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Neujahrsgruß des Präsidenten

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Dr.-Ing. Hans-Gerd Schmidt, Präsident der Architektenkammer Thüringen, Bild: J. Konrad Schmidt

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

zum Jahreswechsel rücken zwei berufspolitische Dauerbrenner in den Mittelpunkt, die für die Berufsausübung existenziell sind: das Thüringer Architekten- und Ingenieurkammergesetz (ThürAIKG) sowie die Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI).

Am 8. Dezember 2016 beschloss der Thüringer Landtag in seiner 69. Sitzung der 6. Wahlperiode einstimmig das neue ThürAIKG. Das Prädikat „neu“ trifft im wahrsten Sinn des Wortes zu, da das Gesetz im Vergleich zur bekannten Fassung aus dem Jahr 2008 gravierende Änderungen aufweist. Leider zog sich die Novellierung bis zur Eröffnung des Gesetzgebungsverfahrens deutlich länger hin, als erwartet. Beide Kammern erhielten Gelegenheit, sich aktiv in den Gestaltungsprozess einzubringen. Neben den offiziellen Stellungnahmen und Anhörungen konnte die Architektenkammer Thüringen ihre besonderen Anliegen in weiterführenden Gesprächen mit den Mitgliedern des zuständigen Ausschusses für Infrastruktur, Landwirtschaft und Forsten konstruktiv und zielführend diskutieren. Dafür gilt allen fachlich Beteiligten und Fraktionen mein besonderer Dank!

Ohne vertiefend auf das Erreichte einzugehen, die wichtigsten Neuerungen:

  • eine deutliche Erweiterung der gesetzlich definierten Berufsaufgaben, um den veränderten Tätigkeitsbereichen und den Entwicklungen der Berufsbilder umfassender gerecht zu werden, verbunden mit der Erwartung, verwaltungsrechtliche Probleme von Mitgliedern in Befreiungsverfahren mit der Deutschen Rentenversicherung reduzieren zu können,
  • die Erweiterung der Kammeraufgaben um die Überprüfung von Berufsqualifikationen sowie die Anordnung und Bewertung von Ausgleichsmaßnahmen,
  • die Einführung der Partnerschaftsgesellschaft mit beschränkter Berufshaftung – damit einhergehend die Neubewertung und Festsetzung von Mindestversicherungssummen für Kammermitglieder und Kapitalgesellschaften,
  • ein Novum im bundesweiten Ländervergleich – die Einführung einer Ruhestandsregelung für Mitglieder, die aus Alters- oder Krankheitsgründen gehindert sind, den Beruf weiter auszuüben, verbunden mit dem bewussten Verzicht auf die weitere Wahrnehmung ihrer Rechte aus der Führung der Berufsbezeichnung. So kann auf persönlichen Antrag „Ruheständlern“ die Berechtigung erteilt werden, ihre Berufsbezeichnung mit dem Zusatz „im Ruhestand“ oder „i. R.“ zu führen.

Der guten Ordnung halber sei darauf verwiesen, dass mit Inkrafttreten des neuen Gesetzes alle Satzungen und Ordnungen der Kammer entsprechend anzupassen sind.

Neben dieser positiven Entwicklung gibt es in Sachen der HOAI auch Nachdenkliches zu berichten. Nach dem bereits im Jahr 2015 eingeleiteten Vertragsverletzungsverfahren gegen die Bundesrepublik hat die EU-Kommission im November 2016 beschlossen, Klage vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) zu erheben. Die Einreichung der Klage wird zu Jahresbeginn erwartet. Je nach Komplexität der Sachlage müssen wir uns auf eine Verfahrensdauer von 12 bis 24 Monaten einstellen. Die Kommission vertritt weiterhin die Auffassung, dass mit der Festschreibung von Mindest- und Höchstsätzen für Honorare nach der HOAI die EUDienstleistungsrichtlinie verletzt und damit die Niederlassungsfreiheit von aus- und inländischen Büros in Deutschland behindert wird. Kammern und Verbände, auch europäische Partnerorganisationen, können diese Einschätzung weder nachvollziehen, bestätigen noch teilen. Nach Einreichung der Klage werden der AHO, die Bundesarchitektenkammer und die Bundesingenieurkammer durch gemeinsame beauftragte Gutachten die Bundesregierung bei der Formulierung der Klageerwiderung unterstützen.

Ob beim Kampf für den Erhalt der HOAI oder dem beharrlichen Ringen auf Bundesebene zur Reform des Bauvertragsrechts – viele Themen bedürfen kontinuierlich der Positionierung durch den Berufsstand. Wir sind als Architektenkammern gefordert, für angemessene Rahmenbedingungen der Berufsausübung im gesellschaftlichen und politischen Diskurs zu sensibilisieren und ihrer Umsetzung Nachdruck zu verleihen. Vor diesem Hintergrund ist es wichtiger denn je, mit einer starken Stimme zu sprechen. Eine starke Mitgliederbasis bildet nicht nur das ideelle Fundament, sondern auch die wirtschaftliche Grundlage für berufspolitische Aktivitäten. Hier gilt es, Handlungsspielräume zu sichern und Fachkollegen zu überzeugen, sich aktiv in die Solidargemeinschaft der Architekten einzubringen.

Kammer zu stärken und öffentlichkeitswirksam zu vertreten, wird ein Schwerpunkt der Vorstands-Klausur im Januar sein. Neben der Pflege etablierter Veranstaltungsformate wollen wir im Kammerjahr 2017 berufspolitisch und fachthemenbezogen neue Akzente setzen. Der aktuelle Baukulturbericht 2016/17 – Stadt und Land der Bundesstiftung Baukultur sensibilisiert für Zukunftsperspektiven auf dem Land. Die IBA Thüringen will mit ihren Exzellenzprojekten den Blick für Entwicklungsräume schärfen. Wir werden uns darauf konzentrieren, aktuelle Themen der Entwicklung aufzugreifen. Auch in Thüringen stehen die Zeiten auf Veränderung. Lassen Sie uns gemeinsam die Herausforderungen annehmen.

Für das neue Jahr wünsche ich uns allen Gesundheit, Zuversicht und Erfolg sowie ein kollegiales Miteinander.

Ihr
Dr.-Ing. Hans-Gerd Schmidt, Architekt BDA
Präsident

veröffentlicht am 01.01.2017 von Björn Radermacher · Rubrik(en): News, Berufspolitik / Kammerarbeit

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