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Wettbewerbe sind Baukultur

„Schwarze Verfahren“ schaden dem Berufsstand

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Landeswettbewerbsausschuss der AKT, Bild: AKT

Am 1. März 2013 trat die novellierte Richtlinie für Planungswettbewerbe (RPW 2013) in Kraft. Sie ist verpflichtend für Bundesbauten und wird zur bundesweiten Anwendung für öffentliche und private Bauherren empfohlen.

Die Architektenkammer Thüringen (AKT) erwartet die Umsetzung der Richtlinie zeitnah per Einführungserlass auch für den Freistaat. Die Beratung der Auslober sollte ab sofort auf Grundlage der aktuellen RPW 2013 erfolgen.

Entsprechend Pressemitteilung der Bundesarchitektenkammer vom 28. Februar 2013 wird in Fortschreibung der RPW 2008 der Träger des ersten Preises im Wettbewerb gestärkt, indem laut RPW „in der Regel der Gewinner“ eines Wettbewerbes beauftragt werden muss. Ferner wird der Zugang für junge und kleine Büros erleichtert, da die RPW festlegen: Kleinere Büroorganisationen und Berufsanfänger sollten durch geeignete Zugangsbedingungen angemessen beteiligt werden. Außerdem gibt es einige Erleichterungen für Auslober. Sie können unter anderem aus sachlich zwingenden Gründen von einzelnen Vorschriften der RPW 2013 abweichen, allerdings nur im Einvernehmen mit den Kammern.

Die Architektenkammern spielen bei der Überwachung des Wettbewerbs- und Vergabewesens eine zentrale Rolle. Dies erfolgt sowohl zum Schutz der Teilnehmer, die im Planungswettbewerb ihre Leistung freiwillig und teilweise ohne Honorierung und Aussicht auf weitere Beauftragung erbringen, als auch im Interesse der Auslober, die sich rechtssichere Verfahren, letztendlich aber auch ein qualitätvolles Projekt wünschen.

Um die Rahmenbedingungen für Wettbewerbe bei der Vergabe von Planungsleistungen weiter zu verbessern, hält die Kammer engen Kontakt zu Politik und Verwaltung. Es ist jedoch nicht allein das Ziel, bei der Vergabe von öffentlichen Dienstleistungsaufträgen transparente Verfahrenskultur zugrunde zu legen. Auch Unternehmen und private Bauherren haben die Vorteile von Wettbewerbsverfahren im Planungs- und Bauprozess erkannt und müssen sich im Gegenzug an die Regeln halten.

Leider liegt es in der Natur der Sache, dass die Bauherrenseite möglichst geringe Verpflichtungen im Vergabeverfahren eingehen möchte und all zu oft unter regelwidrigen Bedingungen Leistungen von Architekten und Ingenieuren abruft, die deren Berufsordnungen widersprechen. Die Beteiligung der Planer an regelwidrigen Verfahren mag aus Akquisitionsgründen, aus Eitelkeit oder vielleicht auch aus Unwissenheit erfolgen. Auf jeden Fall schaden die Kollegen dem Berufsstand und in den meisten Fällen auch sich selbst. Das Fehlverhalten wird auch nicht geheilt, wenn nach der erfolgreichen Teilnahme an einem nicht regelkonformen Verfahren der Auftrag auf der eigenen Internetseite oder bei competitionline als Wettbewerbssieg gefeiert wird. Diese Form von Etikettenschwindel ist berufsschädigend.

Es ist kein Geheimnis, dass allerorts „schwarze Verfahren“ unter Beteiligung von Kollegen als Teilnehmer oder auch als Jury stattfinden, die regelmäßig gegen die folgenden Berufsgrundsätze verstoßen:

1. Verstoß gegen die Berufsordnung der Architektenkammer Thüringen § 2 Abs. 6
„… Architekten und Stadtplaner sollen sich als Teilnehmer, Preisrichter oder Vorprüfer nur an solchen Wettbewerben beteiligen, deren Verfahrensregeln den oben genannten Grundsätzen (RPW) entsprechen. Jede Aufforderung zur Mitwirkung an Wettbewerben oder zur Beteiligung an einem Gutachten, an Ausschreibungen oder ähnlichen Verfahren sollte der Architektenkammer unverzüglich mitgeteilt werden, soweit sich nicht aus der Auslobung ergibt, dass die Kammer beratend mitgewirkt hat.“

2. Verstoß gegen das Thüringer Architekten- und Ingenieurgesetz § 28 Abs. 2 Nr. 4
Die Kammermitglieder „… sind insbesondere verpflichtet, … sich an Wettbewerben nur zu beteiligen, wenn durch die Verfahrensbedingungen ein lauterer Leistungsabgleich sichergestellt ist und in ausgewogener Weise den Belangen von Auslober sowie Teilnehmer Rechnung getragen wird.“

3. Verstoß gegen das Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb §§ 3, 4 Nr. 11
„Unlauter handelt insbesondere, … wer einer gesetzlichen Vorschrift zuwiderhandelt, die auch dazu bestimmt ist, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln.“ (Verstoß gegen das Preisrecht der HOAI)

Die hohe Zahl von unterhonorierten und ungeregelten, sogenannten „schwarzen Verfahren“, kann nur durch Mitwirkung der Architekten selbst gemindert werden. Durch rechtzeitige Bekanntgabe kann die Umwandlung in RPW-Verfahren bzw. eine HOAI-gerechte Vergütung erreicht werden. Festgestellte Verstöße gegen die Berufsordnung dürfen nicht länger als Kavaliersdelikt gelten, sondern müssen als wettbewerbswidriges Verhalten offensiv durch den Vorstand der Architektenkammer geahndet werden.

Bekanntermaßen wird eine schuldhafte Verletzung von Berufspflichten in einem förmlichen Ehrenverfahren vor dem Ehrenausschuss geahndet. Die Maßnahmen im Ehrenverfahren gemäß § 33 ThürAIKG reichen dabei vom Verweis über eine Geldbuße bis zu dreißigtausend Euro bis hin zum Ausschluss aus der Kammer.

Wir können viel verlieren, aber auch eine langersehnte Wettbewerbskultur wiedergewinnen.

Dipl.-Ing. Klaus Reich Architekt BDA
Mitglied des Landeswettbewerbsausschusses der AKT

veröffentlicht am 25.03.2013 von Björn Radermacher · Rubrik(en): News, Berufspolitik / Kammerarbeit

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