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Hartmut Strube: Eröffnungsrede zur Fachtagung "Integrierte Entwicklung im ländlichen Raum"

Hartmut Strube, Präsident der Architektenkammer Thüringen

Sehr geehrter Herr Minister Dr. Sklenar,
sehr geehrter Herr Antonis Constantinou,
sehr geehrter Herr Engert,
sehr geehrte Landtagsabgeordnete,
sehr geehrte Damen und Herren,

es ist mir eine große Freude, die Veranstaltung zur integrierten ländlichen Entwicklung zum heutigen Beginn der Messe „Haus + Technik“ hier auf dem Erfurter Messegelände zu eröffnen. Mit Freude haben wir festgestellt, dass das Thema auf ein großes Interesse in Thüringen und darüber hinaus in den neuen Bundesländern gestoßen ist. Deshalb freue ich mich, dass ich Sie hier im Kongressgebäude so zahlreich begrüßen kann. Bedanken möchte ich mich bei der Messe Erfurt für die Unterstützung und ich beglückwünsche die Messegesellschaft zur gemeinsamen Ausstellung der „naro-tech“ und der „Haus + Technik“, bei der wir im Anschluss den diesjährigen Thüringer Holzbaupreis mit dem Bauministerium und dem Landwirtschaftsministerium verleihen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren,

Großbritannien und Thüringen haben nicht nur die Familienbande der Adelsgeschlechter gemeinsam, sondern auch das Thema „Public Private Partnership“ ist in beiden Ländern zum Erfolgsmodell geworden. Public Private Partnership in Großbritannien heißt 20 % aller öffentlichen Investitionen werden über die Partnerschaft in der Errichtung, Finanzierung und Betreibung realisiert. Public Private Partnership in Thüringen heißt seit 1992 die Partnerschaft zwischen dem Thüringer Ministerium für Landwirtschaft, Naturschutz und Umwelt und der Architektenkammer Thüringen als Dritten, als Privaten. Eine Partnerschaft, die sich widerspiegelt in der gemeinsamen Herausgabe der Honorarregelung zur Dorferneuerung, den Leitbildern in der Dorferneuerung, der Beurteilung von Dorfentwicklungsplanungen, bei den Amtshilfen unsererseits zu Rechtsfragen oder zu Honoraren und darüber hinaus natürlich mit den „Schulen der Dorferneuerung“ als Teil der Informations-, Beratungs- und Motivationsphase in der Dorferneuerung Thüringens.

Teilnehmer aus 132 Gemeinden beteiligten sich in den letzten 2 Jahren in den „Schulen der Dorferneuerung“. Aktionsprogramme und Dorferneuerungsbeiräte sind das Ergebnis der Seminare. Bürgerbeteiligung, die der Dorferneuerung einen Qualitätsschub gegeben hat und durch das Engagement der Bürger bei der Entwicklung ihres Dorfes, ihrer Gemeinde, ihres Ortsteiles eine Verstetigung garantiert wird.

Werter Herr Minister,

kein anderes Ministerium in Thüringen pflegt über solch einen langen Zeitraum eine Partnerschaft wie die unserige zum gegenseitigen Nutzen, so intensiv und wirkungsvoll wie Ihres. Dafür möchten wir Ihnen und vor allem der Abteilung Ländlicher Raum danken und verbinden unseren Dank mit dem Angebot zu einer weiteren, intensiveren Zusammenarbeit in den Zeiten knapper Kassen, denn es heißt die Entwicklung des Ländlichen Raumes als Wohn-, Arbeits- und Erholungsraum zu gestalten. Gestaltung erfordert Planung und dazu sind wir Ihre Partner, denn nur eine Planung kann den Erfolg garantieren.

Meine sehr verehrten Damen und Herren,

die Entwicklung des Ländlichen Raumes steht vor einem Paradigmenwechsel. Gründe sind die Stadt-Land-Flucht, die Reduzierung der Beschäftigtenzahl in der Land- und Forstwirtschaft, die demografischen Entwicklung in den Gemeinden und Kommunen. Die neuen Ansätze heißen integrierte Entwicklung, eine Integration zwischen den Gemeinden und den Kleinstädten im Ländlichen Raum, in der Verbindung mit einem wirksamen Regionalmanagement. Hierbei sind nunmehr die Dorferneuerung, Flurbereinigung und der Ländliche Wegebau zu verzahnen und die Investitionen aufeinander abzustimmen. Einfließen muss auch weiterhin die Unterstützung der Leaderprogramme und der Agenda 21-Initiativen. Regionale Entwicklungskonzepte, agrastrukturelle Planungen sind fast flächendeckend und somit ausreichend vorhanden. Diese gilt es auf ihre Aktualität zum Beispiel in Bezug auf Demografie und Wirtschaftsentwicklung, auf Arbeitsplatzpotential zu überprüfen. Eine neue Planungswut ist nicht notwendig. Es gilt die vorhandenen um die Anforderungen „Nachhaltigkeit“ und „Lebenszyklen“ zu ergänzen.

Integrierte Ländliche Entwicklung heißt eine funktionale Zuordnung in der Region. Das bedeutet den Abschied vom Gemeindehaus, Feuerwehrhaus, Vereinshaus, Gasthaus, der Schule, dem Kindergarten, Sportplatz, Sporthalle, Tennisplatz und vieles mehr in der einzelnen Gemeinde. Es heißt aber auch Abschied von der Wahrung der Gleichwertigkeit der Lebensbedingungen. Abschied nehmen gilt es von den Verwaltungsstrukturen, den funktionalen Zuordnungen der Gegenwart und dies fordert in der Endkonsequenz eine überfällige Gebietsreform in Verbindung mit einer Funktionalreform der Gebietskörperschaften für Thüringen. Synergieeffekte sind im Freistaat Thüringen zwischen der Landesplanung, der Regionalentwicklung, der Städtebauförderung, der integrierten Ländlichen Entwicklung und vor allem dem Regionalmanagement dringend gefordert. Funktionale und inhaltliche Zuordnungen sind dauernd zu überprüfen und zu hinterfragen. Wir fordern hier eine Förderung und eine Förderstruktur, welche die effizienteste Umsetzung garantiert und mit der Verwaltungsmodernisierung Schritt hält.

Sehr geehrte Damen und Herren,

die Europäische Kommission hat mit ihrem Vorschlag für eine Verordnung über die Förderung der Entwicklung des Ländlichen Raumes durch den europäischen Landwirtschaftsfond die Grundlagen der Landentwicklung gelegt. Die neue Verordnung über die Strukturförderung der Europäischen Union öffnet gerade für den Ländlichen Raum auch die Förderung der Zusammenarbeit bei der Entwicklung neuer Produkte, Verfahren und Technologien. Dieses muss sich in der gesamten Breite auch in der Gemeinschaftsaufgabe zur Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes sowie beim Landesprogramm zur integrierten Ländlichen Entwicklung wiederfinden. Unterstützt wird die Öffnung auch für außerlandwirtschaftliche Arbeitsplätze. Ein Entwicklungsschub kann zum Beispiel dadurch entstehen, dass im Ländlichen Raum eine technologische Infrastruktur errichtet wird, die den Zugang zu schnellen Datennetzen wie DSL oder UMTS ermöglichen. Die Konzentration auf Ballungszentren ist für die Entwicklung des Ländlichen Raumes kontraproduktiv und behindert diesen spürbar.

Zur Grundversorgung des Ländlichen Raumes gehören auch Kultur, Freizeit und Erholung. Dieses gilt es, insbesondere im Hinblick auf das Regionalmanagement im Tourismus gleichberechtigt zu fördern. Thüringen hat mit dem Tourismus im Ländlichen Raum sein Entwicklungspotential noch lange nicht ausgeschöpft.

