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Kindertagesstätte „Springmäuse“ Lingelfläche Erfurt

Ergebnis des hochbaulichen und freiraumplanerischen Realisierungswettbewerbs

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1. Preis: Osterwold°Schmidt EXP!ANDER ARCHITEKTEN BDA, Weimar und WLA Wengemuth Landschaftsarchitektur, Erfurt, Bild: Osterwold°Schmidt, WLA Wengemuth Landschaftsarchitektur

Die KoWo – Kommunale Wohnungsgesellschaft mbH Erfurt lobte einen hochbaulichen und freiraumplanerischen Realisierungswettbewerb für den Neubau der Kindertagesstätte „Springmäuse“ auf der sogenannten Lingelfläche in Erfurt-Süd aus.

Anlass des Wettbewerbs ist der Ankauf der rund 5.200 m² großen Freifläche zwischen Martin-Andersen-Nexö-Straße und Arndtstraße durch die Stadt Erfurt, um das Areal als neues Wohnquartier „Lingel am Steigerwald“ zu entwickeln. Bestandteil dieser Quartiersentwicklung ist der Neubau einer Kindertagesstätte für 120 Kinder im Alter von ein bis sechs Jahren, die künftig vom Träger JUL gGmbH Weimar betrieben wird. Der Neubau ersetzt den sanierungsbedürftigen Bestandsbau am Südpark.

Der Wettbewerb zielte darauf, gestalterisch anspruchsvolle und zugleich wirtschaftlich realisierbare Entwurfslösungen zu entwickeln. Gefordert waren Konzepte, die die stadträumliche Einbindung des Gebäudes, die funktionale Organisation, die Erschließung sowie eine nachhaltige Material- und Systemwahl berücksichtigen.

Teilnahmeberechtigt waren Architektinnen und Architekten sowie Landschaftsarchitektinnen und -architekten. Insgesamt wurden acht Bearbeitergemeinschaften zur Teilnahme eingeladen.

Die Jury, unter dem Vorsitz von Jörg Baum, Architekt, Junk & Reich Architekten, Weimar, tagte am 3. Dezember 2025 in Erfurt. Nach intensiver Beratung vergab das Preisgericht einen ersten Preis sowie drei Anerkennungen. Die Wettbewerbssumme betrug 54.000 Euro netto.

Ergebnis

1. Preis (18.000,- €):

  • Osterwold°Schmidt EXP!ANDER ARCHITEKTEN BDA, Weimar und WLA Wengemuth Landschaftsarchitektur, Erfurt

Anerkennungen (je 3.000,- €):

  • Schettler & Partner PartGmbB, Weimar und freiraumpioniere I landschaftsarchitekten, Weimar
  • Architekturbüro Tanja Ernst- Adams, Erfurt, Pahn Ingenieure GmbH, Cottbus und 360° Landschaftsarchitekten Grimm & Steiniger PartG mbB, Großräschen OT Dörrwalde
  • VITAMINOFFICE ARCHITEKTEN BDA, Erfurt und plandrei Landschaftsarchitektur GmbH, Erfurt

Beurteilung des Preisgerichts

Zur Arbeit von Osterwold°Schmidt EXP!ANDER ARCHITEKTEN BDA, Weimar und WLA Wengemuth Landschaftsarchitektur, Erfurt:

