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Jahrzehntelange Leidenschaft für Denkmale

Nachruf auf Architekt Gerhard Schade

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Gerhard Schade, Bild: Rüdiger Weingart

Text: Heinz Stade

Architekt Gerhard Schade ist verstorben. Ob „Arche“ oder „Haus zum Sonnenborn“ – den von ihm geplanten und betreuten Projekten begegnet man in der Erfurter Innenstadt allenthalben.

Im Oktober 1949 in Sachsen geboren, wo er auch Architektur studierte, kam Gerhard Schade 1974 nach Erfurt. Tätig im Büro des damaligen Stadtarchitekten Walter Nitsch, machte er sich Erfurts Altstadt rasch zu eigen. Ausgestattet mit dem Markenzeichen aktengroße lederne Umhängetasche, sah man ihn durch Keller, Dachböden und Hinterhöfe der Altstadt streifen. Am 18. August starb Gerhard Schade in seiner Wahlheimat, in der er viele Spuren hinterließ.

Neben der baulichen Sanierung denkmalgeschützter Einzelgebäude oder des herausragenden Ensembles Krämerbrücke wurden in der Stadt 1977 Modernisierungs- und Erhaltungsarbeiten in einem einzigen Altstadtquartier von vielen, dem Areal Arche/Domplatz, gestartet. Zu dieser Zeit hatte Erfurts historischer Kern, und also auch das Quartier Arche/Domplatz, einen Zustand des Verfalls erreicht, den Fachleute sehr exakt bezeichnen: Es war fünf vor zwölf. „Es wurde reihenweise abgerissen, Kampfgruppen machten sich im Rahmen sonnabendlicher Übungen beinahe einen Spaß daraus.“ Für den jungen Architekten Schade eine mit sichtbarem Erfolg gemeisterte Einstiegschance und so etwas wie der Ritterschlag für all die kommenden Denkmalprojekte in Erfurt und später weit darüber hinaus.

Passiert man dieses Stadtviertel vom Domplatz aus durch die Mettengasse, öffnet der großräumige, lichte, mit einigem Grün durchwirkte Archehof. Ein Musenhof, wie die Bremer Stadtmusikanten auf dem Brunnen signalisieren. Bis in die 1970er Jahre war dieser Eindruck eines menschen- und musenfreundlichen Innenhofes nicht zu haben. Bedenkt man, dass für den Hof, wie er sich heute darbietet, einige städtebaulich markante Seiten- und Hintergebäude weichen mussten, war der Preis durchaus hoch.

Doch hält sich der Gewinn für jene, die hier leben und für alle, die durch den Musenhof flanieren, damit wohl die Waage. Ein Platz zum Schauen ist das. Dominant der alle Blicke auf sich ziehende ehemaligen Waidspeicher. Seit seiner 1986/87 vollendeten Sanierung führt er als Spielstätte für das Kabarett „Die Arche“ und für das einheimische Puppentheater ein neues Dasein, wie man es sich sinnvoller kaum vorstellen kann.

Außerhalb des Archehofes ist das 1546 erbaute „Haus zum Sonnenborn“ der uneingeschränkte Star. Weil dem so ist, reservierte man den früheren Waidjunker- und Biereigenhof auch für die schönste Sache der Welt, das Heiraten. Dessen Sanierung wurde zum Abenteuer, wie Schade seinerzeit gegenüber unserer Zeitung schilderte: „Durch zahlreiche Eingriffe und die damit verbundenen unterschiedlichen Nutzungen, zuletzt als Gaststätte, war die Bausubstanz so stark geschädigt, dass das Gebäude nahezu komplett abgetragen und unter Verwendung historisch wertvoller Bauteile wieder aufgebaut wurde. Dabei machten wir richtig tolle Entdeckungen. So sind wir unter zig Schichten von Tapeten auf bemaltes Holz gestoßen. Beim weiteren Freilegen stellte sich das Ganze als Bohlenstube heraus.“

1990 wechselte Gerhard Schade den Schreibtisch innerhalb Erfurts und trat in das mit einer Außenstelle in Erfurt beginnende Darmstädter Büro Rittmannsperger + Partner ein. Als dieses Büro 2014 geschlossen wurde, gründete Schade mit zwei Kollegen von dort eine neue Bürogemeinschaft. Der Dom, die heute zum Weltkulturerbe zählende Alte Synagoge, der Krönbacken oder die Burse am Kreuzsand 9 gehören allein in Erfurt zu Bauten, welche die Handschrift des in diesen Tagen verstorbenen leidenschaftlichen Denkmal-Architekten tragen.

Hinweis: Der Nachruf ist in der Thüringer Allgemeinen vom 06.09.2024 erschienen und wurde uns vom Autor Heinz Stade freundlicherweise zur Veröffentlichung zur Verfügung gestellt. (Link: https://www.thueringer-allgemeine.de/lokales/erfurt/article407182420/nachruf-auf-gerhard-schade-er-bescherte-erfurts-altstadt-einen-musenhof.html)

veröffentlicht am 11.09.2024 von Björn Radermacher · Rubrik(en): News

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