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Namen, Namen, Namen und der Titelschutz

Telefon: 0361/210500,
Telefax 0361/2105050,
E-mail info@architekten-thueringen.org,

Rechtsanwalt Klaus Müller,
Justitiariat der Architektenkammer Thüringen.

Die Universitäten, technischen Universitäten und Fachhochschulen vergeben an diejenigen, die Architektur studiert haben und ihre Abschlussprüfung bestehen, den akademischen Grad des Diplom-Ingenieurs, der Diplom-Ingenieurin oder des Diplom-Ingenieurs (FH), der Diplom-Ingenieurin (FH). Die Hochschulen handeln hier in Ausübung ihrer im Grundgesetz und den Landesverfassungen garantierten Freiheit von Wissenschaft, Forschung und Lehre. Dabei ist es ihnen als Selbstverwaltungskörperschaften überlassen, ob, wie und auf welcher Art und Weise sie das Studium, die Abschlussprüfung und den dazu gehörigen akademischen Grad gestalten. Allerdings gilt diese Freiheit nur, soweit Bundes- oder Landesgesetze keine eigene bzw. anderslautende Regelung enthalten. Der Grund dafür ist, dass das Selbstverwaltungsrecht der Hochschulen auf den Bereich von Wissenschaft, Forschung und Lehre begrenzt ist. Die Bundes- und Landesgesetze enthalten dagegen umfassende Regelungen für alle Lebensbereiche, die auf dem Willen der vom Volk gewählten Parlamente beruhen. Ein Beispiel für dieses Grenzverhältnis ist der Dipl.-Ing- im Fachbereich Architektur, der von der gesetzlich geschützten Berufsbezeichnung Architekt zu unterscheiden ist.

§ 1 des Thüringer Architektengesetzes vom 13. Juni 1997 Berufsbezeichnung
(1) Die Berufsbezeichnung Architekt, Innenarchitekt, Garten- und Landschaftsarchitekt oder Stadtplaner darf nur führen, wer unter einer dieser Bezeichnungen in die Architektenliste (§ 5) eingetragen ist. Die Bezeichnung "frei" darf nur führen, wer unter dieser Tätigkeitsart in die Architektenliste eingetragen ist.

(2) Wortverbindungen mit der Berufsbezeichnung nach Absatz 1 sowie Zusätze oder ähnliche Bezeichnungen dürfen nur Personen verwenden, die befugt sind, die entsprechende Berufsbezeichnung zu führen. Gemeint sind nach der Rechtssprechung der Zivil- und Verwaltungsgerichte zu dieser Vorschrift beispielsweise Architektur, Architekturbüro oder Architektenleistung.

(3) Bezeichnungen, die auf Zusammenschlüsse von Architekten oder Architekten mit Ingenieuren hinweisen, dürfen in Verbindung mit der Berufsbezeichnung nach Absatz 1 oder ähnlichen Bezeichnungen nur geführt werden, wenn die Berufsgesellschaft in das Verzeichnis nach § 10 eingetragen sind.

(4) Die Bezeichnungen dürfen in der weiblichen oder männlichen Sprachform geführt werden.

(5) Das Recht zur Führung akademischer Grade bleibt unberührt.

(6) Soweit in den folgenden Bestimmungen der Begriff Architekt verwendet wird, gelten diese Bestimmungen auch für die Innen-, die Garten- und Landschaftsarchitekten sowie die Stadtplaner, soweit nichts anderes bestimmt ist.

Was bedeutet dieses Gesetz?


Diese Vorschrift verwehrt es den Hochschulen, ihren Absolventen im Fachbereich Architektur neben dem akademischen Grad auch den Titel Architekt zu verleihen. Auch als Selbstverwaltungskörperschaften müssen sie sich an das Thüringer Architektengesetz halten. Der Landtag hat dieses Gesetz gemacht, um das Vertrauen der Bauherren in die Fähigkeiten der Architekten zu schützen. Zu diesen Fähigkeiten gehören nach seiner Auffassung nicht nur das Studium der Architektur. Er verlangt von den Architekten zusätzlich eine ausreichende praktische Berufserfahrung aber auch, dass ihre wirtschaftlichen Verhältnisse geordnet sind, damit sie die Interessen ihrer Bauherrn wahrnehmen können. Diese Voraussetzungen haben die Eintragungsausschüsse der Architektenkammern zu prüfen, bevor sie einen Dipl.-Ing. als Architekten in die Architektenliste eintragen. Die Freiheit von Wissenschaft, Forschung und Lehre gibt den Hochschulen nicht das Recht, in diese Regelungen einzugreifen. Das damalige Kreisgericht Erfurt hat 1992 sogar entschieden, dass alte Hochschulzeugnisse mit dem akademischen Grad Architekt vor dem Thüringer Architektengesetz zurücktreten müssen. Seitdem schreiben die Hochschulen in ihre Abschlusszeugnisse, dass sie im Fachbereich Architektur den akademischen Grad des Dipl.-Ing. oder Dipl.-Ing. (FH) verleihen.

