Anerkennung zum architektourpreis 2007: Jugendkulturelles Zentrum in der Kilianikirche Mühlhausen
Dipl.-Ing. Matthias P. Gliemann, Architekt, Vorstand der AKT
Die Kilianikirche war die letzte ungenutzte von insgesamt elf gotischen Kirchen in Mühlhausen. Nach der Profanierung Anfang der 60er Jahre, erfolgte 1965 der Verkauf der Kirche an eine sich in Nachbarschaft befindende Autowerkstatt, die den Kirchenbau als Lagerraum nutzte. Mit der Insolvenz der Autowerkstatt Mitte der 90er Jahre war das ganze Areal ohne Nutzung und verfiel zunehmend. Engagierte Bürger der Stadt Mühlhausen gründeten 2002 „Die Kilianikirche – Stiftung für Kunst und Kultur“ mit dem Ziel, die Kirche und die Auto-werkstatt zu erwerben und sie in ein jugendkulturelles Zentrum umzuwandeln.
Neben der Sanierung der Kirche und des Werkstattgebäudes galt es, ein funktionstüchtiges kleines Theater mit all seinen Funktionen zu integrieren und dabei den Charakter der Gebäude zu bewahren. Mit dem vorgezogenem Umbau des Werkstattgebäudes konnte für zwei Jahre eine Übergangsspielstätte geschaffen und der Kirchenumbau vor Ort besser begleitet werden. Die schlichte funktionelle Umgestaltung unter Beibehaltung von Originalwänden und -decken bewahrte den Werkstattcharakter des Gebäudes. Es beinhaltet die technischen Anschlüsse der Gesamtanlage, die Büros, die Werkstätten und Proberäume.
Der Theatereinbau in die Kirche ist durch eine horizontale Teilung mittels einer Stahlbetondecke funktionell gelöst worden. Dadurch konnten im Erdgeschoss der Eingangsbereich mit Windfang, das Theatercafé, die Toiletten, die Künstlergarderobe und Nebenräume angeordnet und das gesamte Obergeschoss für den Theaterraum genutzt werden. Im Chor wurde die Zwischendecke als Galerie geöffnet, damit die Kirche in ihrer Gesamtdimension erlebbar bleibt. Der für die vertikale Erschließung der Kirche notwendige Funktionsbau steht als Riegel vor dem Ostgiebel im Kontrast zwischen alt und neu. Gleiche Gestaltungsprinzipien des Werkstattgebäudes und des Funktionsbaus der Kirche stellen eine Verbindung zwischen beiden Gebäuden her. Der großzügig gestaltete Eingangsbereich mit Treppe und Behindertenrampe überwindet kaum spürbar den ca. 1 m großen Höhenunterschied zum tiefer liegenden Eingang der Kirche. Das Bemerkenswerte, neben der gelungenen Umsetzung des Projektes, ist das beispielgebende Engagement von Mühlhäuser Bürgern, die gemeinsam mit dem Architekten solch eine Aufgabe bewältigten.