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„Mit der AG Junge Planende möchten wir einen Fokus auf die Nachwuchsarchitekt*innen in Thüringen richten“

DAB-Reihe „Wir für hier“ – Im Porträt: die AG Junge Planende Thüringen

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Matthias Malicki und Sarah Schmidt, Bild: Matthias Malicki

Mit der DAB-Reihe „Wir für hier“ versammeln wir Stimmen von Mitgliedern aller vier Fachrichtungen, die sich nach dem Studium dazu entschieden haben, ihren Beruf in Thüringen auszuüben – als Gebliebene, Zugezogene oder Zurückgekehrte.

In den Gesprächen erzählen sie von der Motivation, für Thüringen in ihrer Profession zu wirken und von den Besonderheiten ihrer Region. Außerdem gibt die Reihe Einblicke in Themen und Anliegen, die junge Kammermitglieder derzeit bewegen.

Diesmal im Porträt: Matthias Malicki, 30, freiwilliges Mitglied und angestellt in Erfurt, sowie Sarah Schmidt, 28, angestellte Architektin in Weimar, riefen im Jahr 2019 gemeinsam die Arbeitsgruppe Junge Planende Thüringen ins Leben.

DAB: Was hätte Sie nach dem Studium aus Thüringen weggelockt?
Sarah Schmidt: Insbesondere die Büros in den Großstädten locken mit großen Projekten und dem kreativen, aufregenden Umfeld einer Metropole. Die Verlockung war durchaus da, am Ende hat mich mein soziales Umfeld hier gehalten.

Matthias Malicki: Als nicht gebürtiger Thüringer habe ich mit dem Gedanken gespielt, wieder in die Heimat zurückzukehren. Dank digitaler Vernetzung und monatlicher Wochenendbesuche ist der Drang jedoch nicht ganz so groß.

Welche Möglichkeiten eines Berufseinstieges hatten Sie, wann und warum haben Sie sich für Thüringen entschieden?
Schmidt: Ich war bereits während des Masters als Werkstudentin in einem Büro tätig und konnte dort übergangslos Vollzeit einsteigen. Die Vorteile lagen auf der Hand, die Geschäftsführung und ich wussten, was wir voneinander haben und aneinander schätzen.

Malicki: Nach dem Studium hatte ich die Option, in meiner Heimatstadt Bremerhaven, in Berlin, Starnberg oder Erfurt anzufangen. Neben der Möglichkeit, im Architekturbüro zu starten, behielt ich mir vor, auch in den Architektur-Journalismus zu gehen. Letztlich war es eine Mischung aus den Gebäudetypologien, die das Thüringer Büro bearbeitete, und meinem Bauchgefühl, was mich nach Erfurt zog.

Erzählen Sie uns von Ihrem Berufseinstieg: Wie ist der Übergang von Hochschule in den Beruf gelungen, was waren die ersten Projekte?
Schmidt: Der Berufseinstieg ist mir leichtgefallen. Das Projekt, die Kolleg*innen waren mir vertraut und ich bin froh, in einem Umfeld gewesen zu sein, wo ich Wissenslücken nicht überspielen musste. Durch die Größe des Projekts war ich in einem erfahrenen Team, von dem ich profitieren konnte. Dennoch habe ich das Büro nach zwei Jahren gewechselt. Auch wenn diese Entscheidung nicht von mir ausging, bin ich froh darüber, denn im neuen Büro konnte ich den Mantel der „jungen, unerfahrenen Kollegin“ abstreifen und mich neu positionieren.

Malicki: Ich hatte die Bauhaus-Universität Weimar ausgesucht, weil sie den Schwerpunkt auf die Architektur- und Konzeptvermittlung legt. Das gesammelte Wissen konnte ich direkt in die anstehenden Wettbewerbe einbringen, die ich zum Berufseinstieg bearbeitete. Der erste Wettbewerb war ein Laborbau bei Berlin. Dank des Wissens der Kolleginnen und Kollegen in der Planung von Forschungsgebäuden konnte ich mich auf die Vermittlung der gestalterischen Idee konzentrieren.

Muss man in Thüringen aufgewachsen sein, um sich hier wohlzufühlen?
Schmidt: Nein, das denke ich nicht. Allerdings bin ich doch sehr in der „Architekt*innen-Bubble“ und habe gar nicht so viel Kontakt zu Thüringer Originalen. Weimar und Erfurt sind Städte, in denen man sich sehr schnell wohlfühlt und ich genieße die kleinen, kreativen Zentren. Allerdings bin ich manchmal erschrocken über einige aggressive politische Ausprägungen, auf die ich in Thüringen gestoßen bin.

Malicki: Thüringen hat für mich als Wahlheimat einen großen Wohlfühlfaktor. Neben den kulturellen Angeboten ist man schnell im Grünen des Thüringer Waldes und hat einen ergänzenden Kontrast zum dynamischen Stadtleben in Erfurt.

Welche Rolle spielen Netzwerke aus Ihren Studienzeiten?
Schmidt: Während meiner Studienzeit war ich in keinen Gremien aktiv. Mein Netzwerk ist also ein freundschaftliches, was sich über Umzüge mittlerweile über ganz Deutschland erstreckt. Ich finde es aber durchaus wertvoll, so auch Input über die Landesgrenze hinweg zu bekommen.

Malicki: Zu meinen ehemaligen Kommilitonen habe ich auch heute noch guten Kontakt. Mit einer kleinen Gruppe machen wir jährlich einen gemeinsamen Urlaub und tauschen uns über unsere persönlichen und beruflichen Erfahrungen aus. Dabei erinnern wir uns gern an die alte Studienzeit zurück und reflektieren die Vorstellungen, die wir damals vom Beruf des Architekten hatten. Ich bin positiv überrascht, dass es inzwischen bereits bundesweite Netzwerke wie nexture+ gibt, um sich mit Studierenden anderer Universitäten austauschen zu können. Diese Möglichkeit hätte ich seinerzeit sicher auch in Anspruch genommen.

Was vermissen Sie hier in Thüringen?
Schmidt: Als junge Planende wünsche ich mir in Thüringen Informationen in Form von Handreichungen zu Arbeitnehmerrechten, da ich als angestellte Architektin tätig bin. Als AG Junge Planende wollen wir uns zudem dafür einsetzen, dass zusätzlich Checklisten produziert werden, die den Zugang zur Eintragung für unsere Nachwuchskolleg*innen in die Kammer transparent gestalten. Weiterhin setzen wir uns für Frauen- und Familienrechte ein, die wir in Thüringen als noch nicht dominant genug umgesetzt sehen.

Welches Potenzial hat Thüringen für Sie als Planende?
Schmidt: Wir haben 2019 die AG Junge Planende Thüringen gegründet und rücken die Themen der jungen Planenden bei der Kammer in den Fokus. Ich sehe ein großes Potenzial darin, dass die Architektenkammer Thüringen vergleichsweise klein ist und die Kommunikation daher direkter erfolgen kann. Junge Planende in ganz Deutschland organisieren sich mittlerweile und unsere Bemühungen gipfeln im Nachwuchsarchitekt*innentag am 28. Oktober 2022 in Berlin, organisiert durch die Bundesarchitektenkammer und nexture+.

Wie fühlen Sie sich als Berufseinsteiger*innen in Thüringen aufgehoben?
Malicki: Zum Berufseinstieg hätte ich mir einen Zusammenschluss junger Architekten und Architektinnen gewünscht, die sich über das Ankommen im Berufsstand austauschen können. Mit der AG Junge Planende möchten wir einen Fokus auf die Nachwuchsarchitekt*innen in Thüringen richten. Deren spezifische Belange werden wir unterstützen. In der Schule sind es die Schülersprecher und im Studium die Fachschaften, die sich für die eigenen Interessen starkmachen. Im Berufsleben sollte dies nicht abbrechen, wobei ich hier das große Potenzial bei der Architektenkammer sehe. Die Tatsache, dass sich auch in anderen Bundesländern ähnliche Zusammenschlüsse bilden, zeigt mir, dass dieses Potenzial länderübergreifend erkannt wird.

Was macht das Arbeiten hier besonders?
Malicki: Das städtische Umfeld in Erfurt schätze ich persönlich, um nach dem Feierabend direkt am kulturellen Angebot der Stadt teilnehmen zu können. Im vergangenen Jahr ist das Büro, in dem ich zurzeit angestellt bin, in das Erfurter Heizwerk gezogen. Das denkmalgeschützte Gebäude hat nicht nur einen großen kulturellen Wert, sondern bietet auch einen einzigartigen Blick über die Dächer Erfurts.

