Neues Thüringer Architekten- und Ingenieurkammergesetz
Architektenkammer Thüringen aktiv am Gesetzgebungsprozess beteiligt
Das Thüringer Ministerium für Bau und Verkehr hat im Juni 2006 der Architekten- und der Ingenieurkammer Thüringen, der Bauhaus-Universität Weimar, der Fachhochschule Erfurt sowie zahlreichen Fachverbänden und Fachgremien den Gesetzentwurf „Thüringer Gesetz über die Architektenkammer, die Ingenieurkammer und den Schutz der Berufsbezeichnungen (Thüringer Architekten- und Ingenieurkammergesetz – ThürAIKG) zur Stellungnahme übergeben.
Das von der Bauministerkonferenz fortgeschriebene Musterarchitektengesetz und das von den Wirtschaftsministern beschlossene Musteringenieurgesetz sollen die Grundlage für das Landesgesetz sein. Dies soll die Berufsbezeichnungen der Architekten, Ingenieure und Stadtplaner und Berufsgesellschaften schützen und die Berufstätigkeit dieser Personen sowie die Struktur und Arbeitsweise der Architekten- und Ingenieurkammern regeln.
Zielstellung des TMBV ist die Novellierung des Thüringer Architektengesetzes und des Thüringer Ingenieurkammergesetzes und die Zusammenfassung zu einem einheitlichen Gesetz, um Doppelregelungen zu vermeiden. Weiterhin sollen europäische Richtlinien mit berufsrechtlichem Bezug in Landesrecht umgesetzt werden, damit in allen Ländern weitgehend gleiche Rechtsgrundlagen bestehen.
Das geplante gemeinsame Gesetz der Architekten und Ingenieure und die Regelungen zur Harmonisierung der Berufsausübung finden grundsätzlich die Zustimmung der Architektenkammer und der Ingenieurkammer Thüringen.
Die Architektenkammer Thüringen sieht folgenden notwendigen Regelungsbedarf, der im Gesetzentwurf noch keine Berücksichtigung gefunden hat:
1. Eintragungsvoraussetzungen
Die AKT fordert eine 4-jährige Regelstudienzeit in der jeweiligen Fachrichtung als Grundvoraussetzung für die Eintragung in die Architektenliste (auch Innen- und Landschaftsarchitekten und Stadtplanerliste) mit anschließender mindestens 2-jähriger Berufspraxis als Voraussetzungen für die Eintragung in die Architektenliste und Stadtplanerliste.
Gemäß Art. 46 der Richtlinie 2005/36/EG vom 07.09.2005 über die Anerkennung von Berufsqualifikationen wird als Minimum ein Architekturstudium mit 4 Jahren Regelstudienzeit gefordert. Innenarchitekten und Landschaftsarchitekten sollten hiervon nicht ausgenommen werden. Für Stadtplaner gibt es keine gesonderte Regelung.
Im Interesse des Verbraucherschutzes sollten die Politiker die vorgenannte Richtlinie auch im Sinne einer generellen 4-jährigen Regelstudienzeit für Architekten aller drei Fachrichtungen und Stadtplaner interpretieren und im ThürAIKG entsprechend regeln.
2. Fortbildungspflicht für Kammermitglieder und Nachweispflicht gegenüber der Kammer
Die AKT vertritt die Auffassung, dass die durch die Vertreterversammlungen der AKT beschlossene Fortbildungsordnung, entsprechend einer Empfehlung der Bundesarchitektenkammer, auch hinsichtlich der Nachweispflicht für die Mitglieder eine gesetzliche Verankerung finden sollte. Näheres regelt die Fortbildungsordnung der Architektenkammer Thüringen.
3. Pflichtmitgliedschaft im Versorgungswerk
Im Gesetzentwurf des ThürAIKG fehlt jegliche Regelung zu den Versorgungswerken der Kammern. Die abgeschlossenen Staatsverträge zu den Versorgungswerken müssen eine Rechtsgrundlage im Kammergesetz erhalten. Zur Geltung und Anwendung der vom Verwaltungsgericht Chemnitz geforderten gesetzlichen Regelungen zum Sächsischen Versorgungswerk bedarf der Staatsvertrag des Freistaates Thüringen mit dem Freistaat Sachsen zur Pflichtteilnahme der Thüringer Architekten an diesem Versorgungswerk einer Umsetzung in Landesrecht.
Die AKT spricht sich dafür aus, dass die bisherigen Regelungen zur freiwilligen Mitgliedschaft von Hochschulabsolventen in der Architektenkammer als „Bestand“ gewährleistet bleiben sollten, um ihnen schon zu Beginn ihrer praktischen Tätigkeit die Teilnahme am Versorgungswerk zu ermöglichen.
In das Gesetz sollten zum Versorgungswerk mindestens analoge Regelungen aus dem Thüringer Heilberufegesetz (ThürHeilBG vom 25 11 2004) aufgenommen werden.
