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Rechtsberatung 2002

Vertreterversammlung AKT 11/2002
Bericht zur juristischen Arbeit der AKT
Rechtsberatung AKT

Im Berichtszeitraum nahm die juristische Tätigkeit breiten Raum in der Kammerarbeit ein. Die für die Kammer tätigen Juristen sahen ihre Aufgabe darin, das Berufsrecht der Mitglieder durchzusetzen und aktiv die Schwerpunkte der berufspolitischen Arbeit zu unterstützen. Vorrangig ging es nicht um die formelle Bearbeitung einzelner Rechtsauseinandersetzungen, sondern vielmehr darum, mit Leidenschaft und Engagement das zunehmend schwerer werdende Berufsfeld der Thüringer Architekten juristisch fundiert zu begleiten.

Die Schwerpunkte der Tätigkeit lagen in folgenden Bereichen:

1. Juristische Beratung

Das Angebot der Kammer zur juristischen Beratung in berufsständischen Fragen wird verstärkt genutzt. Beraten werden die Mitglieder aller Fachrichtungen und Tätigkeitsbereiche. Waren es im Jahre 2001 noch 256 Beratungen, so wurde Rechtsrat 2002 bereits in 323 Fällen erteilt, was von einer großen Akzeptanz, nicht zuletzt auch Qualität, der Beratung zeugt.



Schwerpunkte der Beratung liegen in

* Honorarfragen
* Zunahme Bereich der Berufshaftpflicht
* Zusammenschlüsse zur gemeinsamen Berufsausübung
* arbeits- und sozialrechtliche Frage aufgrund zunehmender Kündigungen und altersstruktureller Büroschließungen
* Insolvenzberatungen aufgrund schlechter Auftragslage, Forderungsausfällen und Überschuldung
* Vergabe- und Vertragsrecht
* Beratung des Vorstandes und der Geschäftsstelle zu rechtsrelevanten Vorgängen insbesondere des Berufsrechts, der Vergabe und Wettbewerbe

Darüber hinaus erfolgte auch die Beratung des Vorstandes und der Geschäftsstelle in juristischen Fragen u. a. des Vergaberechts, der Berufsordnung, des unlauteren Wettbewerbs unter Führung der Berufsbezeichnung.

Hierbei galt es insbesondere, wettbewerbsrechtliche Verstöße durch rechtswidrige Verwendung der Berufsbezeichnung zu ahnden, gegen Unterschreitungen der HOAI-Mindestsätze vorzugehen und auf die Einhaltung des Vergabe- und Wettbewerbsrechts Einfluss zu nehmen. Im Berichtszeitraum wurden in 56 Fällen wegen rechtswidriger Verwendung der Berufsbezeichnung Abmahnungen ausgesprochen und Unterlassungserklärungen eingefordert. In 5 Fällen musste gerichtliche Hilfe in Anspruch genommen werden, die durchweg erfolgreich waren. Wir erinnern in diesem Zusammenhang insbesondere an das Verfahren gegen die Stadt Arnstadt, die im Wiederholungsfall bei einer Maßnahme durch die Art und Weise der Ausschreibung die Abgabe von Angeboten unter den Mindestsatz provozierte.

In einer Vielzahl von Fällen wurde gegen Bauträger und Fertighausanbieter vorgegangen, die bei ihrer Werbung, ohne die Berechtigung zu tragen, die Berufsbezeichnung Architekt oder eine Wortverbindung hieraus einsetzten, um einen Wettbewerbsvorteil zu erzielen.

Darüber hinaus wurde bei erkennbaren Vergabeverstößen der öffentlichen Hand wiederholt die jeweilige Vergabestelle aufgefordert, den Rechtszustand herzustellen und die Grundsätze, insbesondere zur Gleichbehandlung, Transparenz und der Einhaltung der Preisvorschrift, zu wahren. Als Beispiel sei hier genannt die Schulbausanierung, Baumaßnahmen in Gera und Saalfeld sowie am Gutenberggymnasium. Die unmittelbare Einflussnahme auf die Wahrung der Vergabevorschriften hat nicht zuletzt dazu geführt, dass öffentliche Auftraggeber in Thüringen zunehmend Stellungnahmen von der Kammer anfordern und sich über die Grundsätze beraten lassen.

In diesem Zusammenhang wird an die Mitglieder appelliert, bei Unregelmäßigkeiten der Vergabe von ihren subjektiven Rechten als Bewerber Gebrauch zu machen, festgestellte Verstöße unverzüglich zu rügen und, soweit dem nicht abgeholfen wird, ein Nachprüfungsverfahren bei der Vergabekammer zu beantragen.


