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Positive Bilanz im Gespräch mit Thüringer Wirtschaftsminister

Präsident Hartmut Strube und Vorstand Olaf Baum führten am heutigen Donnerstag Nachmittag das erste Arbeitsgespräch mit Thüringens Wirtschaftsminister Jürgen Reinholz. Nachfolgend können Sie die Positionen des Kammer zu verschiedenen Themen nachlesen.

1. Thüringenkapital – Förderprogramm der Thüringer Aufbaubank

Nach uns vorliegenden Erkenntnissen ist es geplant, dass die freien Berufe später in den Genuss der Antragsberechtigten für das Finanzierungsprogramm und die Liquiditätshilfe „Thüringenkapital“ kommen sollen als die gewerbliche Wirtschaft. Wir fordern bei der Umsetzung des Förderprogramms eine Gleichbehandlung zwischen den Unternehmen und den Dienstleistern, den Architekten und Ingenieure als wirtschaftsnahe technische Berufe. Die Einführung des Förderprogramms Thüringenkapital wird von uns vorbehaltlos unterstützt, ist es doch besonders in der Bauwirtschaft fast unmöglich, eine Kredit- bzw. Darlehensfinanzierung durch die private Bankwirtschaft zu erhalten. Unterstützung findet unsere Forderung nach einer Gleichbehandlung in der Bearbeitung und Bewilligung der Förderanträge auch beim Thüringer Ministerpräsidenten Dieter Althaus, dem wir in einem Arbeitsgespräch am 08. Oktober 2003 die Thematik dargelegt haben.

2. HOAI / Gewerbesteuer freie Berufe/ Masterplan Bürokratieabbau

Die Architektenkammer Thüringen begrüßt, dass auf der Ebene der Bundesregierung und der Landesregierungen der Bürokratieabbau im Mittelpunkt der Reformbemühungen steht. Wir unterstützen die Ziele zur Verstärkung der privaten, persönlichen Verantwortung, die Förderung des mündigen Bürgers, die Stärkung des Verbrauchers.

Abgelehnt wird unsererseits aber die Rasenmähermethode, die keine Rücksicht auf den Verbraucherschutz, eingeführte rechtliche Rahmenbedingungen und Rechtssicherheit sowie die Existenzsicherung von mittelständischen Strukturen nimmt. Wir danken der Thüringer Landesregierung, dass sie die freien Berufe bei der Aufrechterhaltung der Honorarordnungen auf der Ebene des Bundesrates unterstützt hat, die Ausdehnung der Gewerbesteuer auf freie Berufe ablehnt und eine Festigung des Mittelstandes sichern hilft. Die HOAI wird novelliert, die Aufrechterhaltung soll für den Zeitraum der nächsten 5 Jahre gesichert sein. Die Architektenkammern bieten ihre Unterstützung mit eigenen Reform- und Strukturvorschlägen an.

3. Verwaltungsstrukturreform Thüringen/ Public Private Partnership/ Verbraucherschutz/ Qualität

Die Architektenkammer Thüringen begrüßt die Bemühungen der Landesregierung um eine Modernisierung, Endbürokratisierung und vor allem Entschlackung des Staates sowie eine Reduzierung der Staatsquote durch die Übertragung hoheitlicher Aufgaben auf Private. Bei der Verwaltungsstrukturreform erwarten wir, dass im Mittelpunkt der politischen Arbeit immer der Blick auf weniger Staat mehr Wirtschaft, eine Reduzierung der Staatsquote und eine Übertragung der Daseinsvorsorge auf die private Wirtschaft steht. Dabei ist für uns das Thema Public Private Partnership eine Möglichkeit, um Investitionen in Thüringen zu generieren. Hierbei sehen wir die Verantwortung des öffentlichen Auftraggebers in einer umfangreichen, detaillierten Aufgabenstellung mit der Festsschreibung der Qualitäten, des gestalterischen und sozialen Anspruches. Dazu haben wir der Finanzministerin, dem Staatlichen Hochbau, empfohlen, eine Task-Force-Gruppe auf der Ebene der Landesregierung, des Thüringer Landkreistages und des Gemeinde- und Städtebundes Thüringens sowie der Architektenkammer Thüringen zu gründen. Daran beteiligt werden sollte auch Ihr Referat Öffentliches Auftragswesen, um eine rechtssichere Anwendung für Auftraggeber und Auftragnehmer zu gewährleisten. Die Interessen der Bauwirtschaft, der Bauindustrie und der Finanzwirtschaft sind dabei erst in zweiter Linie zu berücksichtigen.

