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Neubau Trauerhalle Mellingen

Institut für Fertigteiltechnik und Fertigbau Weimar e.V., Weimar

Projektbeschreibung

Der Werdegang

Vor dem Hintergrund knapper Kassen und flächendeckender Leerstandssituation in den Plattenbausiedlungen und der daraus notwendigen Wohnungsabrisse von 42.000 Wohnungen in Thüringen bis zum Jahr 2010 gewinnt Ressourcen schonendes und energieökonomisches Bauen immer mehr an Bedeutung. Mit der Wiederverwendung gebrauchter Stahlbetonfertigteile aus den Plattenbauten sollen neue Wege beschritten werden.

Während sich das Bild der Platte durch Abriss-, Rückbau-, Umgestaltung- und Modernisierungsmaßnahmen beständig positiv entwickelt, stehen Kommunen, Wohnungsbaugesellschaften, Architekten und Bauherrn einer Wiederverwendung gebrauchter Bauteile, die bei selektiven Rückbaumaßnahmen ohne zusätzliche Aufwendungen bereits gebrauchsfertig anfallen, z.T. restriktiv gegenüber.

Einen Beitrag zur Förderung dieses Anliegens soll die „Baustoff- und Bauteilbörse Thüringen“ (www.bauteilboerse-thueringen.de) leisten. Sie wird initiiert vom IFF Weimar e.V., der KTW Kunststoff-Technik GmbH, den Stadtwerken Erfurt, Stadtwirtschaft GmbH, und dem Verband Thüringer Wohnungswirtschaft e. V. und hat das Ziel, gebrauchte Bauteile und recycelte Baustoffe sowie Ausrüstungs- und Ausstattungsgegenstände, die bei Abbruch- und Umbauarbeiten von Plattenbauten anfallen, einer Wiederverwendung gemäß Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz zuzuführen.
Dieser Gedanke wurde durch die Gemeinde Mellingen zur Lösung des langjährig anstehenden Problems, dem Neubau einer Trauerhalle für Trauerfeiern nichtkonfessionell oder anderweitig religiös gebundener Menschen, aufgegriffen.

So kam es im November 2003 zu einem ersten Gespräch mit Vertretern der Gemeinde Mellingen, der KTW Kunststoff-Technik GmbH als örtliches Bauunternehmen und dem Institut für Fertigteiltechnik und Fertigbau Weimar e. V. Darin konnte der IFF Weimar e.V. mit einer Fülle von Ansatzpunkten für die Suche nach Alternativen für den Bau einer Trauerhalle, basierend auf seinen wissenschaftlich-technischen Untersuchungen der Stoff- und Produktkreisläufe von Fertigbauten, insbesondere Plattenbauten, überzeugen.

Das war der Anfang eines nicht ganz einfachen Weges. Vorbehalte gegen die „Platte“ mussten ausgeräumt, Überzeugungsarbeit geleistet werden. 30 % Einsparungspotential bei den Rohbaukosten gegenüber herkömmlichen traditionellen Bauweisen überzeugten.

Im Dezember 2003 wurde dem IFF Weimar e.V. die Erarbeitung einer Studie zur Errichtung einer Trauerhalle aus rückgebauten Fertigteilen aus dem Plattenbau durch die Gemeinde Mellingen in Auftrag gegeben.

Es folgten Überarbeitungen und zahlreiche Diskussionen. Über einen einfachen Modellbau wurde gemeinsam mit dem Bauausschuss und der evangelisch-lutherischen Kirchengemeinde ein akzeptabler Kompromiss gefunden.

Das Objekt

Das Objekt Trauerhalle Mellingen hat eine Grundfläche von 68,45 qm. Die äußeren Abmessungen betragen 6,73 m x 10,17 m. Sie bietet 45 Sitz- und 10 Stehplätze.

Für den Rohbau wurden rückgebaute Giebelwandelemente aus einem Plattenbauwohngebäude der Thüringer Wohnbaureihe WBR 80 – E verwendet.

Die Elemente werden durch eine Holzkonstruktion ausgesteift. Sie besteht aus einer umlaufenden Holzpfette, Brettschichtsparren und einer Furnierschichtplatte sowie Zugbändern zur Aussteifung. Als Dachhaut wurde eine Kunststoffbahn mit Bekiesung gewählt.

Das Gebäude wurde als Kaltraum konzipiert, auf zusätzliche Wärmedämmmaßnahmen an den Außenwänden verzichtet. Lediglich das Dach wurde nicht zuletzt wegen des sommerlichen Wärmeschutzes mit einer Polystyrol - Dämmung von 10 cm ausgestattet.

