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Landtagswahl

Am 1. September 2024 wird in Thüringen der Landtag gewählt. An dieser Stelle informieren wir über die berufspolitischen Positionen der Architektenkammer Thüringen.

Programmideen zur Landtagswahl 2024

Als Körperschaft des öffentlichen Rechts und berufsständische Interessenvertretung der Architektinnen und Architekten, Innenarchitektinnen und Innenarchitekten, Landschaftsarchitektinnen und Landschaftsarchitekten sowie Stadtplanerinnen und Stadtplaner in Thüringen hat die Architektenkammer Thüringen allen im Landtag vertretenen Parteien sowie dem Bündnis Sahra Wagenknecht ihre berufspolitischen Positionen zukommen lassen. Benannt werden darin Forderungen zu den acht dringendsten Themen, um die Herausforderungen der Zukunft meistern zu können.

1. Schonender Umgang mit Ressourcen

Der schonende Umgang mit Ressourcen und die Reduzierung des Flächenverbrauchs sind wichtige Aspekte der Nachhaltigkeit und des Umweltschutzes.

Der Ausbau und die Nutzung erneuerbarer Energien stellen eine unabdingbare Notwendigkeit dar. Allerdings besteht auch hier Optimierungsbedarf. Photovoltaik sollte grundsätzlich vorrangig auf bereits versiegelten Flächen (Dächer, Parkplätze, Lärmschutzwände) zum Einsatz kommen. Die Nutzung unversiegelter Flächen stellt eine nachgeordnete Alternative dar, welche einer sorgfältigen Abwägung und Planung bedarf. Neben der Einschränkung der landwirtschaftlichen Nutzung gehen damit auch Beeinträchtigungen der Bodenqualität, der Biodiversität und des Landschaftsbildes einher.

Im Sinne der Deutschen Nachhaltigkeitsstrategie sind die Neuinanspruchnahme und -ausweisung von Flächen für Siedlung, Verkehr oder Infrastruktur auf ein absolut notwendiges Minimum zu reduzieren und stets in ihrer Notwendigkeit zu hinterfragen!

Von zentraler Bedeutung ist auch der Aspekt der Kreislaufwirtschaft. Hierdurch wird der Verbrauch von Rohstoffen minimiert, Abfälle reduziert und die Lebensdauer von Produkten verlängert. Produkte und Materialien werden so gestaltet und genutzt, dass sie am Ende ihres Lebenszyklus wiederverwendet, recycelt oder in den biologischen Kreislauf zurückgeführt werden können. Dieser Ansatz bringt außerdem eine Reduzierung von Treibhausgasemissionen und Energieverbrauch mit sich.

2. Förderung der Baukultur

Baukultur prägt nicht nur die ästhetische Qualität unserer Städte und Dörfer, sondern hat auch erhebliche Auswirkungen auf die Lebensqualität der Menschen und die nachhaltige Entwicklung unserer Regionen. Die Förderung der Baukultur ist nicht nur eine Investition in die Gestaltung unserer gebauten Umwelt, sondern auch ein Beitrag zur Identitätsbildung und zum kulturellen Erbe. Die Qualität der gebauten Umwelt beeinflusst maßgeblich das Wohlbefinden der Bewohner und die Attraktivität eines Standortes für Investitionen, Tourismus und Wohnraum.

Wir appellieren, die Baukultur als integralen Bestandteil von Stadt- und Regionalentwicklung zu betrachten und gezielt zu fördern. Dies kann durch die Schaffung von finanziellen Anreizen und klaren Leitlinien (anhand eines Kriterienkatalogs) geschehen, die eine qualitätsorientierte Planung und Umsetzung von Bauprojekten unterstützen. Eine qualitätsvolle Baukultur trägt zur Schaffung lebenswerter und zukunftsfähiger Lebensräume bei und fördert die Entwicklung von nachhaltigen und resilienten Städten und Gemeinden.

3. Vereinfachung des Vergabepraxis / Entbürokratisierung

Eine gezielte Vereinfachung von Vergabeverfahren ist nicht nur im Interesse der Unternehmen, insbesondere der kleinen und mittelständischen Planungsbüros, sondern auch im Sinne einer effizienten Verwaltung. Die Komplexität und Bürokratie, die oft mit Vergabeverfahren einhergehen, können eine Hürde für die Teilnahme von kleineren und mittelständischen Planungsbüros darstellen. Diese Büros spielen jedoch gerade in Thüringen eine entscheidende Rolle. Durch eine
Entbürokratisierung des Vergaberechts können Hemmnisse abgebaut und der Zugang für diese Unternehmen zu öffentlichen Aufträgen erleichtert werden.

