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Braune: "Public Private Partnership"

Festvortrag von Tilo Braune, Staatssekretär BMVBW, zum Neujahrsempfang

Es gilt das gesprochene Wort!

Sehr geehrte Damen und Herren!

Das Thema des mir angetragenen Festvortrags ist Gegenstand großer Hoffnungen. Die Schere zwischen vorhandenen Haushaltsmitteln und dem Mittelbedarf für Instandhaltung, Aus- und Neubau der öffentlichen Infrastruktur öffnet sich weiter. Davor kann niemand die Augen verschließen.

Daher versprechen sich die Politik wie auch die Handelnden in der Bauwirtschaft von Partnerschaften zwischen öffentlicher Hand und Privaten, dass die vielfach stockenden Investitionen in Deutschland wieder in Fluss kommen. Damit ist natürlich auch ein großes beschäftigungspolitisches Interesse verknüpft!
Die Hoffnungen sind, glaube ich, berechtigt.

Und dabei geht es gar nicht nur um die begrenzten finanziellen Möglichkeiten der öffentlichen Haushalte. Zunehmend werden auch Effizienzgründe für eine stärkere Einbeziehung Privater geltend gemacht.
Das Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen hat aus dem breiten Spektrum möglicher Anwendungsgebiete für PPP direkte Zuständigkeit für den Verkehrsbereich und für den öffentlichen Hochbau.

Im Verkehrsbereich unterscheiden wir zwei Möglichkeiten privatwirtschaftlichen Engagements im Straßenbau:
Die eine Form der Privatfinanzierung ist das Betreibermodell für den mehrstreifigen Autobahnausbau, das so genannte "A-Modell". Hier werden Ausbau, Betrieb und Finanzierung bereits bestehender Strecken an Private übertragen.
Die andere Form der Privatfinanzierung folgt einer gesetzlichen Regelung: Dem so genannten "Fernstraßenbauprivatfinanzierungsgesetz" für die "F-Modellen".

Dabei werden Bau, Betrieb und Finanzierung von Straßenbauprojekten an Private übertragen werden - dafür dürfen die Betreiber auf der betreffenden Strecke eine Maut erheben.

Anrede! - Die Bundesregierung will durch langfristig angelegte Zusammenarbeit mit der Privatwirtschaft dafür sorgen, dass auch öffentliche Hochbauvorhaben sowohl des Bundes als auch der Länder und der Kommunen effizienter als bisher realisiert werden.
Zu den ersten Schritten gehörte die Einrichtung des Lenkungsausschusses "PPP im öffentlichen Hochbau" beim BMVBW unter Mitwirkung der betroffenen Bundesressorts - von Verbänden der Bau- und Finanzwirtschaft, der Bundesarchitektenkammer aber auch der Länder und Kommunen.

Wir sehen dieses Gremium als Vorstufe zum einem künftigen PPP-Kompetenznetzwerk aller Erfahrungsträger.

Im vergangenen Jahr wurde als wichtige Grundlage ein umfassendes Gutachten vergeben. In nur 6 Monaten wurden unter Führung der Finanzberater "Price Waterhouse Coopers" und der Anwaltssozietät "Freshfields Bruckhaus Deringer" wegweisende Ergebnisse zum Thema PPP vorgelegt.

Und zwar in einem Prozess, der selbst ein PPP-Projekt ist: Bund und Länder haben sozusagen "gemeinsame Sache" gemacht mit Bauwirtschaft und Banken - sowohl finanziell als auch inhaltlich.

Anrede! - Ich will Ihnen kurz die Ergebnisse dieser bedeutenden Arbeit zu PPP in Deutschland vorstellen.

Ziel ist, in langfristig angelegter Zusammenarbeit mit privaten Investoren öffentliche Infrastrukturprojekte effizienter zu realisieren als bisher.

Zentral ist, dass es hierbei nicht nur um den Bau, sondern um den gesamten Lebenszyklus einer Baumaßnahme gehen soll - also vor allem um die so wichtige Betriebsphase. Hier liegen bekanntlich etwa 70 bis 80% der Gesamtkosten.

Bei einer Untersuchung von 46 PPP-Projekten im Hochbau fanden die Gutachter heraus, dass die konkret untersuchten PPP-Projekte etwa 10 bis 20% effizienter waren.
Das bedeutet jedoch nicht, dass diese Effekte automatisch eintreten, wenn man diese Beschaffungsvariante wählt!

PPP-Projekte haben außerdem gezeigt, dass sich öffentlicher und privater Sektor durchaus Modernisierungsimpulse geben können. Das führt zu einem nachhaltig effizienteren Wirtschaften.

Dabei ist klar: Die öffentliche Hand bleibt natürlich in der Verantwortung, was die Erfüllung öffentlicher Aufgaben angeht. Wir sollten aber unsere Betrachtungsweise umstellen. Für die öffentliche Hand ist nicht entscheidend, dass sie zum Beispiel ein Schwimmbad, ein Rathaus, eine Schule selbst baut.
Für die öffentliche Hand ist entscheidend, dass sie zur Erfüllung ihres Auftrages solche Einrichtungen nutzen kann - und zwar auf Dauer.

