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Baukultur-Festival Thüringen 2025

Baukultur als Strategie für Transformation

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Das Festival war geprägt von intensiven Momenten des Austauschs und der Vernetzung im Sinne der Bauwende, Bild: Thomas Müller

Der Duft von Safrankuchen zur Begrüßung, Lavendelbrause in der Hand – und gleich diskutieren Schüler*innen, Architekt*innen und Verwaltungspionier*innen über die Zukunft des Bauens.

Auf der Freifläche wird gemeinsam ein Kompost aus Pilzmycel errichtet, auf der Dachterrasse beim Pilzdöner über die Kantine der Zukunft gesprochen und der Minister für Infrastruktur und Digitales bleibt noch etwas länger im Eiermannbau. Szenen wie diese prägten das Baukultur-Festival 2025: drei Tage, in denen Baukultur als kollektive Aufgabe erlebbar wurde.

Die Kraft der Vielen
Das Festival zeigte eindrucksvoll, dass Baukultur nicht von Einzelnen, sondern in Netzwerken entsteht. Über 400 Teilnehmende, mehr als 60 Impulse und zahlreiche Kooperationspartner*innen gestalteten das Programm. Werkstätten behandelten Themen wie Demokratie-Orte in Thüringen, baukulturelle Bildung oder Leerstand als Ressource. Von der Stiftung Baukultur Thüringen mit einer Mikrofinanzierung ausgestattete Projektinitiativen präsentierten, wie mit kleinen Mitteln große Wirkung erzielt werden kann. Das Miteinander stand immer im Vordergrund: Denn Baukultur ist kein Expertendiskurs, sondern eine gemeinsame gesellschaftliche Praxis und das Baukultur-Festival übersetzt diesen Anspruch einmal im Jahr in eine dreitägige Veranstaltung.

Gemeinwohl als Leitmotiv
Im Zentrum des Festivals stand die Frage, wie Gemeinwohl wieder Maßstab unserer Bau- und Planungsprozesse werden kann. Vom Winzer aus der Nachbarschaft über organisierte Fachnetzwerke bis zu Vertreter*innen der Bundes- und Landespolitik – sie alle waren dabei und brachten ihre Perspektiven und Arbeitsweisen für lebenswerte Innenstädte, inklusive öffentliche Räume und eine gute Gestaltung unserer gebauten Umwelt ein.

Am ersten Abend setzten die Eröffnungsreden von Minister Steffen Schütz, Dirk Neubauer von dne.partners, Reimar Molitor von der REGIONALE 2025 und Anna Meincke von Dachgemüse bereits den Ton für die kommenden Tage. Die Impulse machten den Reformbedarf in Verwaltungen und vor allem die Möglichkeiten für Veränderungen deutlich. Dazu gehören Mut zum Experiment, Vertrauen ineinander und handlungsfähige Kommunen als Schlüssel für die lokalen Transformationsaufgaben. In einer Werkstatt mit der Bundesstiftung Baukultur, der Kleinstadtakademie und dem Bundesbauministerium gab es ein Update, wo und wie auf Bundesebene an der Bauwende gearbeitet wird. In regionalen Werkstätten kamen anschließend Vertreter*innen der Orte der Demokratie, des Denkmalnetzes Thüringen, der AG Baukulturelle Bildung der Architektenkammer Thüringen und LeerGut-Interessierte zusammen.

Am Freitag stellte die Montag Stiftung Urbane Räume ihr Buch Gemeinwohl bauen vor. Alexander Koch von der gemeinnützigen Organisation Neue Auftraggeber berichtete im Gespräch mit Stiftungsvorständin Katja Fischer, wie Bürger*innen selbst die Beauftragung von Kunst- und Kulturprojekten in ihren Dörfern und Städten übernehmen können.

Umbaukultur und Ressourcengerechtigkeit
Engagierte und Modellprojekte zeigten, wie Bestände in ländlichen Räumen aktiviert werden können, eine Ausstellung und Podiumsdiskussion der Bauhaus-Universität Weimar öffneten den Blick auf den Thüringer Wald. Denn auch Kulturlandschaften stehen unter Druck und erleben sichtbare Veränderungen im Anthropozän mit Auswirkungen auf das Zusammenleben im Natur-, Kultur- und Wirtschaftsraum. Junge Architekt*innen wie Jurek Brüggen, Katharina Wittke, Diana Felber und Laura Bracke stellten ihre architektonische Praxis für die Bauwende vor, welche oft abseits klassischer Beauftragungen stattfindet, politisch ist und ein erweitertes Berufsverständnis abbildet. Ein Austausch mit Studierenden und Hochschullehrenden setzte die Perspektive der jungen Generationen fort und fragte nach der Bauwende in der Lehre. Auch hier passiert jede Menge, vom selbstorganisierten studentischen Netzwerk nexture+ über neue Lehrformate und Themenfelder bis zu Mission Statements ganzer Institutionen – alles im Sinne einer Ausbildung für eine enkeltaugliche Welt. Diese vielen kraftvollen Stimmen in Apolda zu versammeln war großartig.

Auch das Festival selbst stellte sich erneut konsequent dem Ressourcenthema: Die Szenografie bestand aus Eiermann-Tischgestellen aus dem Fundus der Stiftung, Namensschilder wurden aus Stoffresten genäht, gekocht wurde mit Biogas aus Lebensmittelresten – jedes Detail war Ausdruck der Stiftungshaltung, Ressourcen im Sinne unserer Zukunft klug einzusetzen. Dies wäre ohne das Netzwerk morgen aus Hamburg nicht denkbar gewesen. Das eingespielte Team gestaltete gemeinsam mit der Stiftung und Partner*innen aus dem Apoldaer Umland das sensorische Gerüst des Festivals.

Festival als Resonanzraum
Die Mischung aus Fachlichkeit und Alltag, aus Workshops, Ausstellungen und gemeinsamen Essen und Netzwerken machte den Eiermannbau für drei Tage zum Resonanzraum einer Gesellschaft im Kleinen – einer Gesellschaft, die Baukultur nicht auf Bauen reduziert, sondern als kulturellen Wandel versteht. Das Baukultur-Festival 2025 hat deutlich gemacht: Baukultur ist Gemeinwohlarbeit. Sie gelingt, wenn viele Perspektiven zusammenkommen und Prozesse im Sinne von Umwelt, Gesellschaft und Zukunftsfähigkeit gestaltet werden. Die Stiftung Baukultur Thüringen hat sich dabei als Anstifterin und Plattform gezeigt – überzeugt davon, dass die Bauwende nur als gesellschaftliches Projekt gelingt.

Save the Date: Das nächste Baukultur-Festival findet vom 26. bis zum 28. August 2026 wieder im Eiermannbau Apolda statt.

veröffentlicht am 18.09.2025 von Björn Radermacher · Rubrik(en): News, Stiftung Baukultur Thüringen

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