Zum Seiteninhalt Logo der Architektenkammer Thüringen

Ziele der Vorstandsarbeit standen zur Diskussion

Vertreterversammlung der AKT tagte am 27. Februar zu einer Sondersitzung in der Domäne Groschwitz

Mehr davon – so das abschließende Votum der Vertreterversammlung (VV) nach vierstündiger konstruktiver Diskussion des Positionspapiers des Vorstandes zur Legislaturperiode 2008-2013. Seit Juli 2008 sind beide Gremien als oberste Organe der Kammer neu im Amt. Doch die ersten Monate der Vorstandsarbeit waren geprägt durch die Novellierung aller Satzungen, die durch das im Februar 2008 in Kraft getretene Thüringer Architekten- und Ingenieurkammergesetz erforderlich wurde. Ein zugegebenermaßen etwas formaler Start in die berufspolitische Arbeit, dem sich beide Gremien stellen mussten. Zu kurz musste in dieser Situation die Diskussion um Inhalte und Anliegen kommen. Daher wurde der Antrag der Kammergruppe Erfurt in der letzten VV mehrheitlich bestätigt, eine Sondersitzung den berufspolitischen Zielen der Vorstandsarbeit zu widmen.

Nun war der Ball beim Vorstand. Welche thematischen Schwerpunkte sollten in einer ersten Diskussion gesetzt werden? Welcher Struktur sollte die Sitzung folgen, um nicht Gefahr zu laufen, sich in der Komplexität der Themen zu verzetteln? Der Vorstand entschied sich für vier Themenblöcke:

Themenblock 1: Berufspolitische Grundsätze der AKT
Themenblock 2: (Außen-) Wahrnehmung von Berufsstand/AKT
Themenblock 3: Fortbildung
Themenblock 4: Mittel- und langfristige Politik- und Themenfelder

Ein Positionspapier, das den Vertretern eine Woche vorher vorlag, führte allgemein ins Thema ein und formulierte zu den o.g. Themen konkrete Vorschläge. Im Rahmen der Tagesordnung wurde jedem Thema eine Stunde Diskussion eingeräumt.

Den Auftakt bildeten die „Berufspolitischen Grundsätze der AKT“. Die Diskussion um das generalistische Selbstverständnis des Berufsstandes vor dem Hintergrund zunehmender Komplexität und erforderlicher Spezialisierung, der Versuch der Bauindustrie, ein Leitbild Bauwirtschaft zu etablieren, das die Trennung von Planung und Ausführung aufhebt, immer wieder aufflammende Tendenzen im politischen Raum, den Architekten in die Rolle des Fachplaners für Entwurf zu drängen, waren für den Vorstand Anlass genug im Rahmen des ersten Themenblocks zu fragen: Was ist die Basis unseres Selbstverständnisses? Welche berufspolitischen Grundsätze sind für uns unstrittig und werden im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit offensiv kommuniziert?

Berufspolitische Grundsätze der AKT

1. Wahrung des Allgemeinwohls
2. Förderung der Baukultur
3. Sicherung von Qualität
4. Architekt als Generalist, Bauherren­berater und Bauherrenvertreter
5. Unabhängige Planung und Bau­über­wachung auf der Grundlage einer HOAI
6. Trennung von Planung und Ausführung
7. Werkvertragsleistung
8. Koordinator der Fachplanung
9. Ganzheitliche Planung (Nachhaltigkeit)
10. Förderung von Architekturwettbewerben
11. Studium 10 Semester

In den Grundsätzen steht der Begriff „Architekt“ als Synonym für den Hochbauarchitekten, den Innenarchitekten, den Landschaftsarchitekten und den Stadtplaner. Jede Fachrichtung für sich wirkt hierbei als Generalist und Koordinator der Fachplanung. In der Praxis sind jedoch einerseits auf Seiten des Verbrauchers die Leistungen der einzelnen Berufsbilder in ihrer Unterschiedlichkeit zu wenig präsent, andererseits tragen die Kollegen dazu bei, die Grenzen zu verwischen, indem Leistungen der anderen Fachrichtung mit übernommen werden.

So war es nicht verwunderