Einblicke in Sanierung, Geschichte und Zukunftsperspektiven
Eindrücke von der Exkursion der Kammergruppe Gotha zu Schloss Reinhardsbrunn
Am 21. Juli 2025 fand eine von der Kammergruppe Gotha organisierte Exkursion in das bereits lange leerstehende Schloss Reinhardsbrunn statt. Johann Philipp Jung vom Thüringer Ministerium für Digitales und Infrastruktur begeisterte die Kolleginnen und Kollegen, darunter auch Kammerpräsidentin Ines M. Jauck, mit einer spannenden und sehr umfassenden Führung durch die Baustelle und den Park.
Herr Jung empfing uns am Westtor des Schlossparks und erläuterte den historischen Kontext der Anlage, beginnend mit der Gründung als Benediktinerkloster Reinhardsbrunn durch Ludwig den Springer, den späteren Landgrafen von Thüringen, um 1085. Die Entstehung des heutigen Schlosskomplexes (1827–1835) und die Anlage des Landschaftsparks unter Herzog Ernst I. war der Auftakt für verschiedene Nutzungen, wie beispielsweise Feuerwehrschule und Hotelbetrieb, bis hin zum Leerstand und Verfall. Schließlich mussten Schloss und Park zur Rettung enteignet werden – der Beginn einer Mammutaufgabe.
Vom Tor aus ging es los – vorbei an Kavaliershaus und Marstall sowie an riesigen Exemplaren teils seltener Bäume. Mit Baustellenschuhen und Helmen ausgerüstet, betraten wir das Erdgeschoss, und Herr Jung berichtete vom derzeitigen Stand der Sanierungs- bzw. Sicherungsarbeiten, von Wasserschäden über „gestohlene“ bzw. verschwundene Elemente bis hin zu deren Wiederentdeckung, wie beispielsweise den Fenstern des Gebäudes. Diese waren in einer Tischlerei eingelagert. Anderes, wie verschiedene Ausstattungen, wurde nach umfangreichen Recherchen und langer Suche an unmöglichsten Stellen, wie zum Beispiel unter Treppenabsätzen oder in Abstellräumen anderer Museen oder öffentlicher Gebäude, wiedergefunden. Im Obergeschoss mit der Herzogloge konnten wir die Spuren von Wasserschäden und anderer baulicher Mängel, die zum großen Teil bereits behoben oder gesichert wurden, besichtigen. Die verschiedenen Nutzungen, insbesondere die Hotelnutzung, haben mit Einbauten und Änderungen ebenfalls ihre – meist negativen – Spuren hinterlassen. Im Anschluss ging es hoch hinaus, und zwar ins Dach. Die frei liegende Dachkonstruktion wird natürlich durch ein Wetterschutzdach trocken gehalten.
Über das Gerüst ging es für uns anschließend nach unten und durch ein Fenster in das Stockwerk der Kapelle. In der Kapelle finden zurzeit die letzten Restaurierungsmaßnahmen für die Eröffnung im September dieses Jahres statt. Die Exkursion bot die letzte Möglichkeit, die Kapelle vor der Eröffnung zu besichtigen – da hatten wir Glück. Wir wurden gebeten, keine Fotos vor der Eröffnung der Schlosskapelle zu veröffentlichen – wegen des Überraschungseffekts. Aber so viel sei schon mal verraten: Ein Besuch der Kapelle wird sich auf jeden Fall lohnen!
Nach diesem Highlight führte uns Herr Jung durch den Park nordöstlich des Schlosses zurück – der Bereich, in dem sich Teile der Grundmauern der ursprünglichen Klosteranlage finden. Außerdem hat der restaurierte und wieder zusammengesetzte Mönchstisch – eine große Steinplatte, die nur noch in Bruchstücken aufgefunden wurde – nun neben der alten Linde wieder seinen Platz eingenommen.
Im Anschluss hatten wir Gelegenheit, mit Herrn Jung über verschiedene Themen wie z. B. Schwierigkeiten im Umgang mit Denkmalen kurz nach der Wende, Nutzungskonzepte im Laufe der Zeit, aber vor allem in der Zukunft zu diskutieren.
Wir danken Herrn Jung für eine lehrreiche, spannende und sehr umfassende Führung durch ein geschichtsträchtiges und wichtiges Denkmal der thüringischen Kulturgeschichte. Wir haben gesehen, wie viel Engagement, Wissen und Mut – und nicht zuletzt finanzielle Ressourcen – notwendig sind, um ein solches Projekt zu starten, zu betreiben und am Ende auch zu unterhalten. Eine Aufgabe, für die sich sicherlich nicht leicht Investoren finden lassen, und vor allem aber eine Aufgabe, die aufgrund der kulturellen Bedeutung und Größe auch immer zum Teil Aufgabe der Gesellschaft bleiben wird.
Bleibt nur noch zu hoffen, dass für Schloss Reinhardsbrunn bald ein tragfähiges Nutzungs- und Betreiberkonzept gefunden wird, damit die vollständige Sanierung und die spätere Erhaltung gesichert sind.
Hans-Jörg Kind