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Geldanlage: Gedämmter Optimismus

Von der geplanten Energiesparverordnung sollten Bauzulieferer besonders profitieren.

Die Luft wird knapp, und zwar nicht nur an der Börse. Seit Jahren warnen Umweltschützer vor dem so genannten Treibhauseffekt. Der entsteht durch Abgase, insbesondere Kohlendioxid (CO2), und könnte zu massiven Klimaänderungen führen. Jetzt schreitet die Bundesregierung zur Tat. Auf einen Schlag, so Bundeswirtschaftsminister Müller, sollen das Klima geschützt, Arbeitsplätze am Bau gesichert, Energie gespart und die Wirtschaft angekurbelt werden.

Das Wundermittel, von dem uns Müller so viel verspricht, hat einen Namen und nennt sich "Verordnung über energiesparenden Wärmeschutz und energiesparende Anlagetechnik bei Gebäuden". Der erste Entwurf der Energiesparverordnung, wie sie in der Kurz- oder zumindest kürzeren Fassung heißt, wurde Anfang März von der Bundesregierung vorgelegt. Bis sie in Kraft tritt, wird zwar noch einige Zeit ins Land gehen. Erst muss der Entwurf begutachtet werden und die europarechtlichen Hürden nehmen. Spätestens gegen Ende des 2. Halbjahres 2002 dürfte es dann soweit sein.

Chance Altbausanierung

Spezialisierte Baumaterialzulieferer können sich darauf freuen. Denn die Verordnung soll vor allem mit modernen Heizungen, Wärmedämmungen und Fenstern für massive Energieeinsparungen im Baubestand sorgen. Besonders in der Altbausanierung wittert die Bundesregierung gute Chancen auf eine nachhaltige Steigerung der Energieproduktivität.

So sind bundesweit noch immer über zwei Millionen Heizkessel im Einsatz, die schon vor den strengeren Standards von 1978 eingebaut wurden. Diese Heizungen weisen Wirkungsgrade von teilweise unter einem Drittel der heute möglichen Effizienz auf. Benötigen moderne Geräte gerade einmal sieben Liter Heizöl pro Quadratmeter und Jahr, sind für den Betrieb der alten Kessel oft 20 Liter und mehr nötig.

Die Bundesregierung argumentiert, dass sich die nötigen Investitionen auf Grund der Kosteneinsparungen durch den niedrigeren Energieverbrauch rechnen. Ganz so sicher scheint man sich da aber doch nicht zu sein. Deshalb ist geplant, dass die Nachrüstungsverpflichtungen für Heizungen verschärft werden. Nach Inkrafttreten der Energiesparverordnung könnte für Unternehmen wie den Heizungsspezialisten Buderus endlich das große Geschäft mit dem Kesselaustausch losgehen, auf das das Unternehmen seit Jahren hofft.

Günstige Kredite bei Modernisierung

Der Austausch von Verglasungen und Fenstern und die nachträgliche Dämmung von Rohrleitungen und Geschossdecken könnten zusätzlich helfen, an den Heizkosten zu sparen. Besonders bei anstehenden Modernisierungsmaßnahmen wird künftig strenger darauf geachtet werden, dass Bauherren die Möglichkeiten zum Energiesparen stärker als bisher ausschöpfen.

Neben den strengeren Genehmigungskriterien ist auch geplant, Modernisierungen durch günstige Kredite zu fördern. Dazu soll ein neues Programm aufgelegt werden. So fördert man speziell Altbauprojekte, sofern diese der Minderung des CO2-Ausstoßes dienen.

Das sind gute Nachrichten für Unternehmen wie Weru, Porta Systems und Wickrather Bauelemente. Die Anbieter von Fenstern und Türen haben zuletzt besonders unter der negativen Entwicklung des deutschen Bausektors gelitten. So mussten sie im vergangenen Jahr mit höheren Materialkosten bei gleichzeitigem Nachfrageeinbruch fertig werden. Der erhöhte Margendruck zwang die Unternehmen dann zu kostspieligen Kapazitätsanpassungen und Restrukturierungsmaßnahmen. Das hat die Ergebnisse kräftig nach unten gedrückt.

