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Was lohnt sich zu bewahren?

Ein Podium widmete sich dem richtigen Umgang mit dem baulichen Erbe der DDR

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Aufgrund der großen Nachfrage wurde das Podium kurzfristig in die Kunsthalle Erfurt verlegt, wo etwa 70 Teilnehmende der Diskussion folgten., Bild: Stadtverwaltung Erfurt, Dirk Urban

Am 13. September schloss die Ausstellung „Zwei deutsche Architekturen 1949–1989“ des Instituts für Auslandsbeziehungen in Erfurt ihre Türen. Über die Ausstellungsdauer von sieben Wochen zählte die Schau, die 30 Jahre nach der Wiedervereinigung einen immer noch aktuellen Blick auf das Bauen in der Bundesrepublik Deutschland und der  Deutschen Demokratischen Republik zeigt, mehr als tausend Besucher. Drei Tage vor Ausstellungsende lud die Denkmalschutzbehörde der Landeshauptstadt zu einer Diskussionsrunde unter dem Titel „DDR-Architektur und Partizipation. Denkmal weiterdenken“ ein.

Auf dem Podium nahmen Platz: Dr. Ulrike Wendland vom Deutschen Nationalkomitee für Denkmalschutz in Berlin, der Landeskonservator Thüringens Holger Reinhardt, der Beigeordnete für Kultur und Stadtentwicklung der Landeshauptstadt Dr. Tobias J. Knoblich, Architekt Thomas Schmidt vom Büro herrschmidt architekten sowie Moderator Dr. Mark Escherich von der Denkmalschutzbehörde Erfurt. Sie alle gingen unter anderem diesen Fragen nach: Was ist Bauerbe, was ist Denkmal? Was lohnt sich zu bewahren und wer bestimmt darüber?

Letztgenannte Frage wurde innerhalb der Podiumsrunde ambivalent diskutiert. Das Thema solle nicht isoliert durch das Thüringer Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie bearbeitet und beantwortet werden, vielmehr sei die Einbeziehung der Bauhaus-Universität Weimar und weiterer Fachgremien erforderlich, lautete eine Meinung. Letztlich stimmten die Teilnehmenden darin überein, dass die Bestimmung der Denkmalwerte behördlichen und wissenschaftlichen Autoritäten obliege, eine öffentliche Diskussion schließe das jedoch nicht aus.

Der Präsident der Architektenkammer Thüringen, Dr.-Ing. Hans-Gerd Schmidt, merkte an, dass das Aushandeln ein wichtiger Teil der Baukultur sei. Als nachahmenswertes Beispiel führte er den Umgang des Landes Baden-Württemberg rund um das Verkehrs- und Städtebauprojekt „Stuttgart 21“ an. Nach anfänglichen Problemen sei es dort in der Folge in vorbildlicher Weise gelungen, die speziellen Belange der Betroffenen zu berücksichtigen. „Um die Bürgerbeteiligung im  Land auszubauen, wurde eigens das neue Amt der Staatsrätin für Zivilgesellschaft und Bürgerbeteiligung geschaffen und ein Beteiligungsportal etabliert“, sagte Schmidt. Bei der Aushandlung und Abwägung unterschiedlichster Interessenlagen brauche es eine gute Kommunikationskultur, die baukulturelle Qualitäten bewahren und entstehen lasse.

Einig war man sich, dass die Vorbehalte gegen das bauliche Erbe der DDR-Moderne abnehmen. Wurde in den 1990er-Jahren noch sehr viel abgerissen, so werde der Wert mittlerweile anders beurteilt und einige Bauten durchaus als denkmalwürdig akzeptiert. Dr. Tobias J. Knoblich konstatierte, dass ein 30-jähriger Prozess der Aberkennung von Lebensleistungen – „eine Demütigungsepoche“ – zu Ende gehe.

Blieb die Frage, was mit der Ausstellung, die 2004 konzipiert wurde und seither auf der ganzen Welt den Blick für gute Architektur schärfte, geschehen wird. Dr.-Ing. Hans-Gerd Schmidt beglückwünschte die Stadt für ihren Mut, die Schau als ein „wunderbares Zeugnis der Architekturgeschichte“ nach Erfurt geholt zu haben. Um den Erhalt und einen möglichen Verbleib der Ausstellung in der Region zu sichern, regte er an, Gespräche mit der Stiftung Baukultur Thüringen sowie den hiesigen Architektur-Hochschulen zu führen.

veröffentlicht am 22.10.2020 von Björn Radermacher · Rubrik(en): News, Berufspolitik / Kammerarbeit

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