Natürlich darf bei der gesamten Entwicklung nicht die Wahrung des Ländlichen Kulturerbes und die Wahrung von Gebieten mit hohem Naturwert vergessen werden. Landmarken sind auch Denkmale. Und Landschaftsräume, die der Wiederherstellung des natürlichen Erbes dienen, gilt es zu erhalten. Die Bevölkerung, die Nutzer, sind dafür zu sensibilisieren. Auch diesem Ziel dienen unsere „Schulen der Dorferneuerung“.

Wir haben erst jüngst 14 „Fachplaner für Ökologisches Planen und Bauen“ erstmalig in Deutschland hier in der Architektenkammer Thüringen zertifiziert. Die Ökologie, das energiesparende Bauen, das umweltschonende Bauen, die Nutzung erneuerbarer Energien, insgesamt dem Umweltschutz und dem Klimawandel, muss eine Priorität bei der Förderung im Ländlichen Raum eingeräumt werden. Thüringen als Flächenstaat kann sich nur positiv entwickeln, wenn es versteht, eine investive Balance zwischen dem Ländlichen Raum in Verbindung mit den Kleinstädten, den Mittelzentren und den Oberzentren mit all seinen Planungsinstrumenten und Förderprogrammen zu wahren. Hierbei sind vor allem auch die Kommunen mit den Planungsinstrumenten, die in der Verantwortung der kommunalen Hoheit liegen, gefordert. Unabdingbar gilt es natürlich, sich auf wirtschaftliche, wissenschaftliche Entwicklungsräume in Thüringen zu konzentrieren, um „Schwergewichten“ in den Regionen dauerhaft einen Platz im Wettbewerb der Regionen in Europa zu sichern.

Wie ich schon erwähnte, müssen wir uns davon verabschieden, dass wir allen die gleichen Lebensbedingungen bieten werden und zwischen Stadt und Land ein Ausgleich geschaffen wird. Dieses ist gegenwärtig mit den zur Verfügung stehenden Mitteln nicht mehr möglich, aber auch nicht mehr notwendig.

Meine Damen und Herren,

die Förderung der integrierten ländlichen Entwicklung bietet die Chance auf eine Fortsetzung unserer Partnerschaft zwischen Ihrem Ministerium, werter Herr Dr. Sklenar, den nachgeordneten Behörden wie den Ämtern für Landentwicklung und Flurneuordnung in Gera, Meiningen und Gotha, deren Vertreter ich meinen ganz herzlichen Dank für die Zusammenarbeit mit unserer Arbeitsgruppe „Dorferneuerung“ und in den „Schulen der Dorferneuerung“ der Stiftung Baukultur aussprechen möchte.

Die Landentwicklung kann nur in einer Partnerschaft mit Privaten erfolgreich gelingen. Für die Übertragung von Aufgaben an private Stellen benötigt die Landesregierung Mittel zur Vergabe, zur Vergabe transparenter, gleichbehandelnder und fairer Verfahren. Diese Vergabemittel müssen durch den Landtag, und hier mein Appell an die Abgeordneten des Thüringer Landtages, bereitgestellt werden, um allen Bietern am Markt die gleichen Chancen zur Beteiligung an den öffentlichen Aufträgen zu bieten.

Deshalb auch unsere Forderung, geben Sie den Vergabestellen Vergabemittel, damit Wertschöpfung im Freistaat Thüringen, insbesondere durch Private, durch den Mittelstand und deren Dienstleister erfolgen kann. Ein weiteres gutes Beispiel kann die Neuordnung der staatlichen Umweltämter werden. Auch hier stehen wir, die Landschaftsarchitekten und die Ingenieure, als Partner zu Verfügung, um Aufgaben zu übernehmen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren,

die Architekten und Ingenieure sind Ihre Partner, Ihre Auftragnehmer und Ihre Dienstleister. Wir bieten Ihnen mit unserer Kompetenz Qualität und Erfolg bei der Landentwicklung Thüringens.

veröffentlicht am 02.09.2005 von Birgit Kohlhaas · Rubrik(en): News, Berufspolitik / Kammerarbeit

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