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„Wir planen, um zu bauen“

DAB-Reihe „Wir für hier“ – Im Porträt: Landschaftsarchitektin Vanessa Bornemann

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Vanessa Bornemann, Bild: B. Bornemann

Mit der DAB-Reihe „Wir für hier“ versammeln wir Stimmen von Mitgliedern aller vier Fachrichtungen, die sich nach dem Studium dazu entschieden haben, ihren Beruf in Thüringen auszuüben – als Gebliebene, Zugezogene oder Zurückgekehrte.

In den Gesprächen erzählen sie von der Motivation, für Thüringen in ihrer Profession zu wirken und von den Besonderheiten ihrer Region. Außerdem gibt die Reihe Einblicke in Themen und Anliegen, die junge Kammermitglieder derzeit bewegen.

Diesmal im Porträt: Vanessa Bornemann, 30, freischaffende Landschaftsarchitektin in Weimar.

DAB: Frau Bornemann, was hätte Sie nach dem Studium aus Thüringen weggelockt?
Vanessa Bornemann: Die Liebe und Familie. Es stand länger auf der Kippe, ob mein Mann und ich in Thüringen bleiben oder wir wieder näher in unsere Heimat ziehen. Ich bin in Köln groß geworden und er im Naheland. Wir sind beide erstmal nur zum Studium nach Weimar gezogen und haben nach unseren Abschlüssen hier Fuß gefasst.

Welche Möglichkeiten eines Berufseinstieges hatten Sie, wann und warum haben Sie sich für Thüringen entschieden?
Nach meinem Abschluss 2019 habe ich mich für eine Stelle als wissenschaftliche Mitarbeiterin an der TU Dresden entschieden. Zu diesem Schritt hat mich das Thema Pflanzenverwendung ermutigt. Ich wollte dieses nach meiner Masterarbeit weiter vertiefen und erforschen sowie mein Wissen in einer praxisnahen Lehre weitergeben. Durch meinen Mann und unsere Freunde wollte ich meinen Lebensmittelpunkt in Weimar behalten, was uns durch Corona und der damit verbundenen Erleichterung im Home-Office möglich war.
Der erste Wunsch, auch beruflich in Weimar Fuß zu fassen, ist tatsächlich auf einer Weihnachtsfeier 2021 entstanden, als ich als freie Mitarbeiterin weiter bei der Lindenlaub GmbH gearbeitete habe. Herr Lindenlaub wollte die Privatgartenplanung weiter ausbauen und ich dachte mir: „Die Kolleg*innen können gut bauen und ich plane gerne Privatgärten, das wäre doch ein starkes Team.“ Den Gedanken haben wir weiterverfolgt und schließlich habe ich mit Udo Lindenlaub im Oktober 2022 unser gemeinsames Planungsbüro Draußen daheim gegründet. Dabei steht immer im Vordergrund, dass wir planen, um zu bauen – damit unsere Kunden am Ende mit dem Ergebnis lange glücklich sind.

Muss man in Thüringen aufgewachsen sein, um sich hier wohlzufühlen?
Auf gar keinen Fall. Durch mein Hobby, den Basketball, habe ich die Gelegenheit, stets unterschiedlichste Menschen aus Weimar und Thüringen kennenzulernen. Besonders schätze ich die bunte Vielfalt an Berufen und Altersgruppen, die durch den Sport zusammenkommen. Und jeder zeigt mir andere schöne Ecken in Thüringen, die wir gemeinsam entdecken können.

Welche Rolle spielen Netzwerke aus Ihren Studienzeiten?
Ich habe immer gerne Praktika und Werkstudentenjobs während meines Studiums absolviert. Ich fand den nahen Kontakt zum Bau und zur Planung sehr hilfreich, um schnell das Wissen aus dem Studium zu erproben. Aus meinem Praktikum, meiner Bachelorarbeit und meinen Werkstudentenjob ist schließlich auch unser Büro gewachsen. Darüber hinaus war es mir sehr wichtig, mich auch außerhalb der Universität zu beweisen und neue Erfahrungen zu sammeln.

Was vermissen Sie hier in Thüringen?
Den Kölner Karneval. Wenn die Jecken alle zusammenkommen und mit viel rheinischer Frohnatur Karneval auf den Straßen feiern, bekomme ich immer ein wenig Heimweh. Meistens ist es vergeblich, mich in dieser Zeit im Büro zu suchen, denn ich genieße es, zusammen mit meiner Familie und alten Freunden den Karneval in Köln zu feiern.

Welches Potenzial hat Thüringen für Sie als Planende?
Thüringen hat eine sehr schöne Bausubstanz, an die wir als Planende gut anknüpfen können. Da ist es oft eine spannende Herausforderung, die neue Planung mit dem Alten zu verbinden und ein passendes Ensemble zu planen. Auch geografisch bietet die Lage in der Mitte von Deutschland großes Potenzial.

