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Forum Dorferneuerung ...

Bericht zum Forum Dorferneuerung und ländliche Entwicklung am 21. März 2001

Das von der Architektenkammer Thüringen organisierte Forum "Dorferneuerung und ländlichen Entwicklung" wurde von Frau Dr. Sylvia Böhme, Vorstandsmitglied der AKT und Vorsitzende des Stadtplaner-Ausschusses, eröffnet. Karl-Friedrich Thöne, Abteilungsleiter Landentwicklung im Thüringer Ministerium für Landwirtschaft, Naturschutz und Umwelt, informierte eingangs über Stand und Perspektiven der Dorferneuerung im Freistaat. Er unterstrich, dass zwischen der für die Dorferneuerungsförderung zuständigen Landentwicklungsverwaltung und der Architektenkammer, insbesondere durch den ständigen fachlichen Austausch mit der Arbeitsgruppe Dorferneuerung, ein erfreuliches Maß an guter Zusammenarbeit besteht.

Die Dorferneuerung soll nach einem Positionspapier der Bundesregierung auf Maßnahmen konzentriert werden, die geeignet sind, die Umwelt zu schützen oder Umweltleistungen zu erzielen sowie Arbeitsplätze zu sichern oder Beschäftigungseffekte zu erzielen. Einzelinvestitionen sollen in integrierte Dorfentwicklungskonzepte eingebunden werden. Eine Neubewilligung soll es nicht mehr für Maßnahmen geben, die allein der Dorfverschönerung ohne strukturelle Verbesserungen dienen. Die Dorferneuerung in Thüringen ist zu 75 % aus EU-Mitteln finanziert, 25 % der nationalen Kofinanzierung erfolgt aus der Gemeinschaftsaufgabe. Wird der Gemeinschaftsaufgabenanteil reduziert, können die EU-Mittel nicht mehr in Anspruch genommen werden, weil entsprechende Landesmittel aufgrund der Einsparzwänge nur im ganz begrenzten Umfang zur Kofinanzierung zur Verfügung stehen.

Die Dorferneuerung ist ein wichtiges Instrument und Förderprogramm für eine integrierte, gesamtheitlich angelegte, nachhaltige Entwicklungsstrategie für ländliche Räume in Thüringen. Seit 1991, dem Beginn der Dorferneuerungsbewegung, wurden unübersehbare positive Ergebnisse hervorgebracht, dörfliche Entwicklung initiiert und begleitet. Obwohl im Laufe der Jahre die Förderkonditionen bescheidener gestaltet werden mussten und trotz der Tatsache gegenüber anderen Förderprogrammen deutlich niedriger Fördersätze hat das Interesse an der Dorferneuerung nicht nachgelassen. Sie ist als wesentlicher Faktor ländlicher Entwicklung für die Gemeinden und für die Bürger im ländlichen Raum unverzichtbar geworden. Seit 1991 wurden in Thüringen über 700 Millionen DM öffentliche Fördermittel für die Dorferneuerung bereitgestellt. Mit den bewilligten Maßnahmen wurde ein Investitionsvolumen von über 2 Milliarden DM initiiert. Damit konnten rund 12.000 kommunale und über 30.000 private Maßnahmen in den Dörfern realisiert werden. Wenn über Perspektiven der Dorferneuerung geredet wird, muss sich zu allererst an den Kundenwünschen orientieret werden. Dorferneuerung ist eine kommunale Selbstverwaltungsaufgabe. Kunden sind die Landgemeinden mit ihren Bürgern und mit ihren Bürgermeistern als demokratisch legitimiertes Sprachrohr.

Die Dorferneuerung sollte nicht vordringlich als Finanzierungsprogramm verstanden werden, sondern man sollte sie zur echten Bürgerbewegung und -initiative machen, forderte Thöne. Die Dorferneuerung muss künftig deutlicher auf Nachhaltigkeit und ganzheitlicher Dorfentwicklung orientiert werden. Daraus folgt, dass verstärktes Augenmerk auf die Leitbildentwicklung für das Dorf gemeinsam mit den Bürgern zu richten ist. Dafür wird auch das kreative Potential der Planer benötigt. Mit insgesamt 5,6 Milliarden DM stehen Strukturfondsmittel der EU Förderung in der jetzt laufenden Förderperiode von 2001 bis 2006 einschließlich komplementärer Bundes- und Landesmittel zur Verfügung.