Was bedeutet das für die Absolventen aus dem Architektur-Studium?


Es stellt sich die Frage, inwieweit die Absolventen im Zusammenhang mit ihren akademischen Grad Dipl.-Ing. darauf hinweisen dürfen, dass sie Architektur studiert haben bzw. ihren akademischen Grad im Fachbereich Architektur erworben haben. Hierzu gibt es eine unterschiedliche Rechtssprechung verschiedener Gerichte, die so aber nur auf den ersten Blick erscheint und letztlich doch eine rote Linie verfolgt. Dabei sind zwei wichtige Aspekte im Auge zu behalten: Das ist einmal der bereits zitierte § 1 des Thüringer Architektengesetzes. Diese Vorschrift ist eine Verbotsvorschrift und Zuwiderhandlungen dagegen kann die Architektenkammer Thüringen mit einem Bußgeld bis zu einer Höhe von EURO 10.000,- belegen. Der zweite Aspekt ist das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb. Dieses Gesetz sieht vor, dass man im wirtschaftlichen Wettbewerb seine Kunden nicht über seine Fähigkeiten in die Irre führen darf. Wer entgegen dieser Vorschrift seine Kunden in die Irre führt, ist beispielsweise der Architektenkammer zur Unterlassung verpflichtet. Aus der außer- und gerichtlichen Durchsetzung dieses Unterlassungsanspruchs entstehen sehr schnell Rechtsanwaltsgebühren und Gerichtskosten von mehr als EURO 5.000,-. Wer also den Eindruck erweckt, ein Architekt zu sein, obwohl er nicht in die Architektenliste eingetragen ist, auf den kommen sowohl ein Bußgeldverfahren, als auch ein Unterlassungsanspruch mit erheblichen finanziellen Folgen zu.

Wie hat nun die Rechtssprechung entschieden?


Das Oberlandesgericht Hamburg hatte 1994 über den Fall des Dipl.-Ing. Kevin Mertens zu entscheiden, der als

Dipl.-Ing. Architektur

auf seinem Büroschild und im Telefonbuch firmierte, ohne in die Hamburger Architektenliste eingetragen zu sein. Von der Architektenkammer Hamburg auf Unterlassung verklagt, verteidigte er sich mit dem Argument, seine Berufsfreiheit aus Artikel 12 des Grundgesetzes umfasse das Recht, umfassend auf seinen akademischen Grad hinzuweisen. Dem widersprach das Oberlandesgericht und verurteilte ihn auf Unterlassung. Zur Begründung führte es aus, dass das Wort Architektur auf dem Büroschild und im Telefonbuch missverständlich ist, weil der unbefangene Betrachter dies nicht für die Angabe eines akademischen Grades, sondern den Hinweis auf ein Architekturbüro hält. Letzteres zu führen ist aber allein eingetragenen Architekten vorbehalten. Ein rechtswidriger Eingriff in das Grundrecht auf freie Berufsausübung aus Artikel 12 des Grundgesetzes liegt nicht vor, weil das Recht des Dipl.-Ing. Kevin Mertens auf Angaben zu seinem akademischen Grad vor dem Vertrauen der Öffentlichkeit in den Architektenberuf zurücktreten muss. Das Gericht gab dem Dipl.-Ing. Kevin Mertens auf, einen unmissverständlichen Weg zu suchen, auf seinen akademischen Grad hinzuweisen. Diese nächste Entscheidung fällte das Oberlandesgericht Frankfurt/Main 1999. Es hatte über eine Visitenkarte zu entscheiden. Darauf stand