Wie fühlen Sie sich als Berufseinsteigerin in Thüringen aufgehoben?
Ich empfinde das Netzwerk hier als sehr stark. Thüringen ist von sich aus zwar kleiner aufgestellt als andere Bundesländer, aber dafür erleichtert das auch das Zusammenkommen und den Austausch mit den unterschiedlichsten Beteiligten. Gerade auch die Kammer und die AG Junge Planende bieten tolle Möglichkeiten sich einzubringen. Bei meiner Gründung stieß ich bei einigen auf Gegenwind. Es war für mich hilfreich, mich mit Gleichgesinnten auszutauschen und über die Erfahrungen zu sprechen.

Was macht das Arbeiten hier besonders?
Durch die Nähe aller Baubeteiligten fehlt die „Nach-mir-die-Sintflut-Mentalität“ und das macht das Bauen sehr viel angenehmer und nachhaltiger. Schon beim nächsten Projekt können wir wieder aufeinandertreffen und dadurch sind alle bemüht, miteinander auszukommen, auch wenn es mal knirscht. Für mich ist es wichtig, dass wir am Ende mit Vertrauen planen und bauen, um das bestmögliche Ergebnis zu erzielen.

Woran arbeiten Sie zurzeit?
Im Großen und Ganzen ist die Draußen Daheim GmbH mein übergeordnetes Projekt. Natürlich steht die rein fachliche Arbeit im Vordergrund. Doch es ist mir ebenso wichtig, strategisch für die Zukunft aufgestellt zu sein. Dafür bringe ich in den Bereichen Digitalisierung, Nachhaltigkeit und Nachwuchsweiterbildung ein paar Steine ins Rollen.
Am meisten erfreut mich mein erster größerer Privatgarten, der gerade gebaut wird und sich sehr gut entwickelt. Dabei erfüllt es mich sehr, zu sehen, dass die Planung funktioniert und die Teams vor Ort alles auf hohem Niveau umsetzen.

Welche Rolle spielt die Baukultur in Ihrer Region, gibt es regionaltypische Aspekte? Und welchen Stellenwert hat die regionale Baukultur für Sie persönlich?
Besonders bei der Begrünung sind wir als Landschaftsarchitekt*innen gefragt, wenn es gilt, für die Zukunft zu planen. Da müssen Pflanzen gewählt werden, die zum Standort passen, um den vielfältigen Herausforderungen wie Hitzewellen, Starkniederschlägen und der Bereitstellung von Lebensraum und Nahrung für Tiere und Menschen gerecht zu werden. Das beginnt mit der richtigen Verwendung von Materialien und Bauweisen, damit beispielsweise auch Erdbienen eine Chance auf Lebensraum haben und natürlich bei Staudenpflanzungen mit einem großen Angebot an Nektar und Pollen. Jeder Garten sollte einen standortangepassten Hausbaum haben, der die perfekte pflanzliche Terrassenüberdachung ist: Im Sommer schön kühl und schattig und im Winter lässt er ohne Laub viel Licht ins Haus.

Wie sind Sie zur Architektenkammer gekommen und was wünschen Sie sich von Ihrer Kammer?
Für mich war seit dem ersten Gedanken der Gründung klar, dass ich zur Kammer möchte, weil sich dort für mich viele Bausteine zusammenfügen. Zum einen möchte ich mich Landschaftsarchitektin nennen können. Zum anderen möchte ich auch bei anspruchsvolleren Projekten für die Belange der Genehmigungsplanung die passende Ansprechpartnerin sein. Seit den ersten Treffen merke ich auch wie wertvoll das Netzwerk ist und wie ich meine Erfahrungen schon wieder an die Nächsten weitergeben kann in der AG Junge Planende.
Von meiner Kammer erhoffe ich mir weiterhin eine starke Unterstützung für diejenigen, die sich engagieren möchten. Es ist wichtig, die passenden Rahmenbedingungen zu schaffen, damit das Netzwerk bestehen bleibt und die Interessen der Planenden nach außen vertreten werden.

Zeigen Sie uns Ihren Lieblingsort in Thüringen – und erklären Sie ihn uns!


Es gibt viele Orte und Landschaften, die ich bei Reisen in Thüringen interessant finde und an denen ich gerne häufiger wäre – wie den Thüringer Wald oder einfach den Ilmpark um die Ecke. In meinem Alltag bin ich am liebsten auf unserer begrünten Dachterrasse vom Büro. Dort finde ich Ruhe, kann meinen Blick über die Landschaft schweifen lassen und die Natur genießen.

Vielen Dank!

Sie möchten sich ebenfalls mit einem Porträt über Ihr Wirken in Thüringen beteiligen? Schreiben Sie gerne an: radermacher@architekten-thueringen.de

veröffentlicht am 25.08.2023 von Björn Radermacher · Rubrik(en): News, Wir für hier

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