Im Interesse der Nutzung der Trauerhalle in den Winter- und Übergangsmonaten wurde der Neubau mit einer elektrischen Fußbodenheizung geplant.

Die Baukörpergestaltung ist dem Geist des Ortes entsprechend schlicht gehalten. Die vertikalen Öffnungen werden durch die Stellung der Giebelwandelemente gebildet. Die Öffnungsmaße der gegenüberliegenden Seiten korrelieren jeweils zueinander. Über die Lichtbänder an den Längsseiten im Bereich der Dachkonstruktion gelangt diffuses Licht in den Innenraum und inszeniert spannungsvolle Stille, die durch das Beleuchtungskonzept noch unterstrichen wird.

Die Eingangstür ist massiv, eben und flächig.

Der Charakter der „Platte“ ist im Innenraum erlebbar. Der in Wischtechnik aufgetragene warme erdige Rotton wertet die nicht behandelte Oberfläche der Stahlbetonelemente auf und unterstreicht die stimmungsvolle feierliche Atmosphäre.

Das Blaugrau der Fenster und Türen setzt sich wohltuend im Innen- und Außenraum ab. Die naturbelassene Holzdecke schafft Leichtigkeit und „öffnet“ den Raum nach oben.

Die Außenansichten werden durch eine horizontale Holzlattung geprägt. Auf eine Behandlung des Holzes wurde verzichtet. Das langsame Ausgrauen und damit eine untergeordnete Dominanz im Friedhofsbereich ist Gestaltungsabsicht.

Der Eingangsbereich ist durch eine Vordachkonstruktion aus Stahl charakterisiert. Die geometrisch klaren Formen des Gesamtbaukörpers schaffen eine wohltuende Distanz zur vorhandenen Gruft und zur Kirche.

Durch die Verwendung minimalistischer Gestaltungsmittel wird die „Platte“ aufgewertet. Mit seinem Architekturanspruch soll der Neubau Trauerhalle dem Negativimage Platte würdevoll entgegen treten.

Die Baumaßnahme im zeitlichen Ablauf

  • Erste Ideendiskussion 26.11.03
  • Auftrag zur Erarbeitung einer Studie 04.12.03
  • Fertigstellung Studie 16.01.04
  • Beschlussvorlage Neubau Trauerhalle 08.03.04
  • Auftrag zur Erarbeitung der
  • Genehmigungsplanung 08.04.04
  • Erteilung der Baugenehmigung 04.08.04
  • Ausschreibung der Bauleistungen 30.08.04
  • (beschränkte Ausschreibung)
  • Submission 13.09.04
  • Vergabe der Bauleistungen 22.09.04
  • Baubeginn 04.10.04
  • Montage der rückgebauten Stahlbetonelemente 02.10.04
  • Montage Dachstuhl 11.11.04
  • Fertigstellung 20.01.05

Die Baumaterialien

  • Fundamente: Stahlbeton – Streifenfundamente B25
  • Rohbau Giebelwandelemente DPA 1.02 4 Stck.
  • Giebelwandelemente DPA 2.02 2 Stck.
  • Giebelwandelemente DPA 3.02 2 Stck.

Spendergebäude

  • Wohngebäude Waltershausen
  • Wohnungsbaureihe:
  • WBR 80 E (Rückbau 2004)
  • Dachstuhl: Brettschichtholz B14
  • Fußboden: Fliesen
  • Dachhaut: Kunststoffbahn mit Bekiesung auf Wärmedämmung
  • Außenbekleidung: Lärchenholz

Kennwerte

  • Kosten Abriss Trauerhalle 4.674,00 € brutto
  • Kosten Neubau Trauerhalle 86.915,00 € brutto
  • Kosten Außenanlagen 15.433,00 € brutto
  • Nutzfläche 56,80 qm
  • Umbauter Raum 317,25 cbm

Projektdaten

Adresse

Friedhof Mellingen - Hinter der Kirche
99441 Mellingen

Planungsbüro

Institut für Fertigteiltechnik und Fertigbau Weimar e.V., Weimar

Bauherr

gewerblich

Fertigstellung

2005

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Zugeordnete Schlagworte und Sammlungen

Letzte Aktualisierung dieser Seite am: 30.09.2010. Alle Angaben auf dieser Seite werden durch das Büro Institut für Fertigteiltechnik und Fertigbau Weimar e.V., Weimar auf freiwilliger Basis verwaltet. Das Büro ist für den Inhalt dieser Seite selbst verantwortlich. Die Angaben werden von der Architektenkammer Thüringen nicht geprüft.

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