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Reformation'en: KIRCHEN • WEITER • BAUEN

Rückblick auf das Kolloquium im Kloster Volkenroda

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Führte die Teilnehmer durch den Christus-Pavillon: Dr. Albrecht Schödl, Pfarrer im Kloster Volkenroda, Bild: Stiftung Baukultur Thüringen

Text: Dr. Ulrich Wieler

Das Reformationsjahr 2017 bietet vom Luther-Ticket der Deutschen Bahn bis zum Playmobil-Reformator so einiges an, was das Gedenken ins Kuriose rutschen lässt. Da war der Jubiläumsbezug des Kolloquiums unter dem Titel „Reformation’en“ in Volkenroda eher naheliegend.

Das Kolloquium – veranstaltet von der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland (EKM), der Thüringer Landesregierung, der Bundesstiftung Baukultur, der Stiftung Baukultur Thüringen und der IBA Thüringen – lud am 7. und 8. Juli ins Kloster Volkenroda und das nicht von ungefähr zu genau diesem Termin. Der Campus der Alt- und Neubauten war zusätzlich belebt von Musikern und Konzertgästen, die zum anschließenden alljährlichen Sommerkonzert gekommen waren.

500 Jahre Reformation wurden zum Anlass genommen, die sich wandelnde Rolle von Kirchenbauten erneut unter die Lupe zu nehmen. Die Liste der Referentinnen und Referenten schlug darum den Bogen von Pfarrern, die in der Praxis stehen, über forschende Theologinnen und Theologen, die die Metamorphose von Kirchenbauten als geradezu traditionelles Phänomen beleuchteten. Schließlich waren auch Architektinnen und Architekten eingeladen, um gebaute Beispiele gelungener Umwandlungen zu zeigen.

Die Tatsache, dass Planungsberufe und kirchliche Vordenker in Volkenroda aufeinandertrafen, ergab eine hochinteressante Gelegenheit, die jeweiligen Argumentationsräume besser kennenzulernen. War die Referentenseite stärker mit Kirchenleuten besetzt, so saßen im Publikum umso mehr interessierte Planerinnen und Planer. In die Diskussion warf Dr. Kim de Wildt von der Universität Bonn den Begriff des „Sakralen“, der kaum als architektonische, aber umso mehr als emotionale Kategorie weiter wirkt, wenn Kirchenräume aus ihrer Funktion fallen. Gewagt war der gezeigte Umbau einer 1960er-Jahre-Kirche in eine Synagoge von Prof. Gesche Grabenhorst (ahrens & grabenhorst) oder das Projekt von Prof. Klaus Block, der in einem oft publizierten Fall eine Bücherei wie ein Schiff in einer gotischen Kirchenhülle stranden ließ. Beispiele des Gebauten standen der Frage gegenüber, was an Um- und Andersnutzung „zwischen Kreuz und Altar“ möglich sein sollte und wo dennoch sichtbar bleibt „wofür die Kirche steht“, wie es der Thüringer Pfarrer Dr. Frank Hiddemann formulierte. 

Als Impuls in der Mitte des Kolloquiums wurden „500 Kirchen - 500 Ideen“ in Form eines Ausstellungssatelliten der gleichnamigen  Ausstellung in der Erfurter Kaufmannskirche (noch bis 19. November) von Elke Bergt von der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland und von Dr. Marta Döhler-Behzadi, der Geschäftsführerin der IBA Thüringen, vorgestellt. Gemeinsam hatten beide Institutionen den internationalen Ideenaufruf „STADTLAND:Kirche. Querdenker für Thüringen 2017“ gestartet.

Blanka Weber manövrierte das Gespräch durch die zwei Tage und schaffte es sehr gekonnt, einen gemeinsamen Erkenntnisweg durch die mehr als ein Dutzend Vorträge aufzubauen. Sie stellte auch die Frage nach den Grenzen der Metamorphose, wenn zum Beispiel ländliche Kirchengebäude oder marode Kirchen der Nachkriegszeit wirklich ohne Lobby sind, auf Abriss stehen oder von anderen Religionen oder Religionsgemeinschaften übernommen werden wollen.

Der Vorstandsvorsitzende der Bundesstiftung Baukultur, Reiner Nagel, schloss die Veranstaltung ab mit einem Plädoyer, das  die Bedingungen baukultureller Prozesse für wechselnde Kirchennutzungen in Erinnerung rief und sie ins Verhältnis zu einem allgemeinen Qualitätsanspruch im Planen und Bauen setzte. Die Brücke zu den anschließenden Konzerten bildete am Ende der Festvortrag von Prof. Dr. Christoph Stölzl im beeindruckenden Christus-Pavillon. Stölzl zeigte ein Panorama der Kirche in unserer Gesellschaft und weitete dabei den Blick in eine kulturgeschichtliche Dimension, die beim Gebäude nicht Halt macht.

Die Debatte in Volkenroda war eine fortgesetzte Auseinandersetzung, die vor allem in Mitteldeutschland eine drängende Problematik berührt. Diese Problematik über Berufsgrenzen hinweg zu diskutieren, war die große Chance der Veranstaltung. Nicht zuletzt das Querdenker-Projekt der IBA Thüringen zeugt davon, dass diese Debatte weitergeht.

Dr. Ulrich Wieler ist Architekt und Projektmanager der Stiftung Baukultur Thüringen.

Weitere Informationen: www.baukultur-thueringen.de

veröffentlicht am 16.08.2017 von Björn Radermacher · Rubrik(en): News, Stiftung Baukultur Thüringen, IBA Thüringen

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