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„Thüringen liegt für mich nicht nur geographisch in der goldenen Mitte“

DAB-Reihe „Wir für hier“ – Im Porträt: Stadtplaner Dr.-Ing. Michael Steinke

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Dr.-Ing. Michael Steinke, Bild: AKT

Mit der DAB-Reihe „Wir für hier“ versammeln wir Stimmen von Mitgliedern aller vier Fachrichtungen, die sich nach dem Studium dazu entschieden haben, ihren Beruf in Thüringen auszuüben – als Gebliebene, Zugezogene oder Zurückgekehrte.

In den Gesprächen erzählen sie von der Motivation, für Thüringen in ihrer Profession zu wirken und von den Besonderheiten ihrer Region. Außerdem gibt die Reihe Einblicke in Themen und Anliegen, die junge Kammermitglieder derzeit bewegen.

Diesmal im Porträt: Dr.-Ing. Michael Steinke, 37. Der Stadtplaner ist Gesellschafter im Planungsbüro Stadt | Ökonomie | Recht – Steinke & Zemke GbR und Leiter der Hauptniederlassung Erfurt.

DAB: Herr Dr. Steinke, was hätte Sie nach dem Studium aus Thüringen weggelockt?
Dr. Michael Steinke: Da ich erst nach dem Studium nach Thüringen gekommen bin, kann ich das nur hypothetisch beantworten. Als junger Mensch ist es sicherlich verlockend, in einer Metropolregion den Puls dieser Zeit der Umbrüche zu spüren und die sehr vielfältigen Veränderungen selbst mitzugestalten. Planung ist gerade in den Metropolen sehr dynamisch. Auch ich habe eine Zeit lang in Berlin gearbeitet und würde das wohl auch wieder machen. Daher kann ich mir vorstellen, dass die großen Metropolen außerhalb Thüringens auch für Absolventinnen und Absolventen aus Thüringen ihren Reiz haben. Da ich selbst in Thüringen inzwischen heimisch bin, werde ich aber wohl nicht mehr weggehen.

Welche Möglichkeiten eines Berufseinstieges hatten Sie, wann und warum haben Sie sich für Thüringen entschieden?
Ich habe parallel zu meinem Masterstudium an zwei Lehrstühlen an der Uni in Cottbus sowie anschließend in einem Berliner Planungsbüro gearbeitet. Als ich dann 2010 die Gelegenheit bekam, mitzuhelfen, die Fachrichtung Stadt- und Raumplanung an der FH Erfurt als wissenschaftlicher Mitarbeiter zu etablieren und zudem die Perspektive einer Promotion sah, wechselte ich nach Erfurt. Ich sah die Möglichkeit, etwas mitgestalten und mich weiter qualifizieren zu können.

Muss man in Thüringen aufgewachsen sein, um sich hier wohlzufühlen?
Absolut nicht. Ich denke Thüringen ist lebenswert und bietet neben Großstadtflair vor allem auch Orte des Rückzugs und der Erholung. Thüringen liegt für mich nicht nur geographisch in der goldenen Mitte. Neben den landschaftlichen und kulturellen Besonderheiten ist es natürlich vor allem das soziale Umfeld, das einem wichtig ist. Ich habe die Thüringerinnen und Thüringer von Beginn an als sehr bodenständig wahrgenommen. Man knüpft hier schnell Beziehungen und Freundschaften.

Welche Rolle spielen Netzwerke aus Ihren Studienzeiten?
Meine ehemaligen Kommilitoninnen und Kommilitonen sind in ganz Deutschland verteilt. Ich treffe mich mit den engsten Studien-Freunden einmal jährlich, immer in einer anderen Stadt, die wir uns dann ansehen. Das sind immer sehr humorvolle Treffen, weil man einfach die gleiche Sprache spricht. Um im Kontakt zu bleiben, eignen sich meiner Erfahrung nach auch die Tagungen unseres Berufsverbandes SRL. Auch dort erlebe ich den Austausch sehr niedrigschwellig. Vielleicht ist das aber auch unserer Fachrichtung geschuldet. Die Planerzunft ist bekanntlich klein, man kennt sich.

Was vermissen Sie hier in Thüringen?
Nicht viel. Ein wenig Internationalität vielleicht. Und höherklassigen Fußball.

Welches Potenzial hat Thüringen für Sie als Planender?
Thüringen bietet aufgrund der Lage in der Mitte Deutschlands und der hervorragenden Verkehrsanbindung entsprechendes Potenzial für jeden, der auch außerhalb der Landesgrenzen tätig sein will. Wir können im Büro Projekte in ganz Deutschland bearbeiten. In Thüringen erleben wir auch noch nicht den Entwicklungsdruck wie andernorts. Man kann Planung mit Augenmaß betreiben.

