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Partner am Bau formulieren Voraussetzungen für gutes Planen und Bauen in Thüringen und fordern gemeinsames Engagement aller Beteiligten ein

Leitbild „Bauen mit Qualität in Thüringen“ vorgestellt

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Moderatorin Victoria Herrmann, Bild: Jens Thasler

Mit dem Ziel, die Baukultur und Bauqualität in Thüringen zu bewahren und zu fördern, sind Architekten, Ingenieure und Bauwirtschaft in den konstruktiven Dialog getreten, um gemeinsam mit weiteren Partnern das Leitbild „Bauen mit Qualität in Thüringen“ zu entwickeln. Mit dem Leitbild werden die notwendigen Rahmenbedingungen skizziert und die Voraussetzungen für ein offenes und gemeinsames Vorgehen aller Akteure geschaffen. Die Architektenkammer Thüringen, die Ingenieurkammer Thüringen, der Bauindustrieverband Hessen-Thüringen e. V., der Verband baugewerblicher Unternehmer Thüringen e. V. und das Bildungswerk BAU Hessen-Thüringen e. V. präsentierten das Leitbild anlässlich des Thüringer Bautags 2016 am 24. Mai auf der Messe Erfurt.

Bauen mit Qualität war und ist ein Standortvorteil für Thüringen und Teil der regionalen Wertschöpfung. Damit Bauqualität in Thüringen wieder mehr zählt, ist ein Umdenken von allen am Bau Beteiligten notwendig – von Bauherren, Architekten und Ingenieuren, von Bauunternehmen und Beschäftigten und selbstverständlich auch von Bauverwaltungen und Politik. Wesentliche Voraussetzungen werden im Leitbild „Bauen mit Qualität in Thüringen“ formuliert:

  • Weg vom Billigbieter – hin zum Bestbieter: Die kurzfristige Orientierung am billigsten Preis überdeckt allzu oft eine Orientierung an Qualität und Wirtschaftlichkeit. Diese Werte müssen dem Billigpreisdenken vorgehen.
  • Gute Planung und Arbeitsvorbereitung durch Architekten, Ingenieure und Baubetriebe hilft Kosten sparen: Sorgfältige Planung und notwendiger Planungsvorlauf gehen angesichts eines vordergründigen Zeit- und Kostendrucks immer mehr verloren. Dabei steigen die Ansprüche an den Planungsprozess, nicht zuletzt durch das nachhaltige Planen und Bauen. Nur mit klaren Zielvorgaben und angemessenen Planungsvorläufen kann wirtschaftlich mit dem Budget umgegangen und die beste Qualität für das vorhandene Budget erzielt werden. Dazu müssen auch die Kompetenzen auf Bauherrenseite wieder gestärkt werden. Personelle Ressourcen in den Verwaltungen zu kürzen, ist der falsche Weg.
  • Nur gute Fachkräfte bringen gute Leistungen: Bei allen muss die Erkenntnis gefördert werden, dass nur Planungsbüros mit gut ausgebildeten Architekten und Ingenieuren und Baubetriebe mit qualifizierten Mitarbeitern gute Bauwerke erstellen können.
  • Klar beschriebene Leistungen, offene Kommunikation und faire Verträge führen zu erfolgreichen Projektabwicklungen: Wichtig für alle Beteiligten sind faire und ausgewogene Verträge. Offene Kommunikation und schnelle Abstimmungen während des Bauprozesses führen zu erfolgreichen Projektabwicklungen. Nur so können Streitigkeiten vermieden, die Erwartungen erfüllt und die Kosten sowie die Termine eingehalten werden.
  • Es gilt, die Politik als Unterstützer des Standortfaktors „Bauqualität“ zu gewinnen: Die Partner des Netzwerkes „Gutes Bauen in Thüringen“ setzen sich gemeinsam dafür ein, die Politik für Rahmenbedingungen zu sensibilisieren, die eine Förderung der Bauqualität und guter Bauarbeit in Thüringen ermöglichen. Der öffentliche Bauherr kann hier eine Vorbildfunktion übernehmen. Bereits bestehende Möglichkeiten zur Vergabe nach qualitativen Gesichtspunkten müssen konsequent genutzt werden.

Stellungnahmen der Beteiligten

Dr. Hans-Gerd Schmidt, Präsident der Architektenkammer Thüringen: „Wir sollten uns gemeinsam darauf konzentrieren, überzeugende Angebote für ein nachhaltiges und qualitätsvolles Bauen anzubieten. Dies setzt eine kritische Eigensicht aller Akteure voraus, auch auf landes- und bundespolitischer Ebene. Die globale Sicht auf ein politisch und wirtschaftlich starkes Europa erfordert zuweilen sachlich-konstruktive und aufwändige Diskurse zu divergierenden Wertvorstellungen. Dabei sollte aus deutscher Sicht Bewährtes angemessen berücksichtigt und nicht übergeordneten politischen Zielen unkritisch unterworfen werden. Insofern freut uns die klare Haltung der Bundesregierung und europäischer Kollegen, sich für den Erhalt der HOAI einzusetzen.“

Elmar Dräger, Präsident der Ingenieurkammer Thüringen: „Negativschlagzeilen zu Bauprojekten betreffen zumeist die Einhaltung von Terminen und Kosten. Manche Bauherren wären gut beraten, sich auf die alte Weisheit ‚Wer billig plant, baut teuer‘ zu besinnen.“

Peter Hübner, Vorstandsvorsitzender Bauindustrieverband Hessen-Thüringen e.V.: „Gutes Bauen in Thüringen liegt nicht allein in der Verantwortung der bauausführenden Unternehmen. Gutes Bauen, darunter verstehen wir eine gute Qualität, Termin- und Kostentreue. Dies kann nur erreicht werden, wenn alle vom Bauherren über den Planer und den Auftragnehmer an einem Strang ziehen. Häufig ist der Planungsprozess noch nicht abgeschlossen, wenn mit dem Bau begonnen wird. Wir fordern: Erst planen, dann bauen“

Andreas Kley, Vorstandsvorsitzender Verband baugewerblicher Unternehmer Thüringen e.V.: „Gutes Bauen in Thüringen erfordert gut ausgebildete und motivierte Fachkräfte. Diese können wir nur gewinnen, wenn wir unseren Arbeitnehmern eine ganzjährige Beschäftigung am Bau sichern. Es liegt auch in der Verantwortung des öffentlichen Auftraggebers, Bauleistungen nicht nur im Sommer, sondern ganzjährig auszuschreiben.“

Heinrich Nenninger, Vorstandsvorsitzender der Landesgruppe Thüringen des Bauindustrieverbands Hessen-Thüringen e. V.: „Die Wirtschaftskraft in Thüringen ist maßgeblich von einer sehr guten Infrastruktur abhängig. Wird hier nicht permanent investiert, werden wir bald wieder den Zustand von 1990 vorfinden. Der Zustand unserer Kommunalstraßen ist katastrophal. Das gefährdet unseren Standort.“

Thüringer Bautag 2016

Welche Voraussetzungen sind zu schaffen, damit qualitätsvolles und innovatives Planen und Bauen zu einer Marke des Landes Thüringen werden kann? Was sind die Bausteine, um Zukunftsfähigkeit zu sichern? Anlässlich des Thüringer Bautags näherten sich diesen komplexen Fragestellungen aus unterschiedlichen Perspektiven Bodo Ramelow, Ministerpräsident des Freistaates Thüringen, Prof. Hans Lechner, TU Graz, Hans Lechner ZT GmbH – Projektmanagementbüro mit Spezialisierung auf komplexe Großbauvorhaben, sowie der Kabarettist Florian Schroeder.
Prof. Hans Lechner referierte „über den Zusammenhang von Qualität, Vergabeart und Vergütung – das Geschäftsmodell für Planung, Objektüberwachung und Bau“. Dabei plädiert er für einen Leistungswettbewerb in Abgrenzung zu einem Preiswettbewerb und betrachtet somit aus Sicht eines Planers und Projektmanagers die Qualitätsparameter, die für die am Bau Beteiligten die beste Gewähr für ein gutes Ergebnis darstellen. Der Beitrag unterstreicht, dass die Komplexität des Planens und Bauens sich nicht im Preiswettbewerb erschöpft.
Auf dem Podium diskutierten über das Leitbild „Bauen mit Qualität in Thüringen“ und über notwendige Umsetzungsschritte neben Prof. Hans Lechner der Staatssekretär im Thüringer Ministerium für Infrastruktur und Landwirtschaft Dr. Klaus Sühl, der Präsident der Architektenkammer Thüringen Dr. Hans-Gerd Schmidt, der Präsident der Ingenieurkammer Thüringen Elmar Dräger, der Vorstandsvorsitzende des Bauindustrieverbands Hessen-Thüringen e. V. Peter Hübner sowie der Vorstandsvorsitzende des Verbands baugewerblicher Unternehmer Thüringen e. V. Andreas Kley.
Am Thüringer Bautag nahmen rund 250 geladene Gäste aus Politik, Wirtschaft und Wissenschaft teil.

veröffentlicht am 24.05.2016 von Björn Radermacher · Rubrik(en): News, Pressemitteilungen, Berufspolitik / Kammerarbeit

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