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Neugestaltung des Gedenkortes Ellrich-Juliushütte

Ergebnis des nichtoffenen Ideen- und Realisierungswettbewerbs

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Eingangsbereich der Gedenkstätte 1. Preis PSL Landschaftsarchitekten Ziegenrücker. Dorlas. PartGmbB, Bild: PSL Landschaftsarchitekten

Das Gelände des ehemaligen KZ-Außenlagers Ellrich-Juliushütte ist Informations- und Gedenkort für zwei Abschnitte der deutschen Geschichte zugleich. Ehemalige Lagerinsassen und ihre Angehörigen suchen den Ort auf, um der hier Ermordeten zu gedenken; zu den Jahrestagen der Lagerbefreiung finden auf dem ehemaligen Appellplatz öffentliche Gedenkveranstaltungen statt. Gleichzeitig ist das Gelände ein Zeugnis der deutschen Teilung; dem Besucher soll die ehemalige Grenze auch dazu als Erinnerungsort nähergebracht werden.

Die doppelte Funktion als Informations- und Gedenkort ist bestimmend für die Neukonzeption der Außengeländegestaltung, für welche die Gemeinde Walkenried, die Stadt Ellrich und die Stiftung Naturschutz Thüringen zusammen einen nichtoffenen Ideen- und Realisierungswettbewerbs auslobten. Die zu erbringenden Leistungen umfassten konkrete Vorschläge zur Gestaltung und Kenntlichmachung der beiden Massengräber (Realisierungswettbewerb) sowie eine erste Idee zur Neugestaltung und Kenntlichmachung des ehemaligen Lagergeländes (Ideenwettbewerb).

Teilnahmeberechtigt waren Landschaftsarchitektinnen und Landschaftsarchitekten, vier Arbeiten wurden zum Wettbewerb zugelassen. Als Wettbewerbssumme standen insgesamt 23.000 Euro (netto) zur Verfügung, jedem Teilnehmer wurde eine pauschale Aufwandsentschädigung in Höhe von 5.000 Euro gezahlt. Die Jury unter Vorsitz von Prof. Dr. Jens-Christian Wagner, Stiftungsdirektor der Stiftung Gedenkstätten Buchenwald und Mittelbau-Dora, kürte den Entwurf des Erfurter Büros PSL Landschaftsarchitekten Ziegenrücker. Dorlas. PartGmbB mit dem ersten Preis.

Ergebnis

  • 1. Preis (2.000 Euro):
    PSL Landschaftsarchitekten Ziegenrücker. Dorlas. PartGmbB, Erfurt
  • 2. Preis (1.000 Euro):
    Kerck+Partner Landschaftsarchitekten mbB, Hannover

Beurteilung des Preisgerichts zum 1. Preis

- ein sehr durchdachter Entwurf mit überzeugenden Lösungsvorschlägen und zielsicherer und angemessener Anwendung landschaftsarchitektonischer Stilmittel

Ideenteil
- fein abgestimmtes Nutzungskonzept mit Anlehnung der Nutzungsintensität an die Ausprägung der geschichtlichen und naturschutzbezogenen Nutzungsüberlagerung,
- Sichtbarmachung der Intensität der Nutzungsüberlagerung durch Intensität der landschaftlichen Eingriffe (Wald – Baumcluster – Wiese),
- Freistellung einer Schneise entlang der ehemaligen Lagergrenze und clusterartige Gehölzfreistellungen im Inneren sind gestalterisch sehr gut nachvollziehbar, eine weitgehend naturschutzgerechte Umsetzung muss gewährleistet sein,
- eine freigestellte Sichtachse aus Richtung Appellplatz ist sehr geeignet, den Fokus vom Eingangsbereich in Richtung der Grabstätten zu führen, die Orientierung für Besuchende zu verbessern und eine ausschnittsweise eine Vorstellung von der Größe des Lagers zu generieren,
- sehr gute Berücksichtigung der verschiedenen zeitgeschichtlichen Aspekte, Trennung von Lern- und Gedenkorten und Täter-Opfer-Unterscheidung und somit sehr gute Grundlage für die gedenkstättendidaktischen Anforderungen,
- die bewegte Topographie wurde erkennbar berücksichtigt,
- Wegeerschließung auf Grundlage der vorhandenen Wege mit einem durchdachten Besucherleitsystem,
- Informationstafeln nach Themenfeldern differenziert, dabei geeignete Anlehnung an das Layout und Corporate Design des Informationssystems der Gedenkstätte KZ Mittelbau-Dora,
- konkrete und gut umsetzbare Vorschläge für den Umgang mit den vorhandenen baulichen Relikten z.B. Küchentrakt, Häftlingsbaracken, SS-Unterkünfte, dabei geeignete Ansätze einer gestalterischen Differenzierung zwischen Lernorten über die Opfer (Fokus Häftlingsunterkünfte und, optisch abgestuft, Lernorte über das System der Ausbeutung wie SS-Wirtschaftsgebäude)
- herausragende Gestaltung des Appellplatzes mit einer freigestellten Fläche, die mittels eingelassener Platten die historische Nutzung respektvoll symbolisiert, ohne mit dem vorhandenen Gedenkstein zu konkurrieren

Realisierungsteil
- Gestaltung der Grabfelder unter Beachtung der nicht vollständig zu klärender Abgrenzung mit Grauwacke in unterschiedlicher Größe (zentral gröber – nach außen auslaufend und feiner) und dem Weißen der Baumstämme innerhalb des Grabfeldes,
- überzeugend ist die räumliche Nähe der beiden Gedenkplätze an den Grabfeldern mit der Betrachtung von oben,
- es wurde der Gedanke der Spiegelung der Grabfeldgeometrie und Größe umgesetzt, die genug Raum für Gedenkveranstaltungen und Möglichkeit zur Kranzniederlegung bietet,
- für die konkretisierende und weiterführende Planung wird empfohlen, den Gedenkstein und die Ablagefläche für den Trauerschmuck in südliche Richtung zu verschieben, um eine Überbauung von Grabflächen zu verhindern

veröffentlicht am 03.11.2020 von Björn Radermacher · Rubrik(en): News, Wettbewerbe nach RPW: Ergebnisse

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