Die neuen Richtlinien für Planungswettbewerbe - RPW 2008
Am 1. Januar 2009 sind die Richtlinien für Planungswettbewerbe - RPW 2008 in der Fassung vom 12. September 2008 per Erlass des Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung in Kraft getreten (veröffentlicht im Bundesanzeiger Nr. 182 vom 28.11.2008).
Sie sind das Ergebnis eines intensiven mehrjährigen Abstimmungsprozesses zwischen BAK, der BIngK und dem BMVBS. Am 13.01.2009 fand dazu ein gemeinsamer Präsentationstermin im BMVBS in Berlin statt, auf dem die neuen Richtlinien, ihr Anliegen und ihre Vorzüge von Dr. Lütke Daldrup, Arno Sieghard Schmidt (BAK) und Dr. Karstedt (BIngK) vorgestellt wurden. Die RPW 2008 sind ab sofort für Bundesbauvorhaben verbindlich. Bislang wurde in den meisten Bundesländern die GRW 1995 angewendet. In Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen, Sachsen-Anhalt und Bremen fanden die Regeln für Architektenwettbewerbe, RAW 2004, Anwendung. Gemeinsames erklärtes Ziel der Kammern und des BMVBS war und ist es, vereinfachte und bundeseinheitliche Regeln einzuführen, die letztendlich zu einer Erhöhung der Zahl von Wettbewerben und letztendlich der Baukultur führen werden.
Dass Wettbewerbe ein fester Bestandteil unserer Baukultur sind, ist unumstritten. „Eine Konkurrenz der besten Ideen, nicht des kleinsten Preises“ ist das Ziel, so Dr. Engelbert Lütke DaIdrup, Staatssekretär des BMVBS bei der Einführungsveranstaltung der RPW in Berlin. Doch sollen vereinfachte Regeln Wettbewerbe wieder attraktiver für Bauherren und teilnehmende Planer machen. Wünschenswert ist es, dabei interdisziplinären Verfahren eine größere Bedeutung beizumessen. Zwar haben sich alle Länderkammern zur Umsetzung der neuen Richtlinien ausgesprochen, doch nun liegt es an den Landesregierungen, die RPW 2008 auch in ihren Zuständigkeitsbereich zu übernehmen. Die Verankerung der neuen Wettbewerbsregeln in Vergabeverfahren nach VOF ist prinzipiell gewährleistet. Privaten Auslobern steht die Durchführung von Planungswettbewerben nach den RPW 2008 ebenfalls offen.
Auch für Thüringen ist der Weg zur Anwendung der RPW 2008 bereits geebnet. Nach Aussage des zuständigen Abteilungsleiters beim Thüringer Ministerium für Bau, Landesentwicklung und Medien (TMBLM) soll die Anwendung der RPW 2008 für Landesbauten per Erlass auch in Thüringen kurzfristig ihre Gültigkeit erhalten. Darüber hinaus wird die Anwendung der RPW 2008 auch für kommunale Bauten empfohlen.
Was sind die wesentlichen Inhalte der RPW 2008 und welche Veränderungen gibt es gegenüber der GRW 1995? Als Basis für die Durchführung von Planungswettbewerben sind weiterhin folgende Grundsätze und Abläufe geregelt:
* Ziel der alternativen Ideen- und Konzeptfindung in verschiedenen Aufgabenfeldern, auch interdisziplinär, zur Erhöhung der Baukultur
* Gleichbehandlung der Teilnehmer unter angemessener Berücksichtigung kleinerer und jüngerer Büroorganisationen
* klare Aufgabenstellung und Dialog zwischen Auslober und Teilnehmern
* Anonymität der Wettbewerbsbeiträge
* Preisgericht als unabhängiger Berater des Auslobers, bestehend aus Fachpreisrichtern und Sachpreisrichtern, erstere in der Qualifikation der Teilnehmer und - nur noch bei öffentlichen Auslobern - mehrheitlich
* Gewährleistung qualifizierter Wettbewerbsbetreuer in der Qualifikation der Teilnehmer
* Auftragsversprechen (bzw. angemessene Erhöhung der Preissumme, wenn keine Realisierungsabsicht besteht)
* Mitwirkung der Kammern
* Schiedsstelle bei Verfahrensverstößen
* definierte Angaben in der Bekanntmachung und Auslobung von Wettbewerben, Kennzeichnung der Arbeiten und Erklärungen der Verfasser, Regelabläufe der Vorprüfung und der Preisgerichtssitzung (in den Anlagen I bis V enthalten)
Die neuen RPW 2008 sind zur einfacheren Handhabung auf die notwendigsten Textinhalte beschränkt und in Format und Seitenzahl äußerst knapp gehalten. Damit gehen auch folgende inhaltliche Neuerungen einher:
* In der Wortwahl wird nicht mehr unterschieden zwischen „Ideen-“ und „Realisierungswettbewerben“. Es geht um den „Planungswettbewerb“.
* Zweistufige Verfahren sind nicht mehr vorgesehen.
* Bei Wettbewerben öffentlicher Auslober, im Anwendungsbereich der VOF, dürfen kooperative Verfahren nicht mehr angewendet werden.
* Bei Wettbewerben privater Auslober wird das Mehrheitsverhältnis der unabhängigen Fachpreisrichter zugunsten der Entscheidung des Auslobers aufgegeben (der Auslober hat das letzte Wort).
* Die Wettbewerbssumme (Preise und Ankäufe) beträgt mindestens das Honorar, das üblicherweise für die geforderte Wettbewerbsleistung nach der jeweils geltenden Honorarordnung vergütet wird
* Der Sonderpreis entfällt ersatzlos.
Der Landeswettbewerbsausschuss betrachtet die RPW 2008 als große Chance und gutes Instrument, um für das Wettbewerbswesen Überzeugungsarbeit leisten zu können. Wichtig ist es, sie mit größtmöglichen Spielräumen, aber konsequent und mit Sorgfalt anzuwenden. Stärken und Schwächen werden sich in den nächsten Jahren zeigen. Die oft geforderten quantitativen Kriterien (beginnend schon bei Bewerbungen, wie Berufserfahrung, vorzuweisende Projekte) sollten zurücktreten hinter stärker zu bewertenden qualitativen Kriterien. Einzelkämpfer, kleine Büros sollten sich zu Arbeitsgemeinschaften zusammenfinden. So kann die neue RPW 2008 für alle Beteiligten - Auslober und Teilnehmer - zu größerem Erfolg und zur angestrebten Erhöhung der Baukultur führen.
Andrea Ziegenrücker, Landeswettbewerbsausschuss AKT