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Statement Kurt Bodewig

Preisverleihung Wettbewerb Stadtumbau Ost

Statement anlässlich der Preisverleihung zum Wettbewerb "Stadtumbau Ost", 5. September 2002

Es gilt das gesprochene Wort!

Manche von Ihnen werden sich dieser Tage angesichts des Hochwassers und seiner Folgen gefragt haben: Machen denn jetzt die Stadtentwicklungskonzepte überhaupt noch Sinn? Ist die ganze Arbeit, die Ihre Kommunen mit großem Engagement in die Stadtentwicklungskonzepte investiert haben, auf einen Schlag verloren?

Ich sage Ihnen: Nein, das glatte Gegenteil ist richtig. Gerade jetzt brauchen wir die Konzepte! Die Parole muss lauten: Stadtumbau - jetzt erst recht!
Und mit unseren Soforthilfen und dem Solidarfond Aufbauhilfe haben wir die Voraussetzung geschaffen, dass ein schneller Wiederaufbau möglich ist. Für Wohngebäude 500 Millionen Euro, für die kommunale Infrastruktur 1,2 Milliarden Euro, für die Wiederherstellung der Bundesverkehrswege bis zu 2 Milliarden Euro. Das allein ist der Beitrag des Bundes für die Wiederherstellung zerstörter Infrastruktur. Hinzu kommen die Mittel, die den Ländern noch einmal zusätzlich aus dem Solidarfond zur Verfügung stehen.

Deswegen sage ich: Wir haben alle guten Grund Mut zu haben und anzupacken. Die Länder und Kommunen aber auch die Unternehmen und die Familien - die werden nicht alleine gelassen, es wird konkret und schnell geholfen.
Und deswegen ist genauso richtig, wir müssen auch das Programm Stadtumbau Ost fortsetzen. Damit schaffen wir die Grundlage für eine gute Stadtentwicklung in den neuen Ländern.
Es ist klar: Die Stadtentwicklungskonzepte sind keine Eintagsfliegen. Sie sind vielmehr auf die Bewältigung langfristiger Probleme ausgerichtet, die ihre Ursache in dem hohen Wohnungsleerstand haben. Diese Probleme sind durch das Hochwasser zwar überlagert worden, sie bestehen aber weiter.
Unser Ansatz, die Innenstädte zu revitalisieren und einen sinnvollen Rückbau von außen nach innen zu betreiben, ist nicht nur unverändert richtig, sondern gewinnt auch zusätzliche Aktualität: Je stärker wir die Innenstädte nutzen, desto weniger neue Flächen werden benötigt.
Und damit wir beim Stadtumbau voran kommen, haben wir für die neuen Länder viel Geld mobilisiert. Nämlich allein für das Programm "Stadtumbau Ost" gut 1,1 Milliarden Euro aus der Bundeskasse bis zum Jahre 2009. Geld, das die Haushaltskasse außerordentlich belastet, das in allen öffentlichen Kassen knapp ist. Das ist ja allgemein bekannt.