Was macht das Arbeiten hier besonders?
Nach meiner Erfahrung erhält man in Thüringen einen verhältnismäßig kurzen Draht zu den Ämtern und Behörden. Ich erlebe, dass Fachwissen und Expertise wertgeschätzt werden. Zudem ist die Work-Life-Balance wie bereits angesprochen in Thüringen gut.

Woran arbeiten Sie zurzeit?
Wir bearbeiten derzeit mehrere Bebauungspläne in Thüringen und in anderen Bundesländern. Die Planverfahren dienen überwiegend der Schaffung von Wohnraum und Gewerbe und bringen jeweils andere Herausforderungen mit sich, beispielsweise die Berücksichtigung der Nutzung erneuerbarer Energien, der Belange des Klimaschutzes, der Wirtschaft oder der Hochwasservorsorge.

Welche Rolle spielt die Baukultur in Ihrer Region, gibt es regionaltypische Aspekte? Und welchen Stellenwert hat die regionale Baukultur für Sie persönlich?
Jede Stadt hat ihre eigene baukulturelle Prägung. Baukultur sollte auch zu regionaler Identität beitragen. Rückblickend betrachtet dürften das Image der Stadt Erfurt und die Altstadtkulisse meine Entscheidung, nach Thüringen zu gehen, doch mit beeinflusst haben. Ich kann mich noch an meine ersten Wochen hier erinnern, wie ich abends nach der Arbeit durch die engen Gassen der Altstadt geschlendert bin und erstaunt war über die vielerorts gelungene Erhaltung und behutsame Erneuerung von Architektur. Ich habe meine ersten Lebensjahre in Hoyerswerda verbracht. Das ist baukulturell beides nicht vergleichbar. Dieser Kontrast war für meine Arbeits- und Wohnstandortwahl vielleicht also auch mit ausschlaggebend.

Wie sind Sie zur Architektenkammer gekommen und was wünschen Sie sich von Ihrer Kammer?
Ich bin zuerst als freiwilliges Mitglied eingetreten, ich glaube kurz nachdem diese Möglichkeit überhaupt erst geschaffen wurde, um einfach noch näher am Berufsstand zu sein. Ich bin dann später als Pflichtmitglied eingetreten, um die Berufsbezeichnung „Stadtplaner“ offiziell führen zu können, welche nach meiner Erfahrung vielerorts wertgeschätzt wird. Der Architektenkammer wünsche ich den Weitblick, die sich stetig ändernden Anforderungen an den Berufsstand rechtzeitig erkennen und darauf reagieren zu können, beispielsweise mit geeigneten Fortbildungen.

Welche Stärken sollten die hier agierenden Planenden für den Berufsstand einbringen und welche Themenfelder sind derzeit von herausragender Bedeutung?
Sehen wir uns einmal die aktuellen Herausforderungen bei der Schaffung von Wohnraum an. Diese sind sehr vielfältig und betreffen gerade nicht nur hohe Flächen- und Baukosten, sondern eben leider auch immer noch langwierige und zunehmend komplexe Planverfahren. Ich schätze gerade die junge Planerinnen- und Planer-Generation als inhaltlich sehr breit aufgestellt, kommunikativ und digital affin. Wenn wir es schaffen, komplexe Bauleitplanverfahren als Projektmanagement anzugehen, können wir effizienter zum Ziel kommen. Dies erfordert aber auch bereits auf der Ebene der Ausschreibungen und Vergabe das Verständnis, dass es gerade beim Leistungsbild des Bebauungsplans im Sinne eines zügigen Verfahrens mit der Vergabe ausschließlich von Grundleistungen nicht getan sein kann. Die Planenden sehe ich für diese Aufgaben jedenfalls gerüstet.

Zeigen Sie uns Ihren Lieblingsort in Thüringen – und erklären Sie ihn uns!

Der Thüringer Wald bietet unzählige schöne Ecken, egal ob im Sommer oder im Winter. Der Bergsee Ebertswiese ist ein schöner Ort für einen Zwischenstopp bei unseren Wander- oder Fahrradtouren mit der Familie.

Vielen Dank!

Sie möchten sich ebenfalls mit einem Porträt über Ihr Wirken in Thüringen beteiligen? Schreiben Sie gerne an: radermacher@architekten-thueringen.de

veröffentlicht am 29.02.2024 von Björn Radermacher · Rubrik(en): News, Wir für hier

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