Zum Seiteninhalt Logo der Architektenkammer Thüringen

KulturLandschaft Thüringen

Ein Interview mit Hartmut Strube, Präsident der Architektenkammer Thüringen



Herr Strube, ein Jahreswechsel legt einerseits den Blick zurück nahe und andererseits rückt er das Zukünftige in den Fokus der Aufmerksamkeit. Was waren für Sie als Präsident der Architektenkammer Thüringen die berufspolitischen Highlights 2007 und was sind für Sie die Herausforderungen 2008?
Ich möchte mich in der Beantwortung des ersten Teils Ihrer Frage vorerst auf mein berufspolitisches Engagement auf Landesebene beschränken. Hier bildete der Referentenentwurf zum Thüringer Architekten- und Ingenieurkammer einen wesentlichen Schwerpunkt der Arbeit. Mit fachlicher Unterstützung unseres Justitiars Dirk Weber haben wir den Referentenentwurf geprüft und eine differenzierte Stellungnahme erarbeitet. Die reduzierten, aber anspruchsvolleren und komplizierteren Bauaufgaben der Zukunft verlangen weniger und besser ausgebildete Architekten. Aus diesem Grund war eine unserer Hauptforderungen zum Referentenentwurf die Festschreibung der mindestens vierjährigen Regelstudienzeit für alle Fachrichtungen, also auch für die Stadtplaner, Innenarchitekten und Landschaftsarchitekten ohne Ausnahmen als Voraussetzung zur Eintragung. Darüber hinaus haben wir unsere Bedenken angemeldet, den Bachelorabschluss dem Ingenieurabschluss gleichzustellen. Nach Aussage der Thüringer Hochschulen vermittelt das Bachelorstudium nicht die Kenntnisse eines vollständigen Berufsbildes zur Planung von Vorhaben. Der Bachelor ist deshalb aus Sicht der AKT dem Techniker gleichzustellen. Es ist zwingend erforderlich, durch eine entsprechende Nachtragsregelung zur Thüringer Bauordnung dem Bachelor im Interesse des Verbraucherschutzes den Zugang zur Bauvorlageberechtigung zu verwehren.
Natürlich gehört auch zur Berufspolitik, nicht nur bei politischen Entscheidungsträgern für die Leistungsfähigkeit unseres Berufsstandes zu werben, sondern auch der breiten Öffentlichkeit und damit potentiellen Bauherrn das Leistungsvermögen der vier Berufsgruppen der Architekten zu vermitteln. Das gelingt am besten über die konkrete Anschauung. Daher bildet der „tag der architektouren“ jedes Jahr aufs Neue ein Highlight im Jahresverlauf. 2007 konnten wir ca. 6.000 Besucher verzeichnen. Mich freut hierbei besonders, dass die vorgestellten Objekte über ganz Thüringen verteilt sind und nicht nur die Städteachse Erfurt – Weimar – Jena im Fokus der Wahrnehmung steht. So waren im letzten Jahr 81 Objekte in 37 Städten und Gemeinden zu besichtigen.
Nun zum zweiten Teil Ihrer Frage – den Herausforderungen für 2008. Es ist nach wie vor eine wichtige Aufgabe, die Kompetenz unseres Berufsstandes für die unterschiedlichsten fachlichen Ebenen zu verdeutlichen. Wir haben unseren Neujahrsempfang, den wir zum dritten Mal in Folge mit der Ingenieurkammer gemeinsam ausrichten, unter das Motto „KulturLandschaft Thüringen“ gestellt. Diese Thematik wird uns als Jahresmotto noch in mehreren Veranstaltungen begegnen. Es gilt zu verdeutlichen, dass unser Berufsstand einen wesentlichen Beitrag zum Erhalt und zur Weiterentwicklung der Baukultur unseres Landes leistet. Durch unsere Arbeit prägen wir nicht nur das Ambiente von Räumen, das Gesicht von Städten und Gemeinden, respektive der sie umgebenden Landschaft, sondern wir verleihen Orten eine Identität und geben politischem, kulturellem und sozialem Leben einen gestalteten individuellen Raum. Wir müssen uns zum einen unserer Verantwortung bewusst sein, zum anderen aber auch den Wert unseres Tuns erkennen. Die Baukultur eines Landes, einer Region ist auch ein wichtiger Standortfaktor im Wettbewerb um die Ansiedlung von Unternehmen und die Bindung von Arbeitskräften. Wir werden dazu das Gespräch mit der Landesregierung suchen. Wir werden unsere Mitarbeit anbieten, wenn es darum geht, das Land Thüringen mit seinen Qualitäten und Potentialen auf der EXPO REAL ins rechte Licht zu rücken.
Die Gewährleistung von Baukultur setzt aber auch beim Bauherrn ein baukulturelles Bewusstsein voraus. Dabei kommt dem öffentlichen Bauherrn eine Vorbildfunktion zu. Unser Landeswettbewerbsausschuss plant deshalb für das Jahr 2008 eine Ausstellung zum Thema „Realisierte Wettbewerbe“. Sie soll für das Wettbewerbswesen werben. Mit dieser Ausstellung geht es weniger darum, die architektonischen Highlights zu präsentieren, sondern die Förderung von Architekturqualität durch ein praktikables Wettbewerbswesen zu verdeutlichen. Die Ausstellung soll helfen, Vorbehalte gegenüber Wettbewerben abzubauen und zur Nachahmung ermuntern.
Dass auch ein baukulturelles Bewusstsein der (Vor-)Bildung bedarf, ist, so denke ich, unbestritten. Wir werden auch weiterhin im Rahmen der Initiative Architektur und Schule, darauf zielen, Kindern und Jugendlichen einen kreativen wie verantwortlichen Umgang mit der gebauten Umwelt nahe zu bringen, um sie auf vielfältige Weise zur aktiven Teilnahme an der Gestaltung ihrer Zukunft zu befähigen. Architekten gehen in Schulen und Kindergärten, beteiligen sich an Projektwochen, zeigen den Kindern Baustellen, historische und moderne Gebäude. Wir haben im DAB regelmäßig darüber berichtet. Darüber hinaus liefern unsere Kollegen Beiträge zur Lehrerfortbildung und bieten Rat bei der Lehrplangestaltung. Seit 2002 gibt es einen entsprechenden Kooperationsvertrag mit dem Thüringer Institut für Lehrerfortbildung, Lehrplan­entwicklung und Medien. Alle Beteiligte sind sich darüber einig, dass sich das Thema Architektur hervorragend für eine fachübergreifende Einordnung in die Lehrprogramme eignet. Umso unverständlicher sind für uns die Bestrebungen des Thüringer Kultusministeriums, im Rahmen der Lehrplanreform zunächst an den Gymnasien den Kunstunterricht zu reduzieren. Wir haben im Dezember nachdrücklich an die Landes­regierung appelliert, davon abzusehen.

Sie haben uns einen kleinen Einblick gegeben, welche unterschiedlichen Zielgruppen im Rahmen der berufspolitischen Arbeit zu berücksichtigen sind. Welche Bedeutung nehmen bei der Werbung für die Leistungen unseres Berufsstandes die Auslandskontakte ein?
Ich hatte im letzten Jahr zweimal Gelegenheit, die Wirtschaftsdelegation des Ministerpräsidenten ins Ausland zu begleiten. Im September waren wir in Rumänien und Bulgarien, im November in Wien. Die Reisen dienten dem Erfahrungsaustausch zu Themen wie „Qualität der Ausbildung, Anerkennung von Berufsabschlüssen, Honorarordnung und internationale Zusammenarbeit“. Der Vorstand hat sich zum Ziel gesetzt, den Kontakt zu Bulgarien zu intensivieren, wohl wissend, dass in einer ersten Phase nicht die Auftragsakquisition im Vordergrund stehen kann und wird, sondern der Vertrauensaufbau und ggfs. das Eruieren von Beratungsbedarf. Die Architektenkammer wird Kontakte anbahnen, Rahmenbedingungen einer Zusammenarbeit transparent machen und aktuelle Fragestellungen transportieren und auf dieser Grundlage unsere Mitglieder zu weiterem Engagement ermuntern.