Ingenieurbüro Braun Fassadentechnik
Marco Braun Diplom-Ingenieur Architektur

In diesem Fall hatte die Architektenkammer Hessen auf Unterlassung geklagt, weil sie in der Visitenkarte einen wettbewerbswidrigen Verstoß gegen das hessische Architektengesetz sah. Dem wollte das Oberlandesgericht aber nicht folgen. Es wies die Klage der Architektenkammer zurück und betonte, dass der verständige Betrachter die Visitenkarte nicht anders lesen könne, als dass Marco Braun ein Ingenieurbüro betreibe und über eine Architektenausbildung verfüge, nicht aber, dass er darüberhinaus Architekt sei. Bei dieser Entscheidung bezog sich das Gericht sowohl auf den Inhalt der Visitenkarten als auch auf Ihre Gestaltung. Das Pendel der Gerechtigkeit war also hin und her geschwungen.

Die letzte Entscheidung kam 2001 vom Landgericht Freiburg. Es ging um die Dipl.-Ing. Liane König die auf ihrem Büroschild, ihren Visitenkarten, ihren Briefköpfen und im Telefonbuch

Dipl.-Ing. Büro für Architektur

angegeben hatte. Das Landgericht bezog sich auf den aufmerksamen Betrachter und gab der Architektenkammer Recht. Es entschied, dass die Dipl.-Ing. zwar auf ihren akademischen Grad hinweisen darf, dadurch aber keinesfalls den Anschein erwecken darf, sie sei Architektin. Genau dieser Anschein entsteht aber nach der Auffassung des Gerichts, wenn die Dipl.-Ing. Liane König im Zusammenhang mit ihrem akademischen Grad auf ein Büro für Architektur hinweist.

Wo ist die rote Linie in diesen Entscheidungen?


Unabhängig von der Frage, ob ein Betrachter unbefangen, verständig oder aufmerksam ist, stellen alle drei Entscheidungen auf den Aspekt der Irreführung ab. Darauf kommt es an, weil das Architektengesetz ja das Vertrauen der Bauherrn in die Fähigkeiten der Architekten schützt. Sobald also der Eindruck entsteht, dass mit der Angabe des Dipl.-Ing. im Fachbereich Architektur die Berufsbezeichnung Architekt geführt wird, liegen zugleich ein Verstoß gegen das Thüringer Architektengesetz und eine Irreführung des Wettbewerbes vor. Eine solche Irreführung muss ausgeschlossen sein. Dabei gilt im Zweifel, dass jede zusätzliche Erklärung einen Irrtum eher ausschließt, als das die dürre Angabe Dipl.-Ing. Architektur nicht zum Irrtum führt. Dazu ein paar Beispiele:

Ingenieurbüro
Dipl.-Ing. (FH-Architektur) Rocco Theissen

Die Angabe Ingenieurbüro und die Verbindung des Wortes Architektur mit der allgemein bekannten Abkürzung für Fachhochschule und zumal in Klammern gesetzt machen klar, dass es hier nicht um einen Architekten geht. Diese Angabe ist nicht irreführend.

Dipl.-Ing. Architektin Cora Waldhäusl

Warum sollte man annehmen, dass es hier nicht um eine Architektin geht? Diese Angabe ist irreführend.

Dipl.-Ing. (Architektur) Julia Buck
Büro für Planung und Gestaltung

Die genaue Bezeichnung des Büros und die Architektur in Klammern machen klar, dass es hier nicht um einen Architekten geht. Diese Angabe ist nicht irreführend.

Dipl.-Ing.büro (Architektur)
Sandro Brauleben

Weil das Büro hier unmittelbar mit der Architektur verbunden ist, denkt man an einen Architekten. Diese Angabe ist irreführend.

Architektur Dipl.-Ing. Mania Maxmann

Das ist doch auch eine Architektin! Diese Angabe ist irreführend.

Im Hinblick darauf, dass die Namensgebung eines Büros und die Angaben zum akademischen Grad also wohl überlegt sein müssen, gilt der Ratschlag: Fragen Sie die Architektenkammer Thüringen doch einfach, ob Bedenken mit ihren Angaben bestehen.

veröffentlicht am 22.03.2002 von Susann Weber · Rubrik(en): News, Berufspraxis

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