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Von Zinsentwicklungen und Befreiungsmöglichkeiten

Versorgungswerk informierte zu aktuellen Themen und Entwicklungen

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Großes Interesse: Olaf Wallat und Michael Hardt beantworteten die vielen Fragen der Mitglieder, Bild: AKT

Zu einer Informationsveranstaltung für Mitglieder luden das berufsständische Versorgungswerk der Architektenkammer Sachsen und die Architektenkammer Thüringen am 23. März nach Erfurt in die Fachhochschule ein.

Im Mittelpunkt standen zum einen die anhaltende Niedrigzinsphase an den Kapitalmärkten und ihre Auswirkungen auf das Finanzierungssystem des Versorgungswerks sowie zum anderen die Entscheidungen des Bundessozialgerichts vom 31. Oktober 2012, die zu grundlegenden Neuerungen im Befreiungsverfahren von der gesetzlichen Rentenversicherung führten. Referenten waren Olaf Wallat, Geschäftsführer des Versorgungswerks, und Michael Hardt, Vorstandsmitglied der Architektenkammer Thüringen und Mitglied im Verwaltungsausschuss des Versorgungswerks.

Auswirkungen der Niedrigzinsphase

Olaf Wallat stellte einleitend einige statistische Zahlen vor: Demnach sind mehr Angestellte als Selbständige Pflichtteilnehmer im Versorgungswerk. Sie zahlen zudem im Schnitt höhere Beiträge als die Freiberufler. Die Einnahmen und Ausgaben betrachtend, stellte Olaf Wallat dar, dass aktuell circa sieben Prozent des gesamten monatlichen Beitragseinkommens in die monatlichen Rentenzahlungen fließen. Beim Blick auf die Kapitalanlage wurde offenbar, dass Wertpapiere im Direktbestand fast die Hälfte aller Investitionen einnehmen, auch Immobilienfonds sind mit einem Anteil von knapp 25 Prozent stark vertreten. Der Rechnungszins der vergangenen Jahre liegt bei knapp vier Prozent. Dass die Europäische Zentralbank den Leitzins für die Eurozone fast bis auf null Prozent gesenkt hat, spürt gleichwohl auch das Versorgungswerk. Anhand mehrerer Exempel zeigte Wallat, dass die Renditen, die beispielsweise mit der Direktanlage zu erzielen sind, weiter sinken.

Als Reaktion auf die anhaltende Niedrigzinsphase diskutiert der Verwaltungsausschuss des Versorgungswerks daher aktuell notwendige Maßnahmen: Es wird sowohl die Absenkung des Verrentungssatzes von derzeit 3,5 Prozent auf 2,75 bzw. 2,5 Prozent geprüft als auch die Einführung eines Demografiefaktors wegen der steigenden Lebenserwartungen. Michael Hardt betonte, dass dieses Vorgehen vor allem dem Grundsatz einer nachhaltigen Finanzierung – das Versorgungswerk ist zu einhundert Prozent kapitalgedeckt finanziert – und dem Grundsatz der Gleichbehandlung aller Anwartschaftsberechtigten geschuldet sei. Die Renten seien davon nicht betroffen. Und weiter: „Da wir nicht wissen, wie lange die Niedrigzinsphase anhält, sind auch Dynamisierungen nach oben nicht auszuschließen.“

„Der Verwaltungsausschuss legt hohen Wert darauf, die richtige Größenordnung zu finden“, ergänzte Olaf Wallat. Noch immer gelte, dass die erworbenen Anwartschaften im Versorgungswerk deutlich über dem derzeitigen Rentenniveau der gesetzlichen Rentenversicherung liegen. Bei all jenen, die in jungen Jahren in das Versorgungswerk gingen, seien es mehr als 50 Prozent Unterschied.

Rentenversicherungspflicht und Befreiungsmöglichkeiten angestellter Architekten

Die Entscheidungen des Bundessozialgerichts vom 31. Oktober 2012 standen im Mittelpunkt des zweiten Teils der Veranstaltung. Sie sind insbesondere für angestellte Architekten, Stadtplaner, Landschafts- und Innenarchitekten bedeutend, obgleich auch Selbständige – bei der Beschäftigung von angestellten Architekten oder beim Wechsel in ein Angestelltenverhältnis – davon betroffen sind.

