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Anregen(d) - ein Blick zurück nach vorn

Neujahrsgruß des Präsidenten

2011 war für die Architektenkammer Thüringen ein besonderes Jahr. Mit rund 500 Gästen feierten wir am 5. Mai im Theater in Erfurt das 20-jährige Bestehen. Christine Lieberknecht, Ministerpräsidentin des Freistaates, würdigte in ihrer Festrede die Leistungen der Berufsstände als einen unverzichtbaren Beitrag zur Steigerung der Lebensqualität und des Landesbewusstseins. Sie appellierte an unsere weitere Bereitschaft zur Modernisierung und Veränderung des Landes. Anregende Worte, denen wir gern Taten folgen lassen. Umso mehr freute uns der Startschuss der Thüringer Landesregierung am 14. Juni 2011 für eine Internationale Bauausstellung (IBA) in Thüringen. Wir werden die Chancen nutzen, die sich mit diesem besonderen Format ergeben.

Wir sind unserem Ziel, Baukultur im politischen Raum zu verankern, in 2011 nicht nur durch die Zustiftung des Freistaates zur Stiftung Baukultur Thüringen einen entscheidenden Schritt näher gekommen. Konnten wir Baukultur auch in die Breite tragen? Im Tagesgeschäft hadern wir oft mit den qualitativen Ansprüchen unserer Auftraggeber. Das Interesse der Öffentlichkeit, sich mit ihrer gebauten Umwelt auseinanderzusetzen, ist jedoch ungebrochen. 7000 Besucher besichtigten am letzten Juniwochenende die zum tag der architektouren präsentierten 80 Projekte. Die Ausstellung BAU.ART.Thüringen im Heizwerk am Brühl in Erfurt zog 3500 Besucher an. Der Esprit, der von dieser Ausstellung ausging, findet sich auch in den Gästebucheinträgen wieder. Dort heißt es u. a.: „Danke für die Eindrücke zur Architektur im Lande – da hat man gleich Lust, nach Thüringen zu ziehen.“

Gleichwohl dürfen die positiven Signale der Politik und der Öffentlichkeit, die darin auch zum Ausdruck gebrachte Wertschätzung von Baukultur, nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Rahmenbedingungen, die die Berufsausübung der Architekten betreffen, ihre berufliche Existenz bestimmen, immer mehr in eine eklatante Schieflage geraten.

Auf Bundesebene leisten wir Überzeugungsarbeit für die Aktualisierung der Leistungsbilder der HOAI und ringen um eine leistungsgerechte Vergütung. Im beruflichen Alltag gerät der Leistungswettbewerb immer mehr in den Hintergrund und Auftraggeber sehen sich aufgrund eines Überangebotes an Architektenleistung darin bestärkt, den Preiswettbewerb zu praktizieren.

Die Vergabepraxis wird immer mehr zum Spielfeld der Juristen. Augenmaß und Angemessenheit bei der Auswahl von Kriterien sind nicht selbstverständlich, sondern müssen immer wieder neu eingefordert werden, insbesondere auch um jüngeren oder regional arbeitenden Büros den Marktzugang zu sichern.

Die zunehmende Komplexität des Planens und Bauens verstärkt die Suche der Auftraggeber nach ausgewiesenen Experten. Vermeintliche Fachlisten sprießen wie Pilze aus dem Boden. Auch wir müssen uns an dieser Stelle selbstkritisch fragen: Sind wir noch in der Lage, unser Selbstverständnis als Generalist einzulösen?

Die Baukultur zu fördern ist eine zentrale Aufgabe der Architektenkammern. Solide Rahmenbedingungen für die Berufsausübung und die Förderung der Baukultur sind jedoch unteilbar miteinander verbunden. Wer das eine will, darf das andere nicht lassen. Wir sind darin geübt, den Wandel zu gestalten. Die letzten 20 Jahre sind ein ausreichender Beleg. Ich bin überzeugt, dass es uns auch weiterhin gelingen wird, auf die aktuellen Herausforderungen zeitgemäße Antworten zu finden. Mehr denn je sind wir als Architektenkammern jedoch gefordert, für angemessene Rahmenbedingungen der Berufsausübung im gesellschaftlichen und politischen Diskurs zu sensibilisieren und ihrer Umsetzung Nachdruck zu verleihen.

Für das Jahr 2012 haben wir uns konkrete Ziele gesetzt. Zur Qualifizierung der Vergabekultur streben wir eine breit angelegte Plattform an und werden den Dialog mit den Auslobern intensivieren. Das Thema „Energie“ werden wir stärker besetzen. Ein Thema, das hervorragend geeignet ist, den ganzheitlichen Blick und nicht die schnelle Lösung wieder ins Bewusstsein zu rücken. Wir werden uns für mehr planerische Kompetenz im ländlichen Raum einsetzen. Darüber hinaus gilt es, unser Selbstverständnis zu schärfen und entsprechend zu kommunizieren, welche Rolle dem Generalisten zukommt und welche Aufgabenfelder der Vertiefung und des Spezialistentums bedürfen.

Lassen Sie uns an die anregende Bilanz von 2011 anknüpfen und optimistisch in ein kreatives und engagiertes neues Jahr starten. Ich wünsche uns allen Gesundheit und Kraft sowie ein kollegiales Miteinander.

Hartmut Strube
Präsident der Architektenkammer Thüringen

veröffentlicht am 30.12.2011 von Björn Radermacher · Rubrik(en): News, Berufspolitik / Kammerarbeit

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