Wi(e)der die Korruption am Bau?!
Pressemitteilung 05/2004 der BAK, Berlin, 12.03.04
Bundesarchitektenkammer
Dr. Claudia Schwalfenberg
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Das Münchner Fußballstadion oder: Mit Brille wär das nicht passiert?
Durchsicht, Durchsichtigkeit von Verfahren - die Transparenz von Auftragsvergaben ist zumindest bei öffentlichen Auftraggebern ein tragender Grundsatz. Die Vergabe einer hochwertigen Leistung zu Lasten des Steuerzahlers soll möglichst bis zuletzt für alle durchschaubar und dadurch kontrollierbar sein. Ziel ist die Ermittlung des wirtschaftlichsten Angebots. So die (gute) Theorie!
Dass öffentliche oder "halböffentliche" Auftraggeber diese Vergaberegeln nicht sonderlich lieben, ist ebenfalls bekannt. Allerdings hat dies mehr mit dem komplizierten Vergaberecht zu tun als mit dem vergaberechtlichen Ziel der Ermittlung des wirtschaftlichen Angebots, eingeschlossen die Verhinderung von Korruption.
Was hat dies alles mit dem Münchner Fußballstadion zu tun?
Zunächst einmal: Es handelt sich im vorliegenden Fall nicht um öffentliche, sondern private Auftraggeber (die beiden Vereine aus München). Sollte allein deshalb die Wirtschaftlichkeit der Vergabe keine Rolle spielen?
Von Anfang an bewusst verzichtet wurde von diesen Auftraggebern auf das gerade auch unter Kontrollgesichtspunkten bewährte Prinzip der Trennung von Planung und Ausführung. Alle Leistungen wurden unter Vernachlässigung von - wie sich im Nachhinein herausstellt notwendiger - Transparenz und damit Kontrollen und Plausibilitätsprüfungen vergeben. Verzichtet wurde insbesondere auf das Spannungsdreieck Bauherr - Architekt - Unternehmer, das allein schon wegen der wechselseitigen Kontrolle in Verbindung mit der fachlichen Kompetenz und Unabhängigkeit der Architekten Korruption wirkungsvoll hemmt.
Das gesamte benötigte Paket wurde als Generalübernehmerleistung ausgeschrieben. Dies ist zwar auf den ersten Blick für den Auftraggeber komfortabel, verhindert aber oft, wenn nicht in der Regel, Kostentransparenz und damit Kostenkontrolle sowie eine Überprüfung der Wirtschaftlichkeit. Bundesrechnungshof und Landesrechnungshöfe bestätigen das in jährlichem Rhythmus durch ihre Berichte. Dass solche globalen Ausschreibungen und Vergaben, die auf einen Gesamtpreis "für alles" (und damit auch inklusive möglicher Schmiergelder) hinaus laufen, die Korruptionsanfälligkeit solcher Vergaben befördern, versteht sich von selbst.
Im vorliegenden Fall kann das zum Zuge gekommene Angebot wohl schon deshalb nicht das wirtschaftlichste gewesen sein, weil im Entgelt beträchtliche Summen an Schmiergeldern "einkalkuliert" werden konnten.
Die Bundesregierung (insbesondere das Wirtschaftsministerium) berät zur Zeit im Zusammenhang mit dem so genannten Masterplan "Bürokratieabbau" eine Verschlankung des deutschen Vergaberechts, d.h. einen Abbau von Regelungen des Vergabeverfahrens. Zugegebenermaßen sind, nicht nur im Vollzug europarechtlicher Vorgaben, die Vergabeverfahren oberhalb bestimmter Schwellenwerte gelegentlich unangemessen schwerfällig und wegen der möglichen (für den Auftraggeber problematischen) Verzögerungen durch den Rechtsschutz unterlegener Bieter reformbedürftig. Alle Bemühungen, das Vergaberecht im Vollzug ohne objektiv überflüssigen Aufwand betreiben zu können, dürfen aber nicht dazu führen, bei der Vergabe hochwertiger Leistungen die Chancengleichheit der Bieter und die notwendige Transparenz und Kontrollierbarkeit letztlich zu Lasten des Steuerzahlers einzuschränken. Entsprechende Regelungsentwürfe des Wirtschaftsministeriums zur Verschlankung des Vergaberechts sollten gerade unter diesem Gesichtspunkt einer gründlichen Überprüfung unterzogen werden.