So reizvoll die möglichen Effizienzgewinne in PPP-Projekten auch auf den ersten Blick sein mögen, dürfen die Risiken nicht unterschlagen werden. Wichtig ist eine sorgfältige Vorbereitung, die Risiken transparent macht und sie in angemessener Weise auf die beteiligten Partner verteilen.

Außerdem sollte ein Wettbewerb um das PPP-Projekt durchgeführt werden. Danach ist es Zeit zu fragen: Ist die privatwirtschaftliche Form wirklich kostengünstiger als die herkömmliche Beschaffungsmethode? Nur in 1/5 der Fälle wird die Antwort "ja" lauten.

Ist die positive Entscheidung gefallen, sollten die Verträge, die die jeweiligen Leistungsverpflichtungen enthalten, genau vorbereitet werden. Dazu gehört, dass beide Seiten genügend Flexibilität und Freiräume haben, um während der langen Laufzeit auf Änderungen reagieren zu können.

Während des Projektverlaufs ist es Aufgabe der öffentlichen Hand, zu kontrollieren, ob die vereinbarten Leistungen auch wirklich erbracht werden. Nur dann muss der volle Vertragspreis gezahlt werden.

Damit bleibt es weiterhin Aufgabe von Bund, Ländern und Kommunen, die Erfüllung öffentlicher Aufgaben sicherzustellen. Die Rolle der öffentlichen Verwaltung wandelt sich mit PPP vom operativen Betreiber zum Controller.

Anrede! -Das Gutachten zeigt, dass es zahlreiche Beispiele gibt, bei denen mit PPP-Elementen bereits mit deutlichen Effizienzgewinnen, guter Qualität und hoher Kostensicherheit gebaut wurde.

Darauf müssen wir aufbauen. Wir müssen dazu kommen, echte Betreibermodelle umzusetzen. Das heißt, auch in Deutschland muss der eben beschriebene Lebenszyklusansatz im Zentrum der Planungen öffentlicher Investitionen stehen.

Was bedeutet das für die öffentliche Bauverwaltung und die privaten Investoren?
PPP wird nur dann erfolgreich sein, wenn das dritte P - die Partnerschaft - ernst genommen wird. Beide Seiten müssen als Partner denken und handeln.

PPP heißt eben nicht: der Private kann alles besser. Der Schlüssel zum Erfolg liegt darin, mit Hilfe der richtigen Anreize die besten Kräfte von Verwaltung und Wirtschaft zusammenzubringen. Das verlangt intensive und interdisziplinäre Kooperation. Darauf muss besonders die Verwaltung vorbereitet werden.

Herr Conradi hat kürzlich für die Bundesarchitektenkammer auf der Fachkonferenz des BMVBW zur Vorstellung des Gutachtens eine Reihe von Fragen gestellt, die insbesondere die Rolle der Architekten und künftige Ansprüche an die Qualität berühren.

Ich bin froh, dass die BAK im Lenkungsausschuss vertreten ist und gemeinsam mit den anderen Partnern um Antwort ringen wird. Erstes Ergebnis wird das für Jahresmitte angekündigte PPP-Handbuch für Architekten und Ingenieure sein.

Wie geht es weiter?

Die Auftraggeber haben inzwischen die vorgelegten Handlungsgebote der Gutachter geprüft und noch im Dezember detaillierte Beschlüsse gefasst.

Schwerpunkte sind die Schritte zur Umsetzung der Gutachtervorschläge im Bereich der rechtlichen Rahmenbedingungen (Vergaberecht, Haushaltsrecht, Kommunalrecht, Gebührenrecht, Zuwendungsrecht, Steuerrecht und Arbeitsrecht). - Wegen der großen Tragweite der Gutachtervorschläge werden wir hier nichts übers Knie brechen können.

Daneben werden in den nächsten Wochen erste Pilotvorhaben ausgewählt, um wichtige praktische Erfahrungen zu sammeln.

Zugleich werden wir auf die Installierung der Task Force beim BMVBW noch im Frühjahr 2004 hinarbeiten. Es ist nicht das Anliegen, eine neue Behörde zu schaffen. Vielmehr soll die Kompetenz vor Ort einbezogen werden.

Das dazu ins Auge gefasste Kompetenznetzwerk soll
  • die im Gutachten entwickelten Vorschläge umsetzen helfen,
  • die notwendige Verzahnung zu Länder-Kompetenzzentren, Bundesressorts und Bund-Länder-Gremien gewährleisten
  • und mit der notwendigen Wissensvermittlung PPP-Projekte unterstützen.
Haben Sie bitte Verständnis und Geduld dafür, dass ich hier noch nicht alle Details vortragen werde - dazu wird bald Gelegenheit sein.

Anrede! - Die Bundesregierung will den vermehrten Einsatz von PPP-Modellen anstoßen. Deshalb werden wir die vielfältigen Initiativen auf diesem Gebiet konsequent fortführen und bündeln. Die Bundesregierung wird das aus ihrer Sicht Erforderliche und Mögliche tun, um die Rahmenbedingungen weiter zu verbessern.

veröffentlicht am 26.01.2004 von Susann Weber · Rubrik(en): News, Berufspolitik / Kammerarbeit

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