Für die Dorferneuerung stehen in den Jahren 2001 und 2002 nach dem Doppelhaushalt jeweils ca. 100 Millionen DM pro Jahr zur Verfügung. Faktum ist jedoch , dass mit der laufenden Strukturfondsförderperiode der EU in der Thüringen insgesamt als Ziel-1-Gebiet ausgewiesen ist, noch bis 2006 die einzigartige Chance besteht, im großen Maße in die Dörfer zu investieren. In den letzten Wochen hat es alarmierende Meldungen zum galoppierenden Bevölkerungsschwund in den neuen Ländern in der Presse gegeben. Thöne nahm auch zur demografischen Entwicklung und den daraus abzuleitenden Konsequenzen für die Dorferneuerung Stellung. Hierzu wurde von seinem Haus gemeinsam mit der Thüringer Staatskanzlei eine Studie zu Entwicklungsperspektiven ländlicher Räume in Thüringen vorgelegt. Diese Studie weist im Zeitraum der nächsten 20 Jahre in den ländlichen Räumen Thüringens einen kontinuierlichen Bevölkerungsrückgang aus. Das wurde von dem nachfolgende Referenten Dr. Manfred Ohst aus Weißenborn eindrucksvoll untermauert, der am ganz konkreten Beispiel eigener Untersuchungen zur Bevölkrungsstruktur seines Ortes diesen Trend darstellte. Dabei äußerte er herbe Kritik an den Maßnahmen der Regierung von Bund und Land, die seiner Meinung nach völlig ungenügend sind.

Die Entwicklung der Dörfer werden vor allem vom funktionalen Wandel geprägt, der durch den hohen Arbeitsplatzabbau in der Landwirtschaft und die reduzierte Bedeutung als Gewerbestandort am deutlichsten sichtbar ist. Damit geraten die Dörfer in Gefahr, sich zu Wohnstandorten zu entwickeln, mit ausgeprägten Konfliktpotential zwischen Wohnfunktion und den letzten verbliebenen land- und forstwirtschaftlichen Betrieben. Als entwicklungsbestimmenden Rahmenbedingung ist die neue Richtlinie "Förderung der Dorferneuerung" rückwirkend zum 1.1.2000 in Kraft getreten (veröffentlicht im ThüStAnz Nr.10). Ab diesem Jahr wird die Erarbeitung der Dorfentwicklungsplanung wieder gefördert. Im Sinne von Qualitätsmanagement kann damit verstärkt Einfluss auf die Güte der Planungen genommen werden. Thöne hielt es für vorteilhaft, wenn sich erneut Vertreter der Architektenkammer finden, die sich an die Prüfung der Dorfentwicklungsplanungen beteiligen. Daran schloss sich der Vortrag von Jochen Menz zu den "Zukunftschancen für die Dorfentwicklung" an. Dieser ging ebenfalls von dem sich abzeichnenden Bevölkerungsrückgang in den ländlichen Gebieten und den daraus entstehenden Problemen aus. Als großes Problem sieht er bei der Dorfentwicklung die finanzielle Beteiligung der Gemeinden. Er betonte, dass die Gemeinderäte, die richtigen Prioritäten zur Entwicklung des Dorfes setzten müssen. U. a. verwies er auf die Forderungen nach einem qualifizierten Flächenmanagement mit Verwertung von Brachflächen und einer Einstellung der extensiven Ausweitung bei Neuansiedlung.

Als wichtige Aspekte sollten weiterhin gesehen werden, die Unterstützung des Modells der Direktvermarktung und die Entwicklung moderner Arbeitsplatzangebote unter Nutzung der Telekommunikation. dahingehend ist auch eine Einstellung aller Planungsmechanismen notwendig. Aus der Sicht des Architekten schilderte Reiner Rossbach aus Gleichamberg, Mitglied der AG Dorferneuerung bei der AKT, seine Erfahrungen mit dem Instrument "Dorferneuerung". Er bestätigte die positiven Wirkungen des DE-Programmes in den letzten Jahren. Bezüglich der Problematik Planungsqualität appellierte er an die Gemeinden nur wirklich fachkundige Büros mit entsprechenden Referenzen für ihre Planungsaufgaben einzusetzen. Dabei wies er aber auch auf die Gefahr hin, dass bei knapperen Fördermitteln die Gefahr besteht, einen Preis- anstatt Leistungswettbewerb zu forcieren, der bei möglichen unauskömmlichen Honoraren für die Planer zwangsläufig einen Qualitätsverlust mit sich zieht.

veröffentlicht am 25.04.2001 von Susann Weber · Rubrik(en): News

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