Die Inanspruchnahme des sich aus dem europäischen Vergaberecht herleitenden Bieterrechtsschutzes ist Ausdruck der Rechtsstaatlichkeit und zwingt die Vergabestellen, die Vergaberegeln konsequent einzuhalten.

Das Justitiariat wirkt darüber hinaus bei der redaktionellen Gestaltung des Faxabrufes und der Internetseite der AKT mit, um den Mitgliedern zu aktuellen Rechtsfragen Hilfestellungen zu geben und über die Entwicklung des Architektenbaurechts zu informieren.

Es ist zunehmend auch eine Akzeptanz von Behörden, Ämtern und Körperschaften zu verzeichnen, die Anfragen, insbesondere zum Vergabe-, Vertrags- und Honorarrecht an die Kammer richten.

2. Ausschussarbeit

Auch die Ausschussarbeit der Kammer wird aktiv juristisch begleitet und unterstützt. So ist Herr Rechtsanwalt Weber Mitglied folgender Ausschüsse:

* Rechtsausschuss der BAK, in dem vorrangig zentrale, den Berufsstand insgesamt betreffende juristische Fragen, z. T. mit europarechtlicher Relevanz, behandelt werden;

* Mitgliedschaft in der Projektgruppe Sicherheits- und Gesundheitsschutzkoordinator bei der BAK, die sich insbesondere mit der Erarbeitung von Empfehlungen zur Honorierung, der Vertragsgestaltung und der Haftung beschäftigt;

* Vorsitz im Schlichtungs- und Ehrenausschuss.

Die Mitglieder des Schlichtungsausschusses sehen ihre Aufgabe darin, bei Rechtsauseinandersetzungen den Parteien Hilfestellung zu außergerichtlichen Lösungen der Rechtskonflikte anzubieten. So konnte im Berichtszeitraum in mehreren Fällen bereits im Vorfeld eines Verfahrens der Rechtsstreit zwischen Kammermitgliedern und Dritten durch schlichtende Einflussnahme und Mediation beigelegt werden bzw. war der Schlichtungsversuch erfolgreich.

Es ist verstärkt festzustellen, dass insbesondere durch Bauherren Anzeige wegen Verstoßes gegen die Berufsordnung gegen Kammermitglieder erstattet werden. In den meisten Fällen handelt es sich jedoch hierbei um den Versuch der Lösung zivilrechtlicher Konflikte, verlagert in den Bereich der Berufsordnung. Die Kammer ist jedoch nicht dazu da, als Ermittlungsorgan den Bauherren bei der Durchsetzung schuldrechtlicher Ansprüche behilflich zu sein. Als Körperschaft des öffentlichen Rechts nimmt die Kammer hier die Berufsaufsicht wahr und wird nur dann tätig, wenn ein nachgewiesener Verstoß gegen die Berufsordnung vorliegt. Dies ist in den wenigsten Fällen so.

Mit der Einleitung von Ehrenverfahren wurde auch im Jahr 2002 erneut auf säumige Kammermitglieder reagiert, die zunächst ihre Beitragspflichten vorenthielten. So wurde flankierend neben Vollstreckungsmaßnahmen im Rahmen der Einleitung von Ehrenverfahren auf das säumige Kammermitglied Einfluss genommen, wobei jeder Einzelfall zu prüfen und sachlich zu bewerten war. Einige Beitragsschuldner gaben ihre Mitgliedschaft auf, anderen wurde durch den Haushaltsausschuss auf Antrag Ratenzahlung gewährt. Der Ehrenausschuss sieht seine vorrangige Aufgabe jedoch nicht darin, als Disziplinarorgan die Mitgliederanzahl zu dezimieren, sondern vielmehr darin, im Rahmen individueller Vorgehensweise auf die betreffenden Mitglieder Einfluss zu nehmen, neben ihren Rechten auch die Pflichten wahrzunehmen.

3. Die juristische Tätigkeit umfasst auch die Beratung des Ausschusses Satzung und Recht und zeitweiliger Ausschüsse oder Projektgruppen, wie der der Landschaftsarchitekten zur Entwicklung eines Aufgabenkataloges im Rahmen der Grünordnungsplanung oder der Stadtplaner hinsichtlich der Dorferneuerung.