Schnellere und effizientere Vergabeverfahren sind auch im Interesse der öffentlichen Verwaltung. Eine zeitnahe Abwicklung von Vergabeprozessen ermöglicht eine zügige Umsetzung von Bauprojekten, was letztendlich zu einem schnelleren Ausbau von Infrastrukturen und öffentlichen Einrichtungen führt. Dies ist nicht nur im Sinne der Auftragnehmer, sondern auch im Interesse der Bürgerinnen und Bürger, die von verbesserten Strukturen und Dienstleistungen profitieren.

In diesem Zusammenhang möchten wir die Aufmerksamkeit auf Planungswettbewerbe nach RPW 2013 (Richtlinien für Planungswettbewerbe) lenken. Diese Wettbewerbe stellen eine herausragende Möglichkeit dar, innovative Ideen zu generieren, die Qualität von Bauvorhaben zu steigern und zugleich eine faire und transparente Vergabepraxis zu fördern. Der Planungswettbewerb bietet die Gelegenheit, eine Vielzahl von kreativen Konzepten und Lösungen von Architekten und Planern zu erhalten. Dies fördert nicht nur die Innovationskraft in der Baubranche, sondern ermöglicht auch eine differenzierte und qualitativ hochwertige Auswahl für Bauherren. Der Planungswettbewerb schafft die Grundlage für einen fairen Wettbewerb unter den Teilnehmern. Dies ist nicht nur im Sinne der beteiligten Architektinnen und Architekten, Planerinnen und Planer, sondern auch im Interesse der Bauherrschaft und der Gesellschaft als Ganzes.

4. Kopplung von Bauvorlageberechtigungen an eine Kammermitgliedschaft

Die Mitgliedschaft in einer Architektenkammer bringt nicht nur Verpflichtungen, sondern vor allem auch eine Reihe von Vorteilen mit sich, die direkt dem Verbraucherschutz, der Qualitätssicherung und der Förderung der Baukultur zugutekommen.

Kammermitglieder unterliegen spezifischen Berufspflichten, wie beispielsweise der Fortbildungspflicht und der Einhaltung ethischer Standards. Diese Pflichten gewährleisten, dass diejenigen, die als Bauvorlageberechtigte tätig sind, stets auf dem neuesten Stand der Entwicklungen in ihrem Fachgebiet sind. Dies kommt nicht nur der individuellen Kompetenz der Fachleute zugute, sondern trägt auch direkt zur Sicherung der Qualitätsstandards von Bauprojekten bei. Des Weiteren schreibt die Mitgliedschaft in der Architektenkammer im Falle einer selbstständigen Berufsausübung den Abschluss einer Berufshaftpflichtversicherung vor, so dass im Falle von Schäden eine angemessene Haftpflichtdeckung besteht, was wiederum dem Verbraucherschutz dient. Die Architektenkammer überwacht die Einhaltung dieser Pflichten und schützt somit die Interessen der Bauherren. Insgesamt dient die Kopplung von Bauvorlageberechtigungen an eine Kammermitgliedschaft als ein effektives Instrument zur Gewährleistung von Professionalität, Qualitätsstandards und Verbraucherschutz im Baubereich.

5. Förderpolitik

Im Zusammenhang mit Förderprogrammen im Bauwesen möchten wir auf eine wichtige Thematik hinweisen, die nicht nur die Planung und Umsetzung von Bauprojekten, sondern auch die Möglichkeiten zur Inanspruchnahme von Fördermitteln betrifft. Ein häufiges Problem, das wir in der Praxis beobachten, ist die kurze Zeitspanne, die in den Förderrichtlinien für die Abrufung von Fördermitteln vorgesehen ist. Diese knappen Zeitrahmen stehen oft im Widerspruch zu den realen Anforderungen und zeitlichen Abläufen im Bauwesen, insbesondere wenn es um umfassende Planung, Genehmigungsabläufe, Ausschreibung und Bauausführung in Abhängigkeit von Lieferzeiten und Witterungsbedingungen geht.

Bauvorhaben erfordern eine sorgfältige und umfassende Planung, die oft nicht innerhalb weniger Wochen abgeschlossen ist. Die Bewilligungszeiträume in den Förderprogrammen ermöglichen häufig nicht die notwendige Vorlaufzeit für eine detaillierte und qualitativ hochwertige Projektvorbereitung. Dies kann dazu führen, dass potenzielle Fördermittel nicht optimal genutzt oder Projekte sogar aus zeitlichen Gründen gar nicht erst zur Förderung in Betracht gezogen werden können.

Wir appellieren daher, die zeitlichen Aspekte in den Förderrichtlinien zu überdenken und ausreichend Spielraum für eine qualitätsvolle Planung und Umsetzung von Bauprojekten zu gewähren. Dies könnte durch flexiblere Zeitvorgaben, gestaffelte Fristen oder längere Bewilligungszeiträume erreicht werden. Wir sehen hier die Chance, die Effizienz von Förderprogrammen zu steigern und gleichzeitig sicherzustellen, dass die finanziellen Mittel bestmöglich eingesetzt werden. Ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Flexibilität und Planungssicherheit ist entscheidend, um Bauvorhaben erfolgreich umzusetzen und dabei von Fördermitteln angemessen profitieren zu können.