Angestellte müssen seither bei jedem Wechsel ihrer Beschäftigung zwingend einen neuen Befreiungsantrag bei der Deutschen Rentenversicherung Bund stellen.

Seinen Ausführungen stellte Olaf Wallat eine Statistik voran, die verdeutlichte, dass die Zahl der Anträge auf Befreiung zwar deutlich angestiegen ist, die Zahl der Ablehnungen sich aber in Grenzen hält: „Meist wird der Antrag auf Befreiung auch bewilligt.“ Ganz anders sei dies bei Syndikusanwälten und Apothekern in Unternehmen, die bei ihren Befreiungsanträgen oft Probleme hätten. Dennoch bestünde innerhalb der Architektenschaft große Verunsicherung. Olaf Wallat entgegnete dem: „Die meisten Angehörigen des Berufsstandes müssen keine Bedenken haben, einen Antrag auf Befreiung von der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht zu stellen.“ Gleichwohl empfiehlt er, nicht ohne tatsächlichen Grund eine neue Befreiung zu beantragen. Bei Zweifeln solle immer zuerst das Versorgungswerk kontaktiert werden.

Anlässe für die Antragsstellung sind neben einer neu aufgenommenen Beschäftigung auch ein Tätigkeitswechsel (beim bisherigen Arbeitgeber) oder eine Betriebsprüfung. Bei sogenannten Altfällen, also bei Tätigkeiten, die schon vor dem 31. Oktober 2012 aufgenommen wurden, differenziert die Deutsche Rentenversicherung zwischen der Ausübung einer klassischen berufsspezifischen Beschäftigung und der Ausübung einer anderen berufsspezifischen Tätigkeit. Während bei der ersten Fallgruppe für die noch fortwährende aktuelle Tätigkeit kein neuer Antrag gestellt werden muss, ist dies für die zweite Fallgruppe bei einer Betriebsprüfung notwendig.

Zur Beurteilung, ob bei der aktuellen Beschäftigung die Voraussetzungen für eine Befreiung vorliegen, orientiert sich die Rentenversicherung an den Berufsaufgaben, die in den Architektengesetzen definiert sind, sowie am Leistungsbild in der HOAI. In diesem Kontext verwies Michael Hardt auf die laufende Novellierung des Thüringer Architektengesetzes. Das Ziel der Architektenkammer ist es, die Berufsbilder weiter zu modernisieren und die Komplexität aktueller Aufgaben abzubilden.

Laut Olaf Wallat sollte der Befreiungsantrag auch immer unter der jeweiligen Berufsbezeichnung entsprechend der Kammereintragung gestellt werden. Bei der Antragsstellung sollten zudem zu sehr detaillierte Angaben sowie Angaben in englischer Sprache möglichst vermieden werden. Architekten, die nicht in klassischen Architekturbüros tätig sind, müssten unter Umständen nachweisen, dass ihre Tätigkeit nur und ausschließlich von einem Architekten ausgeübt werden kann. Dies könne durch eine Stellen- und Funktionsbeschreibung erfolgen. Wichtig sei es auch, zusätzlich angeforderte Unterlagen unbedingt nachzureichen.

Wird eine nichtberufsständische Tätigkeit festgestellt, ist der Wechsel in die gesetzliche Rentenversicherung meist unvermeidbar und Rückzahlungen werden möglich. Olaf Wallat empfahl jedoch, bei Ablehnung in begründeten Fällen Widerspruch gegen den Bescheid der Deutschen Rentenversicherung einzulegen.

Das „Merkblatt zur Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung“ ist auf der Website des Versorgungswerks unter www.vwaks.de einsehbar.

Bei individuellen Fragestellungen wenden Sie sich bitte direkt an das Versorgungswerk, per Telefon an (0351) 318 24 0 oder per E-Mail an versorgungswerk@vwaks.de.

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veröffentlicht am 28.04.2015 von Björn Radermacher · Rubrik(en): News, Versorgungswerk

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