4. Berufshaftpflichtversicherung für natürliche und juristische Personen als Mitglieder der Architektenkammer Thüringen
Es gehört zu den Berufspflichten des Architekten, eigenverantwortlich vertragliche Bindungen zum ausreichenden Versicherungsschutz, dem Umfang der Planungsaufgabe entsprechend, vor Beginn der Projektbearbeitung, einzugehen. Fraglich ist deshalb, in wie weit ein gesetzliches Regelungsbedürfnis zu einer Mindestversicherungssumme begründet ist. Aus Sicht der AKT wäre eine solche gesetzliche Vorgabe entbehrlich.
Bei Ausübung des Bauvorlagerechts kann über eine Nachweispflicht einer bestehenden ausreichenden Versicherungsschutz im Gesetz befunden werden.
5. Regelung der Eintragung bei Eintritt ins Rentenalter
Im Gesetz sollte eine Regelung aufgenommen werden, wonach unter Verzicht auf das Bauvorlagerecht auf Antrag das Mitglied die Berechtigung zur Führung der Berufsbezeichnung behält.
6. Erweiterung der Sanktionierungstatbestände
Die Nichtbezahlung von Mitgliedsbeiträgen gilt als Berufspflichtverletzung und damit als Ausschlussgrund als Kammermitglied. Dies sollte als Bestandteil in die Liste der Sanktionstatbestände aufgenommen werden.
Auch das Fehlen des gesetzlich vorgeschriebenen ausreichenden Versicherungsschutzes bei der Realisierung einer Planung sollte im Interesse des Verbraucherschutzes als Pflichtverletzung und Löschungstatbestand im Gesetz ausgewiesen werden.
Die Architektenkammer Thüringen und die Ingenieurkammer Thüringen haben neben einer gemeinsamen Stellungnahme jeweils noch getrennte Stellungnahmen zum Gesetzentwurf abgegeben.
Das Thüringer Architekten- und Ingenieurkammergesetz regelt die Berufstätigkeit der Architekten und Ingenieure und die Struktur und Arbeitsweise ihrer Kammern. Es ist uns deshalb besonders wichtig. Aus diesem Grund werden die Abgeordneten des Landtages eindringlich gebeten, die Änderungsvorschläge der Architektenkammer Thüringen und Ingenieurkammer Thüringen zum Gesetzentwurf des ThürAIKG vor einer Beschlussfassung genau zu prüfen und in ihren Fraktionen mit kompetenten Vertretern der Kammern zu beraten.
In unserer gemeinsamen Stellungnahme zum Gesetzentwurf haben wir dem Thüringer Ministerium für Bau und Verkehr, als Aufsichtsbehörde und federführendem Ministerium für dieses Gesetz, vorgeschlagen, vor der endgültigen Formulierung des Gesetzestextes dazu noch eine Abstimmungsberatung zwischen dem TMBV, der AKT und der IKT zu ermöglichen
Die Gremien der Architektenkammer Thüringen waren satzungsgemäß an die berufspolitische Thematik „Novellierung Thüringer Architekten- und Ingenieurkammergesetz“ jederzeit voll umfänglich angebunden und beteiligt. Der Entwurf vom 12. Juni 2006 des Thüringer Ministeriums für Bau und Verkehr wurde der Architektenkammer Thüringen und der Ingenieurkammer Thüringen zur Stellungnahme vorgelegt.
Die Vertreterversammlung hat am 23.06.2006 grundlegend dazu beraten und den Beschluss gefasst, sich hinsichtlich der vorgenannten Punkte 1 – 6 zu positionieren. Parallel dazu gab es im Auftrag des Vorstandes die inhaltlich umfassende Vorbereitung einer Stellungnahme der Architektenkammer Thüringen durch den Ausschuss Satzung und Recht und unter Einbeziehung des Justiziars, Herrn Weber. Mit der Ingenieurkammer Thüringen wurde beraten und eine gemeinsame Stellungnahme zum Referentenentwurf verfasst, die dem TMVB am 21. Juli 2006 zugesandt wurden.
Mitglieder aus Präsidium und Vorstand der Architektenkammer Thüringen führten Gespräche mit Vertretern der Fraktionen CDU, SPD und PDS des Thüringer Landtages, in denen die Positionen der Architektenkammer Thüringen zum Referentenentwurf erläutert wurden.
Die Beratung zur Gesetzesvorlage soll im Thüringer Landtag voraussichtlich im Januar 2007 erfolgen. Es werden derzeit noch Gespräche zwischen dem Vorstand der Architektenkammer Thüringen und dem Arbeitskreis „Bau und Verkehr“ der CDU geführt sowie weitere Gespräche gemeinsam mit der Ingenieurkammer Thüringen, mit Herrn LMR Dipl.-Ing. Olaf Langlotz und Herrn MR Jens Meißner, TMBV.
Der Referentenentwurf des zum ThürAIKG ist seitens des Thüringer Ministeriums für Bau und Verkehr zur Veröffentlichung nicht freigegeben. Die Kammergruppenvorsitzenden werden gebeten, die Mitglieder in den Kammergruppensitzungen entsprechend zu informieren. Die vorgenannten Stellungnahmen sind auf den Mitgliederseiten unter www.architekten-thueringen.de eingestellt.
Dipl.-Ing., Architekt Hans-Georg Sallen
Vorsitzender Ausschuss Satzung und Recht
der Architektenkammer Thüringen