6. Digitalisierung

Die fortschreitende Digitalisierung hat einen erheblichen Einfluss auf nahezu alle Lebensbereiche. Auch die Baubranche bleibt von diesem Wandel nicht unberührt. Im Zeitalter der technologischen Fortschritte sehen wir die Chancen, die die Digitalisierung für eine effizientere, transparentere und nachhaltigere Bauwirtschaft bietet.

Der digitale Bauantrag stellt dabei einen wichtigen Schritt dar, um bürokratische Prozesse zu vereinfachen und zu beschleunigen. Durch die elektronische Einreichung von Bauplänen und -anträgen können nicht nur Zeit und Ressourcen eingespart, sondern auch potenzielle Fehler minimiert werden. Dies führt zu einer beschleunigten Bearbeitung und ermöglicht eine schnellere Umsetzung von Bauprojekten. Eine moderne, digitalisierte Bauverwaltung trägt außerdem zu einer besseren Zusammenarbeit zwischen allen Beteiligten – von Architekten über Bauherren bis hin zu Behörden – bei.

Es ist daher wichtig, die notwendigen Infrastrukturen für einen reibungslosen digitalen Baugenehmigungsprozess zu schaffen, indem beispielsweise sichere Plattformen und Standards etabliert werden. Gleichzeitig müssen jedoch Datenschutz und Datensicherheit gewährleistet sein, um das Vertrauen der Bürger in die digitale Transformation des Bauwesens zu stärken.

7. Fachkräftemangel

Der Fachkräftemangel in den MINT-Berufen ist im Freistaat Thüringen bereits massiv spürbar und wird sich in den nächsten Jahren noch weiter verstärken. Dies betrifft sowohl die (technische) Verwaltung als auch die freien Berufe. Die zunehmende Anzahl an zu bewältigenden Aufgaben, welche sich immer vielschichtiger und interdisziplinärer darstellen, kann nur mit hochqualifiziertem Personal bewältigt werden. Dem Ausscheiden der überwiegenden Zahl der technischen Beamten muss daher aktiv entgegengewirkt und gleichzeitig die Voraussetzungen für eine ausreichend qualifizierte Anzahl von Absolventen für die freien Berufe geschaffen werden.

Der Freistaat Thüringen bietet derzeit lediglich eine Ausbildung im Bereich Architektur an, von denen Teile der Ausbildung in Hessen erfolgen. In den Bereichen Städtebauwesen, Landespflege und Straßenbauwesen stehen dagegen im Freistaat Thüringen gar keine Referendarstellen zur Verfügung.

Wir würden es sehr begrüßen, wenn folgende Aspekte vertieft erörtert und zeitnah einer Lösung zugeführt werden könnten:

  • gemeinsame Initiative zur Bewerbung der Ausbildungsgänge an Hochschulen, in Kommunen und Landesverwaltungen,
  • attraktivere Ausgestaltung der technischen Referendariate durch eine durchgängige Ausbildung in Thüringen und Übernahmezusagen in den Ausbildungsstätten,
  • erleichterte Administration der Prüfungen durch das Oberprüfungsamt und die Prüfenden durch vereinheitlichte Prüfungsordnungen der Länder.

8. Ministerium für Bau und Regionalentwicklung

Der Baubereich sowie die Regionalentwicklung sind bedeutend für die nachhaltige Entwicklung unserer Gesellschaft. In diesem Zusammenhang würden wir es begrüßen, wenn die Bedeutung und Wichtigkeit des Baubereichs auch in der Bezeichnung der Ministerien angemessen berücksichtigt wird. Die Schaffung eines eigenen Thüringer Ministeriums für Bau und Regionalentwicklung wäre ein Schritt, der die herausragende Rolle dieses Bereichs für die gesellschaftliche, wirtschaftliche und ökologische Entwicklung unterstreichen könnte.

Der Baubereich spielt eine zentrale Rolle in der Gestaltung von Lebensräumen, der Schaffung von Infrastrukturen und der Förderung der Baukultur. Die Herausforderungen im Bereich des Bauens werden zunehmend komplexer und erfordern eine integrierte Herangehensweise, die sowohl soziale, ökologische als auch wirtschaftliche Aspekte berücksichtigt. Die Schaffung eines Ministeriums für Bau und Regionalentwicklung hätte potenziell positive Auswirkungen auf die Optimierung von Prozessen, die Förderung von Innovationen und die Verstärkung der Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen Akteuren im Baubereich.

Seite zuletzt geändert am 12.06.2024

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