Woran arbeiten Sie zurzeit?
Malicki: In der AG Junge Planende arbeiten wir unter anderem daran, den Zugang zum Berufsstand für die jungen Kolleginnen und Kollegen einfacher zu gestalten. Dabei geht es beispielsweise konkret um Unterstützungsleistungen als Orientierung für die Eintragung in die Kammer und die Erläuterung der Vorteile, die sich aus selbiger ergeben. Dabei erhoffen wir uns, die Kammerarbeit für unsere Nachwuchskolleg*innen transparenter darstellen zu können.
Beruflich bin ich aktuell im Planungsteam eines neuen Forschungsgebäudes der FSU Jena. Dabei beschäftige ich mich nicht nur mit den klassischen Themen eines Planers, sondern als BIM-Gesamtkoordinator auch mit dem digitalen Planungstool über die verschiedenen Leistungsphasen.

Wie sind Sie zur Architektenkammer gekommen und was wünschen Sie sich von Ihrer Kammer?
Schmidt: Ich bin kurz nach dem Berufseinstieg zunächst freiwilliges Mitglied geworden – nach circa drei Jahren im Beruf dann ordentliches Mitglied. Die freiwillige Mitgliedschaft ist eine gute Option, barrierearm in die Kammer einzusteigen und sich mit ihrer Arbeit vertraut zu machen und leider viel zu unbekannt. Für mich war die politische Vertretung der Architekt*innen durch die Kammer immer der wichtigste Aspekt, daher erwarte ich von der Kammer auf Landes- und Bundesebene Lobbyarbeit für unseren Berufsstand und qualitätsvolle Architektur als solches.

Malicki: Das erste Mal bin ich während meines Studiums mit der Architektenkammer in Berührung gekommen und wurde zum Einstieg in den Beruf freiwilliges Mitglied. Neben meiner Arbeit in der AG der jungen Planenden bin ich der AG Nachhaltigkeit beigetreten. Für den Austausch über die planungsrelevanten Themen meiner Generation bin ich bereits sehr dankbar, erhoffe mir aber gleichzeitig, konkrete Ziele innerhalb der Kammer umsetzen zu können.

Welche Stärken sollten die hier agierenden Planenden für den Berufsstand einbringen und welche Themenfelder sind derzeit von herausragender Bedeutung?
Schmidt: Es ist wichtig zu verstehen, dass die Legitimation der Kammer letztlich durch Zahlen passiert. Die Kammer setzt von Gesetzes wegen den Rahmen für unseren Beruf, aber legitimiert wird sie durch ihre Mitglieder. Während ich nicht die Erwartung habe, dass sich alle ehrenamtlich engagieren können und wollen, erwarte ich doch von allen Architekt*innen, Mitglied in der Kammer zu werden.

Malicki: Innerhalb der AG tauschen wir uns in den monatlichen Treffen auch über aktuelle Themenfelder aus. Für mich lassen sich derzeit drei Themenschwerpunkte erkennen. Zum einen das Thema „Wohnen“, wobei es genauso um städtische Verdichtung wie auch um den Leerstand in ländlichen Gebieten geht. Darüber hinaus das Thema „Nachhaltigkeit“, welches bereits einen höheren Stellenwert an Universitäten und Hochschulen bekommen hat, jedoch viel stärker in der aktiven Bauwirtschaft, insbesondere in der Sanierung, umgesetzt werden müsste. Als drittes die „Digitalisierung“: Hierzu zählt neben den neuen Möglichkeiten und Herausforderungen für das Arbeiten aus dem Homeoffice natürlich auch das Arbeiten mit BIM.

Zeigen Sie uns Ihren Lieblingsort in Thüringen – und erklären Sie ihn uns!

Malicki: Mein Lieblingsort ist die bei Erfurt liegende Schwellenburg. Das 22 Hektar große Naturschutzgebiet zeichnet sich vor allem durch seine Gesteinsformationen aus, weshalb das Gebiet auch als Thüringer Badlands bekannt ist. Die Streuobstwiesen laden zum Wandern auf den circa 50 Meter über Erfurt liegendem Gebiet ein. Von dort hat man im Sommer einen tollen Blick auf die Pfefferminzfelder an der Geraaue, bis hin zum Erfurter Dom.

Vielen Dank.

Sie möchten sich ebenfalls mit einem Porträt über Ihr Wirken in Thüringen beteiligen? Schreiben Sie gerne an: radermacher@architekten-thueringen.de

veröffentlicht am 30.08.2022 von Björn Radermacher · Rubrik(en): News, Wir für hier

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