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Vorgehensweisen für eine erfolgreiche Projektdurchführung im Ausland

Beitrag von Andreas Reich, gildehaus.reich architekten BDA

Anläßlich des NAX-Exportforums im Rahmen des Mitteldeutschen Architektentages am 03. Februar 2006 in Leipzig wurde die weimar architects ag um einen Erfahrungsbericht zum Thema „erfolgreiche Projektdurchführung im Ausland“ gebeten. Darüber hinaus wurden in weiteren Vorträgen die Themen „Aufbau von Netzwerken“, Aquisitionsstrategien“ und „Risiko-Minimierung“ behandelt. Unser Referat reflektiert und resümiert ein inzwischen knapp drei Jahre andauerndes Auslands-engagement – hauptsächlich in der VR China. Die Hauptthesen des Vortrages sind nachfolgend schlaglichtartig zusam-mengefaßt. Sie wollen sich ausdrücklich nicht als Erfolgsrezept, sondern als persönliche Momentaufnahme verstanden wissen. Denn auch wir sind nicht am Ziel, sondern bestenfalls auf dem Weg hin zu erfolgreichem Planen und Bauen im Ausland, lernen jeden Tag dazu... positives wie negatives.

Wir – die weimar architects ag – das sind „brain“ und manpower“ von drei mittelständischen Architekturbüro´s*, allesamt ansässig in Weimar und seit 2004 Gesellschafter einer gemeinsamen Aktiengesellschaft. Die Idee zu diesem in gewisser Weise „virtuellen“ Unternehmen (mit in der Summe immerhin gut 40 Mitarbeitern) entstand nach ersten Erfahrungen der Mitgesellschafter im Zusammenhang mit den Planungen zur „Deutschen Stadt“ Anting New Town vor den Toren Shang-hai´s im Jahr 2003. Unsere Quintessenz damals; um den Anforderungen ausländischer Auftraggeber und Bauaufgaben gewappnet zu sein, bedarf es in vielfacher Hinsicht anderer, leistungsfähigerer Strukturen, als jeder einzelne von uns diese aufbauen und vorhalten könnte. Unsere Hoffnung: das Ganze könnte mehr sein als die Summe seiner Teile! Wir arbeiten daran.

(* weimar architects ag, das sind Schettler & Wittenberg, Nitschke & Donath und gildehaus.reich architekten)

Doch nun zum Thema. Wie gesagt – bewußt schlaglichtartig aufbereitet und ebenso pointiert wie unvollständig dargestellt...

Zutritt nur für Schwimmer – Aber offen für viele Leistungsklassen
bevor sie den Sprung in internationale Gewässer wagen bewerten sie ihre Leistungsfähigkeit und Interessen!
die Arbeit im Ausland erfordert in jedem Falle funktionierende Strukturen zuhause adäquate Kraft- und Geldreserven und die Bereitschaft, sich auf fremde Kulturen einzulassen!

Andere Länder – Andere Sitten
gehen sie bitte davon aus;
im Zweifel ist draussen nichts so wie „zuhause“ nicht die Denkmuster, nicht die Verfahrensschritte, nicht die Zahlungsmo-ral, nicht die Bauvorschriften, und auch nicht Speisekarte + Tischsitten.

Studieren Sie ihr Zielgebiet
machen sie sich vertraut mit den gesellschaftspolitischen kulturellen klimatischen Rahmenbedingungen „ihres“ Auslandes
ergründen sie deren/dessen Besonderheiten begreifen sie den Unterschied zu ihren eigenen Wurzeln, denn nur so schaf-fen sie notwendiges Problembewußtsein und Weitblick bei sich selbst…!

Kultureller Dialog oder Warenexport
die Wahrheit liegt vermutlich irgendwo dazwischen oder pendelt zum Teil heftig zwischen beiden Polen einerseits „verkau-fen“ wir der Welt ein Produkt,„Deutsche Architektur“, andererseits steht unsere Arbeit im lokalen Kontext und der unter-scheidet sich nun einmal erheblich zwischen Shanghai und Meran (um bei Beispielen aus unserem Aktionsgebiet zu blei-ben).

