Zeitgemäß, zukunftsorientiert, nachhaltig – Perspektiven für Berufsstand und Kammer
Vertreter widmeten sich den Ergebnissen der Mitgliederbefragung
Das Meinungsbild der Mitglieder stand im Fokus der Vertreterversammlung am 9. Mai in Ettersburg. Bevor es jedoch zum Tagesschwerpunkt, der Auswertung der Fragebögen, ging, erläuterte Dr. Hans-Gerd Schmidt, Präsident der Architektenkammer Thüringen, die Ziele des Vorstands für die neue Legislatur: Hierzu zählen die Gewinnung von mehr Mitgliedern, möglicherweise auch außerordentlicher Mitglieder, das Angebot differenzierter Serviceleistungen für die unterschiedlichen Mitgliedergruppen, eine wirksame interne Vernetzung sowohl der Gremien untereinander als auch der Gremien mit der Basis, eine starke Positionierung der Kammer in Bezug auf berufspolitische und fachpolitische Themen, eine erweiterte Markt- und Zukunftsorientierung, auch im Sinne der Fortschreibung der Berufsaufgaben im Thüringer Architekten- und Ingenieurkammergesetz (ThürAIKG), sowie die Neuausrichtung der Stiftung Baukultur Thüringen. Es gelte, führte Schmidt weiter aus, die Kammer „zeitgemäß, zukunftsorientiert und nachhaltig, im Hinblick auf die langfristige Sicherung der wirtschaftlichen Tragfähigkeit, aufzustellen“.
Der Präsident betonte, dass die Mitgliederbefragung ein erster wichtiger Schritt sei, um diese strategischen Ziele zu untersetzen, und widmete sich der Analyse.
Dem Fragebogen vorangestellt war eine statistische Erfassung ausgewählter Mitgliederdaten. Auf diese Weise konnte die Beteiligung u. a. differenziert nach Kammergruppen, Fachrichtungen, Tätigkeitsarten und Alter transparent ausgewertet und ins Verhältnis zur gesamten Mitgliederstruktur gesetzt werden. Insgesamt gingen 345 Fragebögen ein; das entspricht einer Beteiligung von 18,4 Prozent.
Mitgliederservice, Mitgliederbindung und -gewinnung
Der erste Teil der Mitgliederbefragung sollte ermitteln, welche Angebote und Leistungen der Kammer von den Mitgliedern positiv bewertet werden und in welchen Bereichen sie sich eine Verbesserung wünschen.
Bei der Gewichtung nehmen die Aspekte „Titelschutz und Bauvorlageberechtigung“ den ersten Rang in der Häufigkeit der Nennungen ein, gefolgt von „Berufspolitische Interessensvertretung/ Öffentlichkeitsarbeit“ sowie „Rechtsberatung/ vergünstigte Fortbildungen“. Nach zu verbessernde Leistungen gefragt, wurden „Berufspolitische Interessensvertretung und Öffentlichkeitsarbeit“, „Vergünstigte Fortbildungen/Rechtsberatung“ und „Titelschutz/Bauvorlageberechtigung“, in dieser Reihenfolge, am häufigsten genannt.
Betrachtet man die Einzelnennungen näher, so stehen insbesondere die Schärfung der Berufsbilder sowie die Vermittlung von Baukultur im Fokus. Ein mehrfach genannter Wunsch ist zudem die Ausweitung der Bauvorlage-/Planvorlageberechtigung auf die Fachrichtungen der Stadtplanung und der Landschaftsarchitektur. Auch der Ausbau der Rechtsberatung und eine Subventionierung der Fortbildungsangebote der Bauhaus Akademie Schloss Ettersburg wurden vermehrt gefordert.
Dr. Schmidt formulierte im Folgenden die auf diesem Ergebnis basierenden Handlungsempfehlungen des Vorstands, die bei den Vertretern überwiegend auf Zustimmung stießen. Er benannte konkret die geplante strategische Diskussion zum Selbstverständnis und zur Fortschreibung der vier Berufsbilder im Sommer und Herbst 2014, der sich eine Arbeitsgruppe annehmen wird. Weiterhin sollen die Beratungsangebote der Kammer für öffentliche und private Bauherren ausgebaut werden. Die Neuausrichtung der Stiftung Baukultur Thüringen gelte es, in einem Stiftungskonzept zu formulieren. Neu zu gewinnende dezentrale „Botschafter der Baukultur“ sollen das Thema der „regionalen Baukultur“ verstärkt aufgreifen und in die Medien der Kammer einspeisen. Inwieweit sich eine Ausweitung der Vorlageberechtigung auf die Fachrichtung „Stadtplanung und Landschaftsarchitektur“ anbietet, werde geprüft. Der Vorstand spricht sich jedoch gegen eine Subventionierung der Fortbildungsmaßnahmen aus. Das Angebot der Bauhaus-Akademie sei im Vergleich mit anderen Fortbildungsträgern angemessen.