Herr Rechtsanwalt Weber ist Mitglied des zeitweiligen Ausschusses zur Novellierung des Architektengesetzes und ist Ausschussvorsitzender zur Novelle der Thüringer Bauordnung. Hier besteht das Ziel, die bestehende landesrechtliche Regelung dem durch die Bauministerkonferenz verabschiedeten Musterarchitektengesetz und der Musterbauordnung anzupassen und eine Deregulierung zu erreichen. Die Berufsverbände wurden zur Erarbeitung eines gemeinsamen Standpunktes zur Gesetzesempfehlung mit einbezogen. Schwerpunkte hierbei waren insbesondere bei der Thüringer Bauordnung die Deregulierung und Harmonisierung der technischen Regelungen und der weiteren Vereinfachung und Beschleunigung des Genehmigungsverfahrens. So wurde vorgeschlagen, die Empfehlung der Musterbauordnung zur Verlagerung hoheitlicher Aufgaben, insbesondere im Brandschutz und in der Energieberatung, auf private Sachverständige zu verlagern. Hierdurch ist mit einer Erweiterung des Tätigkeitsfeldes des Berufsstandes zu rechnen. Der Landesregierung wurde darüber hinaus vorgeschlagen, Mindestbearbeitungsfristen für die Bauordnungsämter und die zu beteiligenden Ämter einzuführen.

Es wird angestrebt, dass für die Innen- und Landschaftsarchitekten eine auf die Fachrichtung begrenzte Bauvorlage einheitlich zur Anwendung kommt.

Wie bereits in der letzten Vertreterversammlung berichtet, sind die Mitglieder der Abgabe eigener Änderungsvorschläge nur im begrenzten Umfang nachgekommen.

Es ist vorgesehen, dass nach der Kabinettsvorlage im Frühjahr 2003 der Entwurf der Novelle dem Parlament zur Lesung vorgelegt wird. Die Kammergruppen werden hier rechtzeitig informiert, um die letzte Gelegenheit wahrzunehmen, Änderungsvorschläge einzubringen.

Herr Rechtsanwalt Weber hat sich bereit erklärt, für die 2003 bevorstehende Kammerwahl den Vorsitz des Wahlvorstandes zu übernehmen. Die juristische Einflussnahme wird darauf gerichtet sein, die Wahl entsprechend der Wahlordnung und den Prinzipien einer allgemeinen, gleichen und geheimen Wahl durchzuführen. Es wird an alle Mitglieder appelliert, von ihrem aktiven und passiven Wahlrecht Gebrauch zu machen, um eine hohe Akzeptanz der zu wählenden Vertreterversammlung, des Vorstandes und des Präsidiums für die bevorstehenden, nicht einfacher werdenden berufsständischen Fragen zu erreichen.



4. Der Justitiar der Kammer unterstützt die Aus- und Weiterbildung und ist als Dozent für das Bildungswerk tätig. Gut angenommen wurde die Ausbildung zum Sicherheits- und Gesundheitsschutzkoordinator und zum Sachverständigen.

Obschon ein hoher Beratungsbedarf zu berufsständischen Fragen besteht, ist die Teilnahme an Fortbildungsveranstaltungen zu rechtsrelevanten Themen dennoch z. T. zögerlich. Die Praxis zeigt, dass es bei der Bewältigung der täglichen Aufgaben unumgänglich ist, Grundsätze des Baurechts zu beherrschen, um als Treuhänder und Sachwalter des Bauherren umfassend die gestellten Aufgaben zu lösen. Zu hohem Fachwissen in Konstruktion und Gestaltung gehört heute auch ein umfassendes Wissen der korrespondierenden Rechtsgebiete. Kaum ein Bauvorhaben kann erfolgreich abgeschlossen werden ohne Berücksichtigung der Rechtsbeziehung der am Bau Beteiligten, so dass auch die Kammer zur Gewährleistung des Verbraucherschutzes und der Akzeptanz des Berufsstandes die Weiterbildung als Berufspflicht fördert.

Die von der Kammer herausgegebenen Publikationen zum Generalplanervertrag von Rechtsanwalt Dr. Kemper oder die CD-ROM HOAI-Praxis von Rechtsanwalt Weber mit ausgewählten Rechtsfragen sollten hierzu mit einen Beitrag leisten. Wir werden bemüht sein, auch in der Zukunft anwendungsbereites Wissen mit hoher Aktualität im Berufs- und Baurecht auf den verschiedenen Medien für die Mitglieder bereitzuhalten.

Die für das Justitiariat tätigen Mitarbeiter bedanken sich für das nun seit mehr als einem Jahrzehnt entgegen gebrachte Vertrauen und sind bemüht, auch in der Zukunft dem stetig steigenden Bedarf an Rechtssicherheit durch juristische Begleitung der Kammer gegenüber ihren Mitgliedern gerecht zu werden.



Dirk Weber
Justitiar
Rechtsanwälte Weber, See, Glock in Erfurt

veröffentlicht am 09.12.2002 von Susann Weber · Rubrik(en): News, Berufspolitik / Kammerarbeit

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