Gegensätze integrieren
deutsche Grundrisse versus chinesische Bewohner, deutsche Details versus tropische Klimazonen, deutsche Gründlich-keit versus italienische Lebensfreude, deutsche Nüchternheit versus orientalische Ornamentik, all dies sollte nicht unreflek-tiert aufeinandertreffen, „Integrations–Baustellen“ gibt es also genug!

Prüfen Sie Ihren Bauherrn
will er s i e - weil er sie kennt…? sucht er „internationale“ Qualität…? und kann er diese auch bezahlen…? hat er einen ästhetischen Anspruch…? oder geht es ihm eigentlich doch nur um max. Profit…?! finden sie die Antworten… sehen sie den Tatsachen ins Auge und handeln sie entsprechend…!

Made in Germany – assembled in China
„Qualität“ hat ihren Preis – gewiß, aber sie stehen im Wettbewerb zu anderen Anbietern! um wirtschaftliche Angebote machen zu können, müssen sie (häufig) lokale Dienstleistungen integrieren. z.B. Modellbau, 3D-Animationen, das birgt Aufwand + Risiken kann sie aber zum Teil auch erheblich entlasten…!

SIE sind der Fremde!
man wird ihnen Gastfreundschaft entgegenbringen, verwechseln sie diese nicht mit „echter“ Freundschaft!
man wird sich heute mit ihnen schmücken, und morgen in aller härte mit ihnen verhandeln!
ihr „schönes Design“ wird viel öffentliches Lob erfahren und wenig später in seinen Grundfesten erschüttert
weil z.B. die lokale Vorschrift zur Besonnung in 1 von 92 Klassenzimmern nicht exakt eingehalten wurde.

Sie brauchen lokale Partner – von Anfang an.
komplexe Planungen erfordern lokales Know-How… und zwar nicht erst während der Bauausführung!
suchen sie frühzeitig kollegiale Unterstützung…arbeiten sie partnerschaftlich, nicht „von oben herab“!
setzen sie auf Kontinuität der Köpfe…und vertrauen zwischen Bauherr, „Local“ und ihnen!
besonders „wertvoll“ sind Partner, denen auch „unsere“ Kultur vertraut ist…!

Projekte im Ausland erfordern Präsenz vor Ort
schaffen sie Arbeitsraum für sich und ihre Mitarbeiter…ggf. als „Untermieter“ bei ihrem lokalen Partner!
fast alles ist besser als ein Koffer-Office im Hotel! kalkulieren sie Zeit und Geld für Arbeitsaufenthalte ein!
je nach Projekt und Standort brauchen sie u.U eigenes Personal und eigene Räume…aber keine Angst, auch das lässt sich regeln

Die Deutschen – die haben doch immer einen „Plan B“
sie sollten sie sich merken, diese „Weisheit“ eines chinesischen Auftraggebers.
denn sie werden ihn brauchen - ihren Plan B! Sie werden Flexibilität beweisen müssen
und die Fähigkeit, von gewohnten Denkmustern + Strategien abstand zu nehmen.
mit anderen Worten...

SIE müssen sich bewegen!
um Vertrauen aufzubauen… um Wege aufzuzeigen…um Fehlern vorzubeugen…um ihre Vorstellen zu kommunizieren…um Konflikte zu bewältigen…um Menschen zu führen…und zu guter letzt ihre Ziele zu erreichen

Sehenden Augens...
all dies müssen sie wissen…und aushalten können!wenn sie dann immer noch „springen“ wollen…in das für sie richtige Gewässer…können wir sie dazu nur beglückwünschen + ermutigen, denn im Ausland zu arbeiten ist mit Sicherheit eines;
eine nicht zu unterschätzende Horizonterweiterung! und darüber hinaus hoffentlich auch eine ernst zu nehmende Mög-lichkeit, der wirtschaftlich schwierigen Situation hierzulande neue Perspektiven und alternative Märkte entgegenzusetzen.

Büros im Architekturführer

veröffentlicht am 10.04.2006 von Birgit Kohlhaas · Rubrik(en): Export, Berufspraxis, News, Export

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