Leitidee des Entwurfs ist die flächenschonende Setzung eines Solitärs in Form eines quadratischen Baukörpers. Die Wahl der Baukörperform wirkt selbstverständlich und ermöglicht die gute Belichtung der Räume in alle Himmelsrichtungen. Im Herzen des Kindergartens verbindet der Marktplatz alle Funktionsbereiche miteinander und bildet das gewünschte zentrale Element für die gemeinschaftliche Nutzung.
Um den Marktplatz herum sind die Gebäudeflügel windmühlenartig und damit gleichberechtigt angeordnet. Die flächengleichen modulartigen Flügel ermöglichen eine hohe Flexibilität und Änderbarkeit.
Durch Setzung eines Himmelslichtes oberhalb des zentralen Kerns entsteht ein heller Innenraum, der natürlich belichtet wird.
Die Setzung des Gebäudevolumens erfolgt geländeschonend und lärmabgeschottet in Richtung der Martin-Andersen-Nexö-Straße als zweigeschossiger Baukörper. Der minimierte Fußabdruck des Gebäudes mit 30x30m Kantenlänge ist hierbei hervorzuheben. Durch die optimierte Kubatur verbleibt eine große, naturnahe Freifläche, die auf große Geländemodellierungen verzichtet. Der Versiegelungsgrad und Pflegeaufwand der Freifläche ist dadurch gering. Die gewählte Setzung und die Vorgaben zu den Baugrenzen lassen den Eingangsbereich ohne direkten Vorplatz in Richtung Osten jedoch etwas klein erscheinen. Dies und die nördliche Ausrichtung des U3-Spielbereiches sind bei weiterer Bearbeitung überdenkenswert.
Ebenso ist die Gliederung der verschiedenen Spielbereiche (Ruhebereiche und Tobebereiche) konzeptionell zu überprüfen. Hervorzuheben ist die gelungene Positionierung eines Freilufttheaters und die Einbeziehung von festen Sitzbereichen in die Terrassierung des Geländes. Die günstigen Anschlusshöhen an die angrenzenden Verkehrs- und Freiflächen erfordern keine aufwändigen Geländeanpassungen zu den angrenzenden Straßenräumen. Das Gerätehaus an der Süd-Ost-Ecke des Gebäudes sollte perspektivisch auf die Baugrenze zurückgesetzt werden. Die gelungene Abschirmung des südlichen Terrassenbereiches wird positiv wahrgenommen.
Der Kindergarten wird als ungerichteter zweigeschossiger Holzbau konzipiert. Der Entwurf weist trotz einfacher Struktur eine sehr hohe gestalterische Qualität auf. Das Gebäude ist klar gegliedert und modular aufgebaut. Auf einem Grundraster von 5x5m lassen sich alle Raumanforderungen mit wirtschaftlichen Spannweiten umsetzen. Die notwendigen Sanitärkerne werden den Räumen zugeordnet und liegen konsequent übereinander.
Die gewählte Fassadengestaltung zeigt in Materialität und Dimensionierung den Holzbau nach außen und lässt ihn leicht, zeitgemäß und sympathisch wirken. In seiner Schlichtheit spiegelt das Äußere die konzeptionellen Ansätze des Nutzers wider.
Der Innenraum ist geprägt durch den sehr gut proportionierten Kernbereich, der über zwei Etagen mit integrierter Atriumtreppe vielfältige Nutzungsmöglichkeiten erlaubt.
Die gelungene Anordnung sowie die guten Proportionen der Räume werden durch den Nutzer als sehr funktional angesehen und eröffnen unterschiedliche pädagogische Möglichkeiten. Die gleichberechtigte Anordnung der Funktions- und Gruppenbereiche verkürzt die inneren Wege und reduziert die Verkehrsflächen.
Besonders hervorzuheben ist das offene Foyer, das multifunktional erweiterbar ist. Der Bewegungsraum ist gut darin integriert und trotzdem im Bedarfsfall abteilbar. Die direkte Zuordnung des Küchenbereichs eignet sich gut für Feste und Veranstaltungen. Die gesamte Grundrissgestaltung ermöglicht für die Kinder eine klare Orientierung.
Im Hinblick auf die Ausrichtung der einzelnen Module, besonders des Haupteinganges und der in Richtung Norden geplanten Funktionsbereiche ist zu prüfen, ob eine geeignetere Anordnung möglich ist. Durch die gleichartigen modularen Einheiten ist dies aus der Sicht der Jury umsetzbar. Gleiches gilt für die Anordnung des U3-Spielbereiches im Norden.
Die klare Rasterung der Gebäudestruktur lässt eine sehr wirtschaftliche Umsetzung erwarten. Einfache konstruktive Ideen, wie die Verschattung durch auskragende Laubengänge unterstützen dieses Konzept.
Der bauliche Schallschutz wird durch die Ausrichtung des Gebäudes realisiert. Der schonende Umgang mit dem vorhandenen Gelände reduziert Investitionskosten. Im Bereich der Fledermausflugrute ist eine verdichtete Begrünung notwendig. Die ausreichenden Flächen der Bereiche E1 und E2 sind in diesem Zusammenhang zu prüfen.
Der Gesamtentwurf überzeugt durch seine kompakte Bauweise und damit einhergehendem geringen Versiegelungsgrad und lässt eine wirtschaftliche Umsetzung erwarten.

veröffentlicht am 17.12.2025 von Björn Radermacher · Rubrik(en): News, Wettbewerbe nach RPW: Ergebnisse

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