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Verlorene Post

Was beim Umgang mit Postzustelldiensten zu beachten ist

Wer Briefmarken sparen will, der beauftragt mit seinen Brief- und Paketzustellungen nicht nur die Gelbe Post, sondern je nach Angebot auch noch einen oder mehrere der regionalen Postzustelldienste. Briefe und kleinere Pakete werden dann morgens von den Fahrradkurieren abgeholt, in der näheren Umgebung fährt nachmittags die Briefträger-GmbH aus und alles, was übrig bleibt, geht abends in den Nachtbriefkasten an der Hauptpost. Immer mit dabei ist die Sorge, das fristgebundene Schreiben oder wertvolle Sendungen ihren Empfänger nicht erreichen. Genau wie die schöne neue Telefonwelt spart die neue Postwelt nicht nur Geld, sondern birgt auch Risiken, die es zu vermeiden gilt.

Was ist nun zu tun, wenn die Post verloren geht?


In den Allgemeinen Geschäftsbedingungen eines zwischenzeitlich in die Insolvenz gegangenen Postzustelldienstes aus dem Raum Erfurt heißt es zu dieser Frage: "Der Postzustelldienst wird die ihm übergebenen Postsendungen mit entsprechender Sorgfalt behandeln. Sollten dennoch Poststücke beschädigt werden oder verloren gehen und nach einer Nachforschzeit von 4 Stunden nicht aufgefunden werden, so beschränkt sich die Haftung auf maximal DM 100,- es sei denn, dem Postzustelldienst oder seinen Erfüllungsgehilfen kann Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit nachgewiesen werden. Der Auftraggeber ist verpflichtet, den Postzustelldienst darauf hinzuweisen, wenn der Wert eines Poststückes den Betrag von DM 100,- übersteigt."
Wenn man diese Klausel liest, dann fragt man sich, warum dieser Postzustelldienst nicht gleich geschrieben hat:

"Wir haften nie und wenn doch, dann gar nicht".

Für den Absender verloren gegangener Post ist es schier unmöglich zu beweisen, dass der Verlust auf ein besonders vorwerfbares Verschulden des Postzustelldienstes zurückzuführen ist. Wie soll er das herausfinden? Und selbst, wenn ihm dieser schwierige Nachweis gelingt, soll die Haftung auf DM 100,- begrenzt sein? Da lohnt doch der ganze Aufwand nicht. Es fragt sich, ob die Postzustelldienste ihre Haftungen in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen überhaupt so begrenzen können? Lesen Sie einmal die Allgemeinen Geschäftsbedingungen Ihres eigenen Postzustelldienstes. Sie werden vermutlich auf eine Ähnliche Formulierungen stoßen, wie der in die Insolvenz gegangene Postzustelldienst sie verwandt hat. Selbst die Gelbe Post gibt sich in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen mit der Haftung sehr zurückhaltend. Da tröstet es, dass solche Totalauschluß-Klauseln in Allgemeinen Geschäftsbedingungen wegen eines Verstoßes gegen § 9 des Gesetzes zur Regelung des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam sind:

§ 9. Generalklausel. (1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen.
(2) Eine unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung
1. mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist, oder
2. wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrages ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertrages gefährdet ist.

Nach dieser Vorschrift kann der Verwender von Allgemeinen Geschäftsbedingungen seine Haftung für die Erfüllung der vertraglichen Hauptpflichten nicht ausschließen. Die Postzustelldienste haften also dafür, dass die aufgegebene Post auch ankommt. Schließlich ist die Postzustellung ihre vertragliche Hauptpflicht, deren Erfüllung sie dem Absender gegen Entgelt versprochen haben. Das Gesetz geht davon aus, dass für die Erfüllung solcher vertraglichen Hauptpflichten grundsätzlich gehaftet wird. Es ist nicht möglich, in Allgemeinen Geschäftsbedingungen von diesem Grundsatz abzuweichen.
Darüber hinaus kann der Verwender von Allgemeinen Geschäftsbedingungen keine unmöglichen Beweisregelungen insbesondere für Verschuldens-Fragen treffen. Das Gesetz geht davon aus, dass immer derjenige, der eine vertragliche Pflicht nicht erfüllt hat, beweisen muss, dass ihn dabei kein Verschulden trifft. Der Grund dafür ist, dass die für diesen Beweis erheblichen Umstände zumeist in seinem Bereich liegen. Wie will der Absender eine Briefes beweisen, dass sein Fahrradkurier den Brief ins Altpapier gegeben hat? Ein solcher Beweis ist aussichtslos. Deshalb ist es nicht möglich, in Allgemeinen Geschäftsbedingungen eine solche Beweislastregelung zu treffen.
Das bisher Geschriebene betrifft aber nur die sogenannten Totalausschluss-Klauseln. Ein teilweise Ausschluss der Haftung ist in Allgemeinen Geschäftsbedingungen hingegen möglich. Ein Postzustelldienst kann also beispielsweise seine Haftung für verloren gegangene Post auf einen bestimmten Geldbetrag begrenzen oder die Haftung für solche Schäden, die sich aus einer verspäteten Zustellung ergeben, ausschließen. Solche Allgemeinen Geschäftsbedingungen benachteiligen den Vertragspartner des Verwenders nicht entgegen Treu und Glauben, weil sie die Hauptpflichten des Postzustellungsvertrages nicht berühren.

Was ist beim Umgang mit Postzustelldiensten zu beachten?
  1. Bevor Sie mit einem Postzustelldienst einen Vertrag schließen, fragen Sie bei der Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post nach, ob Ihr Postzustelldienst zugelassen ist.
  2. Lesen Sie die Allgemeinen Geschäftsbedingungen genau. Wie will ihr Postzustelldienst für verloren gegangene Post haften?
  3. Weisen Sie Ihren Postzustelldienst auf fristgebundene Schreiben oder wertvolle Sendungen ausdrücklich hin und lassen Sie sich diesen Hinweis beispielsweise auf dem Aufgabeformular quittieren.
  4. Führen Sie ein Postausgangsbuch für wichtige Sendungen. Darin muss stehen wer bezeugen kann, das welche Post an wen wann mit wem ihr Büro verlassen hat.
  5. Bitten Sie die Empfänger wichtiger Sendungen, den Erhalt mitzuteilen oder fragen Sie nach, ob die Sendungen angekommen sind.
  6. Melden Sie verloren gegangene Post sofort ihrem Postzustelldienst und fordern Sie ihn unter Fristsetzung zur Aufklärung und gegebenenfalls zum Schadensersatz auf.
  7. Kontrollieren Sie regelmäßig, wer da eigentlich Ihre Post abholt und, ob es Ihren Postzustelldienst überhaupt noch gibt.

Ohne Zweifel können Sie mit Postzustelldiensten viel Geld in der Portokasse sparen. Mit fristgebundenen Schreiben und wertvollen Sendungen sollten Sie aber vorsichtig sein, damit das ersparte Geld nicht zum Schaden wird.

Rechtsanwalt Müller
Justitiariat der Architektenkammer Thüringen

veröffentlicht am 26.11.2001 von Susann Weber · Rubrik(en): News

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