Nachhaltigkeit und Wandel im Bausektor — Impulse und Forderungen
Rückblick auf den Thüringer Bautag 2024
Der vierte Thüringer Bautag am 7. November 2024 bot eine Bühne für Diskussionen rund um die aktuellen Herausforderungen im Bausektor.
Auf Einladung der Architektenkammer Thüringen, der Ingenieurkammer Thüringen, des Bauindustrieverbands Hessen-Thüringen e. V. und des Verbands baugewerblicher Unternehmer Thüringen e. V. kamen mehr als 160 Fachleute in das Congress-Center der Messe Erfurt. Im Mittelpunkt der Veranstaltung standen die kritische Auseinandersetzung mit der anhaltenden Krise im Bauwesen und die Perspektiven für eine wirtschaftlich starke Wertschöpfungskette Bau in Thüringen.
In der Podiumsdiskussion wurde die dramatische Situation in den Planungsbüros, der Bauwirtschaft und den baugewerblichen Unternehmen mehr als deutlich: Der zunehmende bürokratische Aufwand und tausende Bauvorschriften verhindern zunehmend die Fokussierung auf die wesentlichen und elementar zielführenden Bau- und Planungsaspekte. Der Fachkräftemangel, das Ende der Niedrigzinsphase und hohe Baukosten konterkarieren zudem wirtschaftliches Bauen.
Die Diskutanten der Kammern und Verbände unterstrichen einmal mehr die Bedeutung stabiler politischer Rahmenbedingungen, auch im Hinblick auf eine schnellstmögliche Regierungsbildung in Thüringen. Ines M. Jauck, Präsidentin der Architektenkammer Thüringen, forderte eine dauerhafte Förderpolitik für energieeffizientes Bauen und warnte vor Kürzungen, die die Transformation im Bauwesen gefährden könnten. Zusätzlich betonte sie die Notwendigkeit vereinfachter Bauvorschriften und digitaler Bauanträge sowie die Stärkung von Nachhaltigkeitskriterien bei öffentlichen Vergaben.
Ein weiterer Impuls von Jauck war die Rückkehr bzw. die Besinnung auf das „einfache Bauen“. Der Fokus müsse auf reduzierte und notwendige Gebäudetechnik sowie möglichst einfache Ausstattung gelegt werden. Auch der Wert bestehender Bausubstanz müsse überzeugend argumentiert werden. Der historische Bestand sei als Ressource wertzuschätzen, deren kulturelle Identität bei einer energetischen Sanierung nicht verloren gehen dürfe, so Jauck.
Im Anschluss stellte Dr. Martin Gude, Abteilungsleiter für Bauen, Wohnen und Stadtentwicklung im Thüringer Ministerium für Infrastruktur und Landwirtschaft, die Bau- und Wohnungsschwerpunkte der Landesregierung vor und stellte in Aussicht, dass die öffentliche Hand auch künftig ein stabiler Partner bleibt.
„Neubau und / oder Sanierung: Wohin entwickelt sich der Wohnungsmarkt im ländlichen Raum?“ lautete der Titel des Vortrags von Frank Emrich, Verbandsdirektor beim Verband Thüringer Wohnungs- und Immobilienwirtschaft e. V. Hier wurde eindrücklich und dezidiert die Divergenz zwischen erzielbaren Mieten und für Refinanzierungen benötigten Mieteinnahmen dargestellt.
Die Vertreter aus Jena (Lars Liebe, Fachdienstleister der Stadt) und Gera (Oberbürgermeister Kurt Dannenberg) berichteten über die unterschiedlichen Herausforderungen in den Städten. Während in Jena das wirtschaftliche Wachstum, der angespannte Wohnungsmarkt mit grenzwertig hoher Mietbelastung und die Mobilisierung von Bauflächen die bestimmenden Themen des Planens und Bauens sind, werden in Gera beim größten Bauvorhaben der Stadt, dem Kultur- und Kongresszentrum – einem Denkmal der DDR-Moderne – Baupreissteigerungen als großes Hemmnis einerseits und eine für Kommunen kaum zu bewältigende Förderlandschaft andererseits beklagt.
Der Geschäftsführer der Stadtwerke Weimar, Jörn Otto, gab einen sehr interessanten Einblick in die Umsetzung der Wärmewende durch Geothermie.
Über Grenzen und Möglichkeiten des modularen Bauens informierte Matthias Schodlok von der ADOBE Architekten + Ingenieure GmbH anhand eines modular errichteten Bürogebäudes für das Informationstechnikzentrum Bund (ITZBund) in Ilmenau. Die Zeiteffizienz wurde bei diesem Praxisbeispiel als Vorteil herausgearbeitet.
Daniel Schmidt von der Thüringer Aufbaubank zeichnete ein eindrückliches Bild vom „Förderdschungel“ mit 2.400 Förderprogrammen in Deutschland, davon allein 564 registrierten Programmen in Thüringen und 190 Programmen für Thüringer Kommunen, und mahnte zur Entschlackung, Zentralisierung und Standardisierung der Prozesse.
Rechtsanwalt Dr. Richard Althoff rundete den überaus informationsreichen Tag mit dem Thema „Leistungsänderungen bei Architekten- und Ingenieurverträgen“ ab.
Das Fazit des Bautages 2024 war eindeutig: Einfach, effizient und unbürokratisch – das sind die Eigenschaften, die die Wertschöpfungskette Bau in Thüringen braucht.
Weitere Informationen und Impressionen:
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