Pfleiderer baut auf die Verordnung

Obwohl es langsam wieder aufwärts geht, gelten Fenster und Türen weiter als ein wesentlicher Problembereich unter den Baumaterialien. Nicht umsonst scheint Pfleiderer, deren renditeorientierte Ausrichtung von Analysten gelobt wird, geneigt, sich von diesem Geschäftszweig zu trennen. Da kommt die Energiesparverordnung, die zumindest ab 2002 eine gewisse Belebung des Fenstermarkts verspricht, gerade recht bei der Interessentensuche. Pfleiderer profitiert außerdem auf Grund der starken Präsenz in der Dämmungstechnik. Und schließlich kann die intensivere Diskussion über Klimaveränderung einem Unternehmen, das weltweit führender Hersteller von Windkrafttürmen ist, nur nützen.

Pfleiderer wird also auf die Verordnung bauen. Das ist aber wohl eher die Ausnahme als die Regel. Die deutsche Baubranche steckt seit fünf Jahren in der Krise, an eine nachhaltige Erholung glauben immer weniger Beobachter. Auch das laufende Geschäftsjahr hat noch nicht den erhofften Aufschwung gebracht. Die Energiesparverordnung allein ist wohl kaum das richtige Mittel, um die verbliebenen Arbeitsplätze am Bau zu sichern.

Was den Neubau betrifft, sind wesentliche Verschärfungen vorgesehen, die das Bauen verteuern und so die Nachfrage eventuell reduzieren. Auch der geplante Energiebedarfsausweis könnte in der Anfangsphase für Verwirrung sorgen. Prinzipiell ist es eine gute Idee, durch einen staatlichen Ausweis über die energierelevanten Merkmale von Gebäuden für mehr Transparenz am Immobilienmarkt zu sorgen. Aber bis die Details geklärt sind, könnte die Idee Bauherren viel Zeit und Mühe kosten.

Gute Jahre für Buderus

Für Bauzulieferer wie Buderus dürften trotzdem gute Jahre anbrechen. Die Anzahl veralteter Heizkessel ist groß. Bis der letzte Altbau saniert ist, vergehen unter Umständen Jahrzehnte. In der Zwischenzeit winken gute Gewinne. Das Geschäft mit Neubauten ist allerdings nicht so lukrativ, sodass Buderus für die Zeit nach den Sanierungen neue Wachstumssegmente erschließen muss.

Bis die Gewinne anlaufen, vergeht allerdings noch etwas Zeit. Die Verordnung muss schließlich erst einmal in Kraft treten. Die umweltpolitischen Ziele der Bundesregierung könnten in der Zwischenzeit etwas ins Hintertreffen geraten, falls die Ölpreise weiter fallen. Trotzdem wird an der Einführung der Verordnung kein Weg vorbeiführen.

In einigen Kreisen verliert der Treibhauseffekt zwar langsam an Schrecken. Roy Spencer, ein führender Klimaforscher der US-Raumfahrtbehörde NASA erklärt: "Je besser wir das Klimasystem verstehen, desto niedriger werden die Prognosen über zukünftige Temperaturveränderungen." Spencer hält es für wahrscheinlich, dass die Klimaänderungen am Ende viel harmloser sein werden als heute gedacht.

Zu optimistisch sollte man in dieser Hinsicht allerdings auch nicht sein. Erstens gibt es andere führende Wissenschaftler, die genau das Gegenteil behaupten. Zweitens gewinnt das Thema Klima gerade wieder an Bedeutung, da sich die USA anschicken, ihren Kohlendioxidausstoß - entgegen der Kyoto-Verhandlungen - sogar noch zu erhöhen.

Dadurch besteht das Risiko, dass das Weltklima stärker beinträchtigt wird als in den unterschiedlichen Modellen prognostiziert. In jedem Fall wird der Umweltschutz zu einem der zentralen Themen des nächsten Jahrzehnts werden. Wer sich als Anleger positionieren möchte, kann in die vorgestellten Werte investieren.

veröffentlicht am 02.04.2001 von Susann Weber · Rubrik(en): Energie, News

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