Kontrovers diskutiert wurde unter den Vertretern die Empfehlung des Vorstands, die Rechtsberatung nicht zu erweitern. Einem Antrag aus der Vertreterversammlung, den Ausbau dieser Serviceleistung über einen Probezeitraum von einem Jahr zu prüfen, wurde mehrheitlich zugestimmt.
Interne Kommunikation
Der zweite Teil der Umfrage war der Qualität der internen Kommunikation gewidmet. Der Auswertung nach halten 38 Prozent der Beteiligten den Erfahrungsaustausch unter den Mitgliedern bzw. innerhalb der Kammergruppen für ausreichend; 43,3 Prozent wünschen sich eine Verbesserung, trotz der häufig als Hinderungsgrund genannten Konkurrenz untereinander. Über die Arbeit der Gremien fühlen sich 58,2 Prozent der Teilnehmer ausreichend informiert; nur 23,2 Prozent verneinen diese Frage.
Um den Dialog mit der Mitgliederbasis zu intensivieren, plant der Vorstand eine Bereisung der Kammergruppen durch das Präsidium. Fünf Vor-Ort-Termine im Mai, Juni, Juli und September dieses Jahres sollen den unmittelbaren Austausch ermöglichen und drängende Belange klären.
Der Präsident berichtete weiterhin, dass ein Workshop mit allen Kammergruppenvorsitzenden in Vorbereitung sei, um über Formate der lokalen Öffentlichkeitsarbeit zu diskutieren und dem Wunsch zu entsprechen, die Kammergruppenarbeit zu verbessern.
Selbstverständnis des Berufsstandes
Im dritten und letzten Teil wurden die Mitglieder vor dem Hintergrund der anstehenden Novelle des Thüringer Architekten- und Ingenieurkammergesetzes (ThürAIKG) und einer zunehmenden Komplexität des Planungs- und Baugeschehens zum einen zur Definition der Berufsaufgaben im Vergleich zu aktuellen und ausgeübten Tätigkeitsfeldern befragt, zum anderen ging es um ein Meinungsbild zur Fachlistenführung und zu einer möglichen Fortbildungspflicht.
Im Ergebnis halten 46,2 Prozent der Beteiligten die in § 3 ThürAIKG formulierten Berufsaufgaben für ausreichend, 15,3 Prozent erachten sie als zeitgemäß. Fast ein Drittel, genauer 29,4 Prozent, erachten sie als modernisierungsbedürftig.
Letztgenannte Haltung vertritt auch der Vorstand, der in Person des Präsidenten empfahl, die Berufsaufgaben den aktuellen Erfordernissen anzupassen. Dies ist in anderen Landesarchitektenkammergesetzen bereits erfolgt.
Für Augenmaß bei der Fachlistenführung plädierten die Vertreter angesichts der Tatsache, dass sich ein Großteil der an der Umfrage Teilnehmenden, nämlich 65,5 Prozent, gegen die Führung von Fachlisten ausspricht. Gleichzeitig stimmen Vorstand und Vertreterversammlung darin überein, dass nicht nur die Glaubwürdigkeit der Kammern im Außenverhältnis gestärkt wird, sondern es auch dem Verbraucherschutz dient, wenn besondere Kompetenzen weiterhin transparent gemacht werden können und der generalistische Anspruch differenziert vermittelt wird.
Konsens zwischen Vertretern und Vorstand bestand letztlich auch in der Frage der Fortbildungspflicht. Gleichwohl sich etwas mehr als die Hälfte der Befragten (51,2 Prozent) gegen eine Kontrolle durch die Kammer aussprechen, wird der Grundsatz einer angemessenen Pflichtfortbildung als Baustein der Qualitätssicherung verstanden. Insbesondere die zunehmende Verantwortung des Architekten im Planungs- und Bauprozess stelle das Prinzip der Freiwilligkeit immer mehr in Frage. Zu klären bleibe die Art der Umsetzung, also Inhalte und Anzahl der zu besuchenden Veranstaltungen, sowie die Frage der Kontrolle.
Die Vertreterversammlung beschloss:
- die Wahlprüfsteine 2014 (welche in der kommenden Ausgabe des DAB veröffentlicht werden),
- die Erhöhung der Mitgliederanzahl des Vergabe- und Wettbewerbsausschusses auf neun,
- die Entlastung des Vorstandes für das Haushaltsjahr 2013 sowie
- die Änderungen zum Haushaltsplan 2014.
WEITERE INFORMATIONEN
Ergebnisse der Mitgliederbefragung und Handlungsempfehlungen des Vorstands: www.architekten-thueringen.de/meine-akt/