„Stadtabbau“ am Hirschgarten
Leserbrief
Am 09.04.02 fand die Sonderratssitzung zum Bundeswettbewerb Stadtumbau Ost Erfurt statt. Die von am 15.4.02 gegenüber dem OB schriftlich geäußerte Kritik zum vorgelegten Konzept, wurde nicht nur in den Wind geschlagen, sondern überhaupt keiner Antwort gewürdigt.
Dieses Stadtumbau-Konzept, das von dem honorigen Büro ANP aus Kassel- offensichtlich einem Lieblingskind der Stadtplanung bei der Bauverwaltung Erfurt- für den Stadtumbau Erfurt ausgearbeitet und vorgetragen wurde, gründete auf 2 Paradigmen:
Europäische Stadt und
Wasser (-Stadt )
Das erste ist hohler Pathos und angesichts der herrlichen außereuropäischen Städte gelinde gesagt eine Hybris oder eine Ausgrenzung? Weder der Tourist noch der Erfurter Bürger wünschen jedenfalls die Indifferenz einer Europäischen Stadt, das unverwechselbare Erfurt ist angesagt !
Das zweite Paradigma „Wasser“ ist grotesk und lächerlich zugleich angesichts unserer bescheidenen Gera, die eher die Zierlichkeit eines Baches denn eines Flusses oder gar eines Stromes hat.
Vielleicht haben sich die Kaßler Dokumentatoren ja daran erinnert, dass Erfurt Mitglied der Hanse war. Bei dem Wort Hanse muss sich ja zwangsläufig die Assoziation zu Wasser einstellen oder war es eine Zwangsidee in Ermangelung anderer? Warum in die Ferne schweifen, die Ostsee liegt näher als das Mittelmeer!
Es kam wie es kommen musste.
Im Bundeswettbewerb Stadtumbau Ost verwies die Jury die Stadtverwaltung Erfurt mit ihrem Stadtumbau-Konzept auf einen hinteren Platz. Nachsitzen ist angesagt. Welch ein Affront, angesichts der intelligenten Dokumenta für den Stadtumbau Erfurt des Spiritus Rektors aus Kassel.
Woran das nur liegen mag, die einheimischen Architekten und Stadtplaner wurden wegen Inkompetenz erst gar nicht einbezogen oder zur Mitarbeit aufgefordert, allenfalls im Tandem mit ihren westlichen Kollegen..
Da sind nun extra die Spezialisten aus Kassel am Werk gewesen, und dann dieses Fiasko. Daran sieht man: Schröpfköpfe sind nicht der medizinischen Weisheit letzter Schluss.
Stimmte womöglich das Konzept nicht?
Natürlich, endlich dämmert es: Erfurt ist und war immer eine europäische Stadt, das braucht sie nicht erst werden, aber seine Typik erkennen, definieren, bewahren und ausbauen, das hätte das Ziel sein müssen.
Vielleicht sollte sich die Stadtverwaltung daran erinnern, dass es auch in Erfurt Architekten und Stadtplaner gibt, die mit Herz und Verstand mit ihrer Stadt verbunden sind und zusätzlich dem städtischen Fiskus Steuern einspielen, die sonst als Aderlass nach Hessen, Bayern, usw. gehen!
Und was ist mit dem Paradigma „Wasser“? Nun ja, daran hapert es tatsächlich.
Vielleicht kann man da ja doch etwas nachhelfen.
Die Diskussion um das skandalträchtige Bauloch am Hirschgarten (TLZ 27.9 und 1.10.03), der eine so wechselvolle Planungs- und Baugeschichte hinter sich hat, der Wunsch und die durchaus nachvollziehbaren Forderungen z.B. der SPD nach Alternativen, beflügeln die Phantasie.
Machen wir doch daraus einen See, möglichst unter Einbeziehung des Hirschgartens, so eine Art Binnen-Alster mit ehemaliger kurmainzischer Satthalterei oder doch Statthalterei (?) als Bootshaus, eigener Wasserachse, mit schwimmenden Hirschen oder besser Elchen?..Die Phantasie ist wie die Richterskala, nach oben offen, aber außerdem honorarpflichtig!
Beim nächsten Bundeswettbewerb ist uns der erste Platz im „Stadtabbau“ sicher.
Dr. Andres, Günter Architekt BDA, Erfurt