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Erforsche die Welt der Architektur!

Interview mit Katja Huhle, Mitinitiatorin der „Archinauten“

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Besenstielhochhaus: Entwurf …, Bild: Katja Huhle

Architektur soll im Schulunterricht präsenter werden. So lautet ein stetig wiederkehrender Wunsch. Wege, um Architektur an Schulen zu vermitteln, zeigen die „Archinauten“ in Saalfeld auf. Ein Gespräch mit Mitbegründerin und Architektin Katja Huhle.

Frau Huhle, in Vorbereitung des nächsten Weltkongresses 2014 in Durban lobte der Architektenweltverband UIA zum zweiten Mal die „UIA Architecture & Children Golden Cubes Awards“ aus. Die Bundesarchitektenkammer (BAK) nominierte Ihr Projekt, die „Archinauten“, neben zwei weiteren Initiativen aus Deutschland für den Preis. Wer sind die „Archinauten“ und was zeichnet sie aus?
Katja Huhle: Die „Archinauten“ sind eine wöchentliche Arbeitsgemeinschaft im Rahmen der Hort-Freizeitangebote der Marco-Polo-Grundschule Saalfeld für Kinder im Alter von sechs bis zehn Jahren. Seit dem Schuljahr 2012/2013 nehmen Claudia Beckmann und ich unsere „Archinauten“ mit auf die spannende Reise in die Welt der Architektur. Das Besondere ist, dass wir unsere Aufgaben in fantasievolle Geschichten verpacken bzw. wir den Kindern durch leicht verständliche Bilder, Exkurse und Spiele den Einstieg in die Themen erleichtern. Es ist uns dabei wichtig, dass die Kinder eigenständig und kreativ zu Kernfragen der Architektur forschen, also „Learning by Doing“ statt zu viel Theorie. Ob Strohhalmbauten, Leporello-Papierstadt, Wunschhäuser für Fantasia, Welten der Elemente usw. – die Kinder setzen sich mit den Themen in Zeichnungen, Plakaten und am liebsten in Modellen auseinander
und präsentieren ihre Ergebnisse stolz uns und den anderen „Archinauten“. Letztendlich wollen wir durch regelmäßige Beschäftigung mit Themen der Raumkunst das Architekturverständnis frühzeitig und nachhaltig fördern.

Laut BAK überzeugen die Nominierten durch ihre „innovative, kreative und motivierende Arbeit, mit welcher Kindern und Jugendlichen mit viel Spaß und nachhaltigem Erleben die gebaute Umwelt bewusst gemacht wurde“. Bei näherer Betrachtung strotzen die „Archinauten“ geradezu vor überbordender Fantasie. Woher nehmen Sie die Ideen und was ist Ihnen dabei wichtig?
Das Wechselspiel zwischen flächigen und räumlichen Aufgaben, zwischen Schnellbastel-Experimenten und mehrstündigen Projekten zu verschiedensten Themen ist gewollt, denn Kinder lieben Abwechslung und schnell sichtbare Ergebnisse! Fantasie, Neugier und Spieltrieb liegen in der Natur der Kinder und, wenn wir ehrlich sind, auch in uns selbst. Lassen wir diese Kreativität zu und geben ihr einen Rahmen und roten Faden, lösen sich Aufgaben wie von selbst. Bei der Suche nach Ideen haben wir oft zunächst nur ein Schlagwort oder eine Frage im Kopf, z. B. „Hochhausbau“. Wir haben überlegt, wie man den Grundprinzipien der Hochhausstatik und der Abhängigkeit der Silhouette von der Grundrissform kindgerecht auf die Spur kommt. Entstanden ist ein verrücktes Besenstielhochhaus mit einer Holzplatte als Fundamentund dem Besenstiel als Kern. Mit Hilfe von Papprollen über dem Kern werden Pappgrundplatten verschiedener Größe und Form übereinander gestapelt. Zuletzt werden über Kerben an den Grundplatten von der Spitze bis zum Fundament Bindfäden gespannt, als leichte Fassade. Die Silhouette und damit die Entwicklung von 2D zu 3D werden sichtbar. Uns ist wichtig, dass hinter allen Aufgaben ein konkretes Lernziel steht. Und wir nutzen bewusst einfache Mittel und Materialien, die leicht zu beschaffen, billig oder kostenlos verfügbar sind.

Ihre Erfahrungen haben Sie zusammen mit Ihrer Mitstreiterin Claudia Beckmann jüngst in ein Kompendium einfließen lassen. Was erwartet den Leser?
Unser Kompendium als Zusammenstellung unserer bisherigen durchgeführten Projekte verstehen wir als ein Lehrprogramm für Architekturvermittlung an Grundschüler. Es beinhaltet sowohl die Beschreibung kleiner Aufgaben für den Auftakt und zum Kennenlernen, von Experimenten, also kurzen Projekten und Spielen zur Auflockerung, als auch von komplexen Aufgaben über längere Zeiträume und von Serien.
Wir als Nichtpädagogen berichten auch über unsere Selbsterfahrung bei der erzieherischen Arbeit und geben methodische Tipps. Architekturvermittlungsarbeit vernetzt sich mit Inhalten von Unterrichtsfächern wie Kunst, Werken, Deutsch, Mathematik und Sachkunde. Mittlerweile vermitteln wir unsere Erfahrungen auch in Seminaren an Pädagogen. Wir freuen uns sehr, dass die „Archinauten“ Schule machen und Projektideen zum Thema Architektur Einzug in das Lehrprogramm der Schulen finden. Wir können unsere Kolleginnen und Kollegen nur ermuntern, es uns in Sachen Architekturvermittlung gleich zu tun, denn auch wir Architekten lernen dabei, die Welt wieder mit den
Augen der Kinder zu sehen sowie mutig und offen an Dinge heranzugehen!

Interview: Björn Radermacher

BESTELLUNG:
Das 48 Seiten starke Kompendium „Erforsche die Welt der Architektur“ kann gegen eine Schutzgebühr bei Katja Huhle bezogen werden, per E-Mail an buero@huhle-undpartner.de.

veröffentlicht am 27.04.2014 von Björn Radermacher · Rubrik(en): News, Architektur und Schule

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