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Pro und Kontra PPP in Thüringen

Dipl.-Ing. Klaus Reich Architekt BDA, Vizepräsident der AKT, Vorsitzender Landeswettbewerbsausschuss der AKT

Der Architekt als unabhängiger Berater und Planer des öffentlichen Bauherrn
Bauaufgaben der öffentlichen Hand, die als Public Private Partnership Projekt (PPP) vergeben werden, haben auch in Deutschland innerhalb der letzten Jahre zugenommen. Die Verlagerung der öffentlichen Bau- und Betriebsverantwortung in die Hände privater Investoren und Betreiber ist ein sinnvoller ökonomischer Ansatz, der geeignet dafür erscheint, Ressourcen für den öffent­lichen Haushalt zu erschließen. Bauprojekte werden möglich, die ansonsten auf Grund knapper Eigenmittel nicht umgesetzt werden könnten.
Private Betreiber realisieren aus den bekannten Gründen Syn­ergieeffekte und Effizienzgewinne. Insbesondere die von der Bauindustrie favorisierten Prinzipien des PPP, nach denen ein Bieterteam die Bereiche Planen, Bauen, Finanzieren und Betreiben nach den Spielregeln des jeweiligen Baukonzerns „ganzheitlich“ anbietet, sind jedoch kritisch zu hinterfragen.

Das bewährte Prinzip der Trennung und Unabhängigkeit von Planung und Bauausführung wird aufgehoben, der für den Erfolg des PPP-Projektes wichtige Planungsprozess ist dem öffentlichen Auftraggeber und Nutzer vollkommen aus der Hand genommen und bewusst dem privaten Partner überlassen. Allein die umfassende Aufgabendefinition mit sämtlichen Nutzungs- und Qualitätsanforderungen bildet die Grundlage für einen langen Vertragszeitraum mit Bindung an die ursprünglich gedachte und vereinbarte Nutzungsvariante.

Aus diesem Grunde erscheinen die Vertragsrisiken für Bau­projekte
mit besonders hohem Nutzungsänderungspotential, wie Krankenhäuser, Schulen und Bildungseinrichtungen, besonders kritisch, wäh­rend­dessen Verkehrsprojekte, wie Brücken, Tunnel und Fahr­trassen, besser als PPP-Projekt geeignet sind.

Die langsam zunehmende Erfahrung mit PPP-Projekten in Deutschland verdeutlicht die noch bestehenden Defizite zur Qualitätssicherung.

Der Architekt als unabhängiger Berater und Planer steht entsprechend der selbstdefinierten Berufsgrundsätze eher auf der Seite des öffentlichen Auftraggebers und Nutzers. Die anvisierte Komplexität derzeitiger PPP-Projekte erfordert, dass der öffentliche Auftraggeber schon bei der Aufgabendefinition im Vergabe­verfahren sowie bei der Projektdurchführung unabhängige und qualifizierte Beratung erhält.

Im „ganzheitlichen“ Bieterkonsortium kommt dem Architekten in der Regel die Rolle als Generalplaner zu. Da dieser die Gesamtkoordination der Planung des Bauwerkes zu leisten hat, entspricht auch hier eine gewisse Unabhängigkeit zur Bauausführung eher den Berufsgrundsätzen. Die vertragliche Bindung als Subunternehmer an den Baupartner birgt die Gefahr, dass die Belange des Betriebes, der Nutzung und der architektonischen Qualität den Gewinnorientierungen des Baupartners untergeordnet werden. Die engere vertragliche Bindung an die Leitung der Bietergemeinschaft, in der Finanzpartner und Betreiber die Bauherrenaufgaben repräsentieren, ist klar zu bevorzugen.

PPP-Verfahren sind für Architekten ein wichtiges Betätigungsfeld. Sie fordern jedoch in der jetzigen Form auf Grund des enormen Aufwandes während der Angebotsphase und der nicht definierten Honorierung sehr hohen finanziellen Einsatz und Risikobereitschaft. Die Projekte müssen sorgfältiger in der Phase 0 auf ihre Eignung zum PPP-Verfahren geprüft werden. Der Aufwand der Bewerber ist deutlich zu reduzieren. Die Vergabe kann nur nach einem qualifizierten Auswahlverfahren mit ausgewogenen Verfahrensregeln akzeptiert werden.

Der Vorstand der Architektenkammer Thüringen wird aus den genannten Gründen Initiativen zur Förderung von PPP-Projekten, insbesondere in Thüringen, kritisch begleiten.

veröffentlicht am 28.09.2007 von Birgit Kohlhaas · Rubrik(en): News, Berufspolitik / Kammerarbeit

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