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Rede Hartmut Strube

10 Jahre Architektenkammer Thüringen

Waren dass noch spannende Zeiten, als Anfang 1991 der Gründungsausschuss zur Vorbereitung der Architektenkammer tagte! Die Kammern aus Hessen und Rheinland-Pfalz halfen tüchtig mit, wofür ihnen noch heute Dank gebührt.

Am 27. April war dann die Wahl. Dr. Günter Andres, leidenschaftlicher Vertreter des sich entwickelnden freien Berufsstandes und Hauptinitiator des Gründungsausschusses wurde zum ersten Präsidenten gewählt. Es war vollbracht, die Kammer war geboren.

Wo warst Du, DDR-Architekt – Architektenwende - Wendearchitekt waren Themen der Aufarbeitung von Vergangenheit, die von den Architekten leidenschaftlich geführt wurde.

Der neu gegründete Eintragungsausschuss sortierte unter teilweise Anfeindungen in Architekten und Nichtarchitekten.

Anlässlich des 8. Deutschen Architektentages in Dresden erfolgte die Aufnahme in die Bundesarchitektenkammer. Die Vereinigung der Architekten war vollzogen. Die Arbeit konnte beginnen.

Blühende Landschaften sollten geschaffen werden. Aufschwung Ost war angesagt. Für die Planungsleistungen der ersten öffentlichen Bauaufgaben wurden „Tandemlösungen“ angestrebt. Ein Architekt aus den alten Bundesländern erhielt den Planungsauftrag mit der Auflage, ein Thüringer Büro einzubeziehen. Ein vermeintlich Starker verbündete sich mit einem vermeintlich Schwachen – Marktwirtschaft ad absurdum. Es hatte selten funktioniert, die Thüringer Architekten nur in die Defensive gedrängt.

Anfang 1993 waren ca. 1300 Architekten eingetragen. Präsident Andres sprach von der „Gnade des Berufes“, eines Berufes ohne Arbeitslosigkeit und Hoffnungslosigkeit – welch glückliche Zeiten!

Zu beklagen waren nur die wuchernden Gewerbegebiete an den Stadträndern in städtebaulich zweifelhafter Qualität – Architekten als ohnmächtige Rufer in der Gewerbegebietswüste.

Es gelang der Architektenkammer nachfolgend, Architektur in Politik und Wirtschaft zu thematisieren. Architekturpreise wurden ausgelobt und öffentlich vergeben. Der Neujahrsempfang der Architektenkammer wurde zum gesellschaftlichen Ereignis. Zum Empfang 1994 bekannte sich z.B. der Oberbürgermeister der Landeshauptstadt Erfurt zu moderner Architektur in der Innenstadt!

Architekten warnten vor sozialer Entmischung in den Plattenbaugebieten und forderten städtebauliche Aufwertung durch Teilabriss und Ergänzungsbauten – leider vergebens. Modernisierung der Blöcke mit Fassadenkosmetik sollte reichen. Abriss wird Jahre später schmerzliches Thema werden.

Konjunkturumfragen begleiteten über die Jahre die Arbeit der Kammer. Sie gaben Auskunft über die wirtschaftliche Situation der Büros, die sich leider ab 1996 negativ entwickelte. Thüringer Büros hatten leider in keinem der vergangenen 10 Jahre das Baugeschehen im eigenen Bundesland bestimmt. Fast konstant 1600 Büros aus den alten Bundesländern beherrschten den Planungsmarkt. Beim Gegensteuern war schwer zu vermitteln, dass man vorhandene Mauern (sprich Vorurteile) abbauen und nicht neue errichten wollte.

Die Initiativen zur Förderung der Baukultur waren vielfältig. Der Staatspreis für Architektur und Städtebau wurde seit 1996 verliehen. „apropos architektouren“ wurde zur Erfolgsgeschichte und Nabelschau der beruflichen Arbeit. Architekturwettbewerbe in hoher Qualität wurden zum festen Bestandteil fachlicher Auseinandersetzung.

Denkmalschutz und zeitgemäße Architektur – ein Dauerthema bis heute für kontroverse Diskussionen. Fachleute raufen sich zusammen, aber wer überzeugt die Altstadtvereine, Bürgerinitiativen, Bauausschüsse? Wir gehen jetzt in die Schulen und überzeugen vorerst die Kunstgeschichtelehrer! Architekten sind eben Optimisten.

Neue Themen bestimmen den Berufsstand immer mehr. Globalisierung – die Wirtschaft organisiert sich weltumspannend. Europäisches Recht wird ausformuliert und beeinflusst auf allen Gebieten die Planungs- und Bautätigkeit. Zwischen Bauherr und Architekt drängen sich Generalübernehmer und alle Arten von Auftragshändlern. Es ist Zeit, ein neues Reinheitsgebot zu formulieren: „Zum Bauen braucht man einen Bauherren, einen Architekten mit den Fachplanern und Baufirmen!“. So einfach kann man preiswert und mit Qualität bauen und die „Wertschöpfer“ verdienen sogar Geld! Man muss es nur wollen und können! Wir werden als Kammer unseren Beitrag leisten und Architekten zu kostenbewussten Treuhändern des Bauherren, Generalplanern und Partnern bei Projektentwicklungen qualifizieren, im Notfall auch durch Pflichtweiterbildung.

Zehn komplizierte Jahre liegen hinter uns und die vor uns liegenden werden nicht einfacher. Architekten sind von Berufswegen zukunftsorientiert. Deshalb bin ich sicher, Architekten haben die Zukunft, denn sie werden mehr denn je gebraucht- als Treuhänder für die sozialen Bedürfnisse der Menschen in der immer abstrakteren Medien- und Technikwelt. Die Kammern als Vertreter des Berufsstandes haben die Aufgabe, die Rahmenbedingungen für die Berufsausübung zu sichern. Es gibt viel zu tun!

veröffentlicht am 27.04.2001 von Susann Weber · Rubrik(en): News, Berufspolitik / Kammerarbeit

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