Aber uns war klar: Der Doppelpass "Haushaltskonsolidierung" einerseits und "Konzentration auf Zukunftsinvestitionen" andererseits, der muss uns gelingen. Und er ist gelungen!
Tatsächlich haben wir die Mittel für Stadtentwicklung seit 1998 verdoppelt, ohne unsere Sparziele aus den Augen zu verlieren.
Jetzt stehen also für den Stadtumbau Ost einschließlich der Mittel von Ländern und Gemeinden insgesamt 2,7 Milliarden Euro zur Verfügung. Dabei nehmen wir Rücksicht auf die schwierige Finanzlage auch der Kommunen. Ihr Beitrag ist nur halb so hoch wie der des Bundes und der Länder.
Und an dieser Stelle möchte ich noch einfügen: Wir kennen die finanzielle Lage der Kommunen. Die Bundesregierung hat deshalb die Reform der Gemeindefinanzen auf die Tagesordnung gesetzt.
Denn die Kommunen müssen wieder eine erfassungskonforme und wirtschaftsbezogene Steuerquelle haben. Denn auch sie müssen handlungsfähig bleiben was die wichtigen kommunalen Investitionen angeht.
Das Geld aus dem Stadtumbau Ost steht also nun zur Verfügung. Und wir waren uns darüber im Klaren, dass es gut, effektiv und möglichst schnell eingesetzt werden muss. Um Schaden von den Städten abzuwenden. Und um die Wohnungswirtschaft und die Baubranche zu stabilisieren.
Ein Schaden, den die alte Bundesregierung mit einer verfehlten Förderpolitik verursacht hat. Ich brauche das nicht auszuführen, denn Sie alle kennen das Problem der vernachlässigten Innenstädte nur zu gut.
Und deshalb haben wir im November letzten Jahres einen Bundeswettbewerb mit dem Ziel ausgelobt, integrierte Stadtentwicklungskonzepte zum Stadtumbau Ost zu finden, die es wert sind, umgesetzt zu werden. Die beispielhaft sind und Anregungen vermitteln.
Denn nicht jede Stadt und Gemeinde muss bei Null anfangen, wenn es um die Erstellung solcher Konzepte geht. Die von uns bereitgestellten Mittel in Höhe von fast 16 Millionen Euro für diesen Wettbewerb sind auch deshalb gut angelegtes Geld. Wir brauchen diese Konzepte, wenn wir die Leerstandsprobleme in den Griff bekommen wollen, wenn wir Stadtquartiere vor dem Verfall sowie die Wohnungswirtschaft vor größeren Problemen bewahren wollen.
Wir können dabei auch noch voneinander lernen. Was einer Kommune recht ist, kann auch einer anderen durchaus billig sein. Und das spart zudem Planungszeit und Geld, das den Städten ja nicht locker sitzt.
Orientieren wir uns an Goethe, der schrieb: "Es ist nicht genug, zu wissen, man muss auch anwenden".
Zu unseren Reformschritten, die wir mit der Wohngeldnovelle, der Reform des Sozialen Wohnungsbaus und des Mietrechts gemacht haben, haben sich nun eine Reihe neuer Programme und Konzepte gesellt. Konzepte für das Wohnen in den Städten nach dem Motto: "Zurück in die Stadt".
Dafür haben wir uns nun alle kräftig ins Zeug gelegt. Damit schaffen wir gute Voraussetzen dafür, dass verwertbare Entwicklungskonzepte entstehen.
Und wie wir heute bereits feststellen können: Auch entstanden sind.
Und damit möglichst viele davon profitieren können, werden wir die Ergebnisse und weitere Informationen dokumentieren und publizieren.
Die Akteure in den Städten und Gemeinden wussten und wissen, dass die gesamte Stadt in die Planung mit einbezogen werden muss.
Sie kennen ihre Stadt und wissen, wo sich was abspielt. Etwa die Wohnpräferenzen und die Umzugsströme innerhalb der Stadt, die sie berücksichtigen müssen.
Aber sie müssen auch wissen, welche Quartiere gute Zukunftsperspektiven aufweisen und welche zurückgebaut werden sollen. Das alles und mehr ist wichtig.
Jede Stadt mit Leerstand über Normalmaß sollte ein solches
gesamtstädtisches Konzept erarbeiten.
Ich denke, heute ist ein spannender Tag. Denn mit der Übergabe einer Reihe von Preisen und Sonderpreisen an Vertreter von Kommunen sind wir einen ganz entscheidenden Schritt weiter gekommen.
Wir lernen "best practises" für Stadtentwicklungskonzepte kennen, die - was uns in der Schule immer verboten war - von anderen Städten ruhig abgekupfert werden können. Ja sollen.

An dieser Stelle möchte ich auch den zahlreichen beteiligten Architektur- und Planungsbüros sowie allen anderen Experten danken, die ihren Sachverstand in die Erarbeitung der Stadtentwicklungskonzepte eingebracht haben.
Es zeigt sich gerade in der aktuellen Situation, dass unser Leitbild der kompakten Stadt, der Stadt der kurzen Wege, der Stadt der europäischen Traditionen den Anforderungen einer nachhaltigen Entwicklung gerecht wird. Die im Wettbewerb vorgelegten Konzepte sind ein eindrucksvolles Bekenntnis zur Stadt, zu diesem Leitbild.
So erschütternd die letzten Tage und Wochen gewesen sind: Der Neuanfang ist auch eine Chance, Fehlentwicklungen zu korrigieren und unsere Städte auf die Zukunft auszurichten. Lassen Sie uns diese Chance gemeinsam nutzen.

veröffentlicht am 13.09.2002 von Susann Weber · Rubrik(en): News, Berufspolitik / Kammerarbeit

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