Die Architektenkammer Thüringen hat dazu eine eigene Projektgruppe gebildet, die den öffentlichen Auftraggebern Musterausschreibungen und Mustervergabeverfahren zur Verfügung stellen wird. Wir stehen auch zum Thema PPP beratend und prozessbegleitend zur Verfügung.

Als positiv verzeichnen wir gegenwärtig die Zusammenarbeit mit der Landesentwicklungsgesellschaft Thüringen mbH im Bereich der Förderung der Innenstädte über das Programm „Genial – Zentral“. Hier besteht ein intensiver Erfahrungsaustausch, eine Transparenz und der gemeinsame Wille über Architektenwettbewerbe, Anreize für junge Familien zum Erwerb von Wohneigentum in den beteiligten 15 Kommunen, in deren Innenstädte zu schaffen. Bei der Präsentation der Ergebnisse zum Neuen Bauen am Horn in Form eines Symposiums Anfang Juni 2004 in Weimar wird die StiftungBaukultur neben der Landesregierung, der Stadt Weimar, der LEG und der Bauhaus Universität Weimar ideeller Träger sein.

Für die Immobilienmesse „EXPO REAL“ in München empfehlen wir, mit Architekten und Ingenieuren zu den großen Gewerbeflächen in Thüringen Machbarkeitsstudien zu entwickeln und Ideenwettbewerbe auszuloben, um Investoren über die Bauleitplanung hinaus auch Visionen für eine Bebauung darzulegen. Über die Architekturdarstellung kann Thüringen zu seinen Visionen und Perspektiven ein plastisches, dreidimensionales Bild vermitteln.

4. Export von Architektenleistungen

Die Architektenkammer Thüringen dankt der Thüringer Landesregierung für die bisherige Einbeziehung der freien Berufe in die Außenwirtschaftsförderprogramme, in die Marketing- und Exportförderung des Freistaates Thüringen. Insbesondere beim jüngsten Projekt, der New Town Anting Kulturwoche Ende September zeigte sich die Flexibilität im Thüringer Wirtschaftsministerium, aber auch bei der Thüringen Außenwirtschaftsfördergesellschaft (TAF). Die Auflösung der TAF als zentrale Anlaufstelle für die Unternehmen wird von uns kritisch betrachtet.

Wir plädieren für die Beibehaltung einer zentralen Außenwirtschaftsfördergesellschaft, in der alle Aufgaben und Projekte zur Förderung des Exportes von Gewerbe, Dienstleistungen und Tourismus sich vereinen. Wir benötigen in diesem kleinen Bundesland Thüringen nur einen Ansprechpartner für den Export. Eine Endbürokratisierung und eine Verschlankung mit der Übertragung der Verantwortlichkeiten auf die drei Industrie- und Handelskammern und die LEG Thüringen können wir für die Thüringer wirtschaftsnahen Dienstleister nicht nachvollziehen. Aufgrund dessen, dass diese Aufteilung aber bereits beschlossen und im Jahr 2004 wirksam wird, fordern wir, dass die Förderung der Außenwirtschaft für die wirtschaftsnahen technischen Dienstleister dort angesiedelt wird, wo die größte Kompetenz, die Nähe zum Berufsstand in der Abwicklung der Förderung gewährleistet ist. Deshalb fordern wir, dass für die technischen Dienstleister die Berufsstandsvertretung eigenständig für die Förderung der Außenwirtschaft verantwortlich zeichnet. Wir fordern, dass die Organisationsstrukturen darauf hin abgestellt werden.

Bei den Projekten in der Partnerschaftsregion Thüringens in China, Shaanxi, beteiligen sich Architekten und Ingenieure am Cluster „Ökologischer Städtebau“ . Weiterhin sind Planungen im Bereich Tourismus, Städtebau und Landschaftsgestaltung mit dem Büro P. A. D. Weimar und einem chinesischen Architektur- und Designbüro als Gemeinschaftsunternehmen in Vorbereitung und teilweise über die Preisträgerschaft bei Architektenwettbewerben in der Realisierung. Unterstützung wird hierbei vor allem von der Landesregierung bei der Förderung des Niederlassungsrechts in China und bei der Finanzierung der Projektentwicklungskosten sowie der Consultingkosten in Form eines Bund-/Länderprogramms gefordert. Positive Ansätze gab es im Bundesprogramm „Projektstudienfonds Ausland“, dessen finanzieller Rahmen aber zu gering war, um für das Auftragsvolumen nachhaltig wirksam zu sein.

Beim Projekt New Town Anting sind nunmehr vier Weimarer Architekturbüros beteiligt und es werden 60 Arbeits- und Ausbildungsplätze in den Büros gesichert. Notwendig ist weiterhin die politische Unterstützung durch die Thüringer Landesregierung. Insbesondere geht es bei diesem Projekt um den Export des Neuen Bauens nach China und um den Aufbau einer wissenschaftlichen Einrichtung als Bildungsträger in Shanghai. Verantwortlich dafür zeichnen die Bauhaus Universität Weimar (Lehrstühle Architektur und Informatik, CAAD, Architekturtheorie und –geschichte, Baumanagement und Bauwirtschaft, Urbanistik) und die StiftungBaukultur. Für diesen Bildungsexport benötigen wir die politische Unterstützung der Landesregierung. Wir würden uns freuen, wenn die Landesregierung als Kurator des Projektes fungiert.

5. Öffentliches Auftragswesen

Die Architektenkammer Thüringen verzeichnet bei der Vergabe öffentlicher Aufträge in den zurückliegenden drei Jahren eine deutliche Verschiebung zugunsten hier ansässiger Architekten. Die Vergabeverfahren sind transparent und gleichbehandelnd, die Einbeziehung der Architektenkammer Thüringen in die Vergabeprozesse von der Ausschreibung bis zum Zuschlag hat im Sinne der Förderung des Mittelstandes zu positiven Ergebnissen geführt. Aber die Haushaltssperren gefährden die Planungssicherheit für die Büros und deren Auswirkungen sind strukturgefährdend. Mit der Aufsplittung öffentlicher Aufträge auf immer kleinere Jahresscheiben in der Realisierung sind die Beschäftigungssicherheiten, Ausbildungsplatzangebote und Finanzierungen sowie Eigenkapitalausstattungen in den Architekturbüros gefährdet.

Die gegenwärtige Novelle der Grundsätze und Richtlinie für Wettbewerbe (GRW 95) wird im Bereich des öffentlichen Auftragswesen des Bundesbauministeriums von Seiten der Architektenkammer Thüringen über den Landeswettbewerbsausschuss redaktionell begleitet. Es freut uns, dass die GRW 95 der Verdingungsordnung für freiberufliche Leistungen (VOF) und den jüngsten Entwicklungen im öffentlichen Auftragswesen der Europäischen Kommission angepasst wird. Eine Reform der GRW 95 im Sinne einer verbraucherfreundlicheren Handhabbarkeit steht ins Haus und wird ebenfalls von uns unterstützt, um den Leistungswettbewerb der Architekten und Ingenieure bei dieser Form der Vergabe von Planungsleistungen zu fördern. Seit der Einführung der öffentlichen Bekanntmachung im Amtsblatt der Europäischen Union beim Überschreiten des EU-Schwellenwertes von 200.000,00 Euro im Jahr 1997 sind die Wettbewerbsauslobungen um mehr als die Hälfte rückläufig. Das Verhandlungsverfahren ist nunmehr das Regelverfahren zur Vergabe.

6. Gebäudebewirtschaftung/ Betriebskosten/ Energiebilanz/ Förderung Gebäudepass

Die Architektenkammer Thüringen begrüßt die Einführung der Darlegung der Energiebilanzen bei Vergabeverfahren für Neubauten und Sanierungen im öffentlichen Bauen. Vor uns steht die Novellierung der Thüringer Bauordnung und die Umsetzung der Energieeinsparverordnung mit der Befähigung und Nachweispflicht für bautechnische Nachweise durch die Bauvorlageberechtigten und die Energieberater sowie weitere Fachplaner.

Ziel der Energieeinsparverordnung ist es, die Verminderung des CO2-Ausstoßes und die Umsetzung der Verpflichtungen aus dem Kyoto-Protokoll für die Bundesrepublik umzusetzen. Wir alle wollen einen hohen Qualitätsstandard in den Gebäuden, eine bessere Transparenz des Immobilienmarktes, eine Vergleichbarkeit für den Qualitätsstandard der Gebäude und für den Baubereich eine Schaffung von Investitionsanreizen.

Die Architektenkammer Thüringen schlägt vor, dass das Thüringer Wirtschaftsministerium in den Haushalten 2005/2006 einen Energiepass Thüringen einführt, der eine Bewertung und Diagnose für Gebäude und Heizung beinhaltet. Dieser Thüringer Energiepass muss förderfähig sein, um einen Anreiz für den Bauherren zur Inanspruchnahme zu bieten. Zielrichtung des Energiepasses sollten Wohneigentümer bzw. Hauseigentümer sein. Die Vorteile des Energiepasses liegen in der Darlegung der energetischen Qualität, der Beratung zu Modernisierungsmaßnahmen, der Beratung zu energetischen Einflussgrößen für die Betrachtung der Qualität eines Gebäudes und natürlich das Aufspüren von Potentialen zu Energiekosteneinsparung. Thüringen würde damit einen umfänglichen Beitrag zum Umwelt- und Klimaschutz, zur Verminderung des CO2-Ausstoßes leisten.

Natürlich ist uns bewusst, dass die Haushaltssituation des Freistaates Thüringen es gegenwärtig nicht zulässt, dass hier eine kurzfristige Förderung des Energiepasses möglich ist. Die Beratungsleistungen der Bauvorlageberechtigten und der Energieberater sollte dann mit einem verbindlichen Zertifikat für den Bauherren gekoppelt sein. Für den Energiepass muss natürlich dann auch die Gewährleistung und Haftung zur Richtigkeit der Angaben durch den Verfasser übernommen werden. Nur allein als Marketinginstrument für die Energieberater bzw. die Bauvorlageberechtigten nutzt der Energiepass wenig. Wir würden uns auch freuen, wenn wir damit einen Einklang zum Energielabel der Europäischen Union finden. Die Architektenkammer Thüringen unterhält seit 3 Jahren ein Beratungszentrum zum ökologischen Planen und Bauen. Dieses wird auch 2004 weiterfinanziert und steht zur Unterstützung zur Verfügung.

7. Tourismus/ Innenstadtförderung/ Qualitätsinitiativen

Die Architektenkammer Thüringen dankt dem Wirtschaftsministerium, dass das Thema Architektur, Architekturqualität fester Bestandteil der Förderung des Stadtmarketings, der Innenstadtentwicklung im Programm „IQ-Innenstadt mit Qualität“ geworden ist. Wir freuen uns, dass alle Beteiligten, insbesondere der beauftragte Projektträger, die Komet Stadtmarketing- und Entwicklung GmbH, neue Architektur und die Qualität der gebauten Umwelt als Standortfaktor ansehen. Zu den Regionalkonferenzen werden wir im Netzwerk der 25 Städte die Chancen über Architektur, das Gewerbe, den Handel und en Tourismus zu fördern, darlegen. Eine Unterstützung benötigen wir aber von Ihrer Seite aus vor allem im Bereich der Tourismusförderung. Hier erwarten wir, dass aus dem Wirtschaftsministerium heraus auch die Themen „Neue Architektur“ oder die „Tradition des Bauhauses in Thüringen“ aufgegriffen und gefördert werden. Der Erfolg der Veranstaltungsreihe „apropos architektouren“ bietet dazu die beste Voraussetzung. Architekturqualität ist wirtschaftsfördernd, das Beispiel Bilbao mit dem Guggenheim-Museum zeigt es.

Das Gespräch wird nunmehr auf der Arbeitsebene fortgesetzt.

Michael Beier
Geschäftsführer

veröffentlicht am 07.11.2003 von Susann Weber · Rubrik(en): News, Berufspolitik / Kammerarbeit

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