GmbH, Dresden

Anerkennung (10.500 €)

  • Winking Froh Architekten GmbH, Berlin mit arbos Freiraumplanung GmbH, Hamburg mit Hoffmann-Leichter Ingenieurgesellschaft mbH, Leipzig

Weitere Informationen

Viele weitere Informationen finden Sie auf der Website der Landeshauptstadt Erfurt unter:

Beurteilung des Preisgerichts

Zur mit dem ersten Preis prämierten Arbeit von Octagon Architekturkollektiv mit impuls°Landschaftsarchitektur mit team red Deutschland:

Die Arbeit setzt prinzipiell voraus, dass der Verkehr neugeregelt wird, um die Ziele des Wettbewerbs zu erreichen. Die Wohnquartiere werden dezentral erschlossen, die Kranichfelder Straße wird folgerichtig entlastet und verkehrsberuhigt - individuelles Parken erfolgt in dezentralen Garagen.
So entstehen neue, verbindende Freiräume dort, wo bereits gesellschaftliche Kristallisationspunkte vorhanden oder durch den Beitrag vorgesehen sind. Das Konzept besticht durch „gemeinwohlorientierte Bausteine“, die die Voraussetzung für ein besseres gesellschaftliches Miteinander bilden. So wird die Neue Mitte nicht nur baulich, sondern auch funktional aufgewertet, z.B. mit Schwimmhalle, Bürgerhaus, Sporteinrichtungen oder Marktplatz. Diese sind so günstig angeordnet, dass sie zu Quartier übergreifenden Zielen werden. Die städtebaulichen Setzungen im Detail wurden zum Teil noch kontrovers diskutiert. Das ehem. Herrenberg Center und das Kaufland mit Sportplatz werden teilweise ressourcenschonend erhalten und weiterentwickelt. Damit hat auch der Umgang mit der Bausubstanz Modellcharakter. Es entstehen drei gut platzierte Freiräume und Bindeglieder zwischen den Wohnquartieren. Aus Dächern werden Dachlandschaften und so in den umgebenden Freiraum integriert. Korrespondierende Funktionsbereiche werden über ein sogenanntes „Aktivband“ miteinander verknüpft und wohltuend durch zusätzliche Attraktionen aufgeladen. Bereits vorhandene grüne Korridore werden ebenfalls miteinander verbunden, zum Teil baulich gefasst, in jedem Fall jedoch durch Sitz- und Spielbereiche sowie intensive Bepflanzungen aufgewertet. Der Alte Friedhof hat im neuen Park Platz gefunden. Schade ist, dass er durch das produktive Quartier seitlich bedrängt wird.
Erst mit der Fertigstellung der Neubauten am Stadtplatz ist auch die Realisierung des sogenannten Hügelweges möglich, der die Kranichfelder Straße höhenseitig quert, mehrere Funktionsbereiche miteinander verbindet und den Zugang zur Haltestelle über den Aufzug ermöglicht.
Die Arbeit spricht als Einzige die Notwendigkeit an, den Kfz-Durchgangsverkehr so weit wie möglich herauszunehmen und macht auch Vorschläge, die einzelnen Quartiere nicht mehr nur über die zentrale Achse Kranichfelder Straße / Haarbergstraße, sondern vermehrt von außen zu erschließen.
Sie sieht einen Abriss des Brückenbauwerks Kranichfelder Straße / Haarbergstraße und eine plangleiche Führung von Straßenbahn und Fahrbahn der Kranichfelder Straße vor. Die Lage der Straßenbahnhaltestelle „Abzw. Wiesenhügel“ wird ein Stück Richtung Westen verschoben, auf eine zusätzliche Haltestelle „Milwitzweg“ wird verzichtet. Die Kranichfelder Straße wird im Querschnitt beginnend östlich des Knotens Blücherstraße um einen Fahrstreifen pro Richtung reduziert, zugunsten von Radverkehrsanlagen und Baumpflanzungen. Die Straßenbahn verbleibt bis kurz vor dem Gleisdreieck östlich der Haltestelle „Abzweig Wiesenhügel“ in Mittellage (Boulevardcharakter), erst dann wird die Kfz-Fahrbahn Richtung Osten nach Norden verschwenkt. Die Haltestelle „Abzw. Wiesenhügel“ ist im Bereich des neuen Stadtplatzes von beiden Seiten ebenerdig erreichbar, zusätzlich über Aufzüge barrierefrei über die neue Fußgängerbrücke im Zuge des „Hügelwegs“.
Über die neu geschaffenen Plätze wird die Vernetzung der einzelnen Bereiche für den Fußverkehr deutlich verbessert. Auch sonst werden die Belange von Fußverkehr und Aufenthalt umfassend berücksichtigt. Der Entwurf berücksichtigt weitgehend die Belange des Radverkehrs. Die Feinerschließung durch den ÖPNV wird durch einen ergänzenden Quartiersbus gewährleistet.
Insgesamt ist die Arbeit verkehrsplanerisch vom Ansatz her vielversprechend, bedarf aber an verschiedenen Stellen noch einer sorgfältigeren Durcharbeitung, etwa der Anordnung und Erschließung der Mobilitätshubs, aber auch der Gestaltung der Knotenpunkte und Querungsstellen.
Insgesamt enthält das Konzept sehr viele Vorschläge und ein großes Potential für die städtebauliche, klimatische und soziale Aufwertung der drei Wohnquartiere, besonders an ihrer Verknüpfungsstelle.

veröffentlicht am 19.05.2023 von Björn Radermacher · Rubrik(en): News, Wettbewerbe nach RPW: Ergebnisse

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