Vom Abbau bis zum Recycling
Weiterbildung thematisierte das Mineral Gips

Text: Kathrin Rembe und Pia Wienrich
Die Kammergruppe Kyffhäuser-Südharz veranstaltete am 27. April 2016 eine Weiterbildung zum Thema „Gips – vom Abbau bis zum Recycling“ im Nordhäuser Bürgerhaus. Vertreter vom Naturschutz sowie der Industrie und Forschung erklärten dabei ihre Ansätze, Möglichkeiten und Ziele. Dabei war es gelungen, eine kompetente Runde zu gewinnen – mit Gabriela Sennecke, Stadt Nordhausen, Dr.-Ing. Jörg Demmich, Vorsitzender des Ausschusses Rohstoffe und Umwelt im Bundesverband Gips, Jörg-Michael Bunzel von der Gipsrecyclinganlage der Mitteldeutschen Umwelt- und Entsorgung GmbH (MUEG) in Braunsbedra, Andreas Hübner von der Firma CASEA, André Richter vom Naturpark Südharz, Uwe Welteke-Fabricius, Vorsitzender des Vorstandes natureplus e. V. sowie Mitglied des BUND und Dr. Christian Marx von der Bürgerinitiative. Uns Architekten freut es, „den Dialog in einer so guten und konstruktiven Atmosphäre in Gang gebracht zu haben“, wie es Uwe Welteke-Fabricius formulierte.
Zur Einführung erfolgte die Darstellung aktueller bergbaulicher Interessensgebiete anhand des Flächennutzungsplanes der Stadt Nordhausen und des Regionalplanes. Diese widersprechen im Gebiet der „Rüdigsdorfer Schweiz“ dem gewünschten Schutz von Natur und Landschaft sowie der Nutzung für Tourismus und Naherholung. Der Naturpark Südharz im Gipskarst wurde in seiner Schönheit und naturschutzfachlichen Wertigkeit anschließend vorgestellt. Die Gipskarstlandschaft gilt als Konfliktbrennpunkt hinsichtlich der bergbaulichen Interessensgebiete.
Dr.-Ing. Jörg Demmich verwies darauf, dass die Europäische Kommission schon 2011 den „Fahrplan“ bis 2050 „für ein ressourcenschonendes Europa" veröffentlicht hat. Dieser Plan verfolgt als Ziel die Steigerung der Ressourceneffizienz und ein verändertes Konsumverhalten der Endverbraucher.
Spätestens 2020 wird Abfall als Ressource bewirtschaftet. Zur Umsetzung des Recyclingkonzepts ist bis dahin Folgendes erforderlich:
- die Festlegung einheitlicher Qualitätsanforderungen für Deutschland,
- das Ende der Abfalleigenschaft für den Recyclinggips durch Erlangung des Status „Bauprodukt“,
- die gewonnene Perspektive für die Anwendung von Recyclinggips: 300 000 Tonnen pro Jahr (circa 50 Prozent der derzeitigen Bauabfälle basieren auf Gipsbasis) sowie
- die enge Zusammenarbeit zwischen Abbruchunternehmen, der Entsorgungswirtschaft und der Gipsindustrie.
Hier können Architekten entscheidend Einfluss nehmen. Noch ist die Gipsrecyclinganlage der MUEG bei Weitem nicht ausgelastet. Der wertvolle Rohstoff wird unzureichend sortiert angeliefert oder als Abfall von den Abbruchunternehmen auf Deponien ins Ausland verbracht.
Die Architekten wünschen von der Industrie geprüfte Bauprodukte, welche einen hohen Anteil Recyclinggips besitzen und explizit ausweisen. Im Sinne einer nachhaltigen Beschaffung könnten diese Produkte gezielt für Bauvorhaben ausgeschrieben werden. Entsprechende Produkte sollten mit einem Umweltzeichen für Sekundärgipse gekennzeichnet werden. Verbraucher würden durch ihre Kaufentscheidung bewusst dazu beitragen, Naturgips zu schonen. Auch die Gipsindustrie könnte davon profitieren.
Es gibt gemeinsame Interessen von Naturschutz, Gipsindustrie und letztendlich uns als Verbrauchern, um Recyclinggips und „Urban Mining“ zu stärken. Auf dieser Basis kann mehr naturschutzfachlich bedeutende und somit schützenswerte Landschaft erhalten werden. „Millionen Tonnen gipshaltige Reste lagern auf Halde oder werden ins Meer verklappt. Recyclinggips wird deswegen nicht daraus gewonnen, weil wenige Euro pro Tonne zu viel an Mehrkosten sind“, sagte Uwe Welteke-Fabricius. Nach seinen Zahlen genügen künftig die aufbereiteten Gipsabfälle der Phosphorerzeugung, um auf Naturgips im Wesentlichen verzichten zu können. Verbraucher müssen jedoch Rohstoffgewinnung aus „Abfällen“ akzeptieren. Aufbereitung ist teurer als der Abbau von Naturgips. Das aber sollte uns Landschaft Wert sein!
Pia Wienrich arbeitet als Architektin in Nordhausen und ist Vorsitzende der Kammergruppe Kyffhäuser-Südharz. Kathrin Rembe ist als freischaffende Architektin in Nordhausen tätig und stellvertretende Vorsitzende der Kammergruppe Kyffhäuser-Südharz.