Sie hatten eingangs erwähnt, dass der Bachelor-Abschluss nicht kammerfähig ist. Welchen Einfluss wird das auf die Entwicklung der Mitgliederzahlen haben?
Das ist zum heutigen Zeitpunkt schwer einzuschätzen. Fakt ist allerdings, dass wir unsere Mitgliederzahlen, speziell die Altersstruktur unserer Mitglieder, sehr wohl im Auge behalten werden, um abschätzen zu können, wann zahlenmäßig stark vertretene Jahrgänge ins Rentenalter überwechseln und/oder aus der Kammer austreten. Die Bilanz der Mitgliederentwicklung der letzten fünf Jahre war sehr konstant und geprägt von einem ausgewogenen Verhältnis zwischen Löschungen und Neueintragungen. Die Anzahl der Architekten muss sich jedoch an den Auftragsbedingungen orientieren. Auch hier gilt Qualität vor Quantität. Wir werden uns natürlich auch zukünftig um den Architektennachwuchs bemühen. Auch hier sind spezielle Angebote gefragt, die zum einen über den „Mehrwert“ einer Kammermitgliedschaft informieren, zum anderen den Berufseinstieg befördern. Wir werden in diesem Zusammenhang auch den Dialog mit den (Fach-)Hochschulen suchen, um die Lehrinhalte der Bachelor- und Masterstudiengänge hinsichtlich praxisrelevanter Fragestellungen zu diskutieren. Ziel ist unter anderem, die Studieninhalte so zu beeinflussen, dass für die Bachelore, die nicht über ein nachfolgendes Masterstudium den Weg zum Architektenberuf finden, eine Orientierung zur Bauindustrie, also zur Mitwirkung bei der Realisierung von Bauvorhaben möglich wird.

In Ihrem Geschäftsbericht zur Vertreterversammlung am 30.11. tauchte auch das Stichwort „Kammerstruktur“ auf der Agenda für 2008 auf. Was ist damit gemeint?
Um in der Öffentlichkeit wahrgenommen zu werden, bedarf es u.a. auch einer transparenten und effizienten Gremienstruktur. Wir werden im Einzelfall unsere Kammerstruktur einer kritischen Prüfung unterziehen. Hierbei geht es uns darum, den Informationsfluss zwischen den Ausschüssen und Arbeitsgruppen auf der einen Seite und dem Vorstand und der Geschäftsstelle auf der anderen Seite zu optimieren und Aufgaben und Kompetenzen klar zu verteilen. Nur durch eine wirksame Verbindung der beiden Seiten wird es uns gelingen, Themen erfolgreich im politischen Raum zu platzieren. Ich bin unseren Mitgliedern sehr dankbar für ihr ehrenamtliches Engagement und möchte vermeiden, dass durch Informationsverluste das Engagement behindert werden.

Welche Rolle spielt hierbei die Gremienarbeit auf BAK-Ebene?
Eine sehr wesentliche. Wir werden auch auf Bundesebene die Zusammenarbeit der Länder untereinander intensivieren, um zum einen Synergien zu erzeugen, zum anderen in der öffentlichen Wahrnehmung zum Beispiel durch gemeinsam getragene Messeauftritte oder Imagekampagnen mehr Gewicht zu erhalten. Ich möchte auch in diesem Zusammenhang unsere Mitglieder ermuntern durch ihre Mitarbeit in BAK-Ausschüssen, den Vorstand zu unterstützen.

Was wäre ein Wunsch für das neue Jahr?
Im kommenden Jahr sind für unsere Kammer Neuwahlen. Ich wünsche mir viele Kandidaten für die Vertreterversammlung. Auch junge Kolleginnen und Kollegen sind gefragt. Wir müssen uns im Sinne unseres Berufsstandes mehr denn je intensiv einbringen. Die Architektenkammer ist die direkteste und wichtigste Institution zur Vermittlung und Durchsetzung unserer Interessen. Sie kann ihre Aufgabe am besten erfüllen, wenn an der Meinungsbildung über ihre demokratischen Strukturen alle Berufs- und Altersgruppen beteiligt sind. In der Berufspolitik nach außen wünsche ich mir ein besseres Verständnis für unsere fachlichen Argumente, die in der Regel von Berufswegen auch am Gemeinwohl orientiert sind. Zu dieser Problematik werden wir verstärkt aktiv werden.

Interview: Gertrudis Peters,
Dipl.-Ing. Architektin und Geschäftsführerin der Architektenkammer Thüringen

veröffentlicht am 19.12.2007 von Birgit Kohlhaas · Rubrik(en): News, Berufspolitik / Kammerarbeit

Diese Seite teilen

Die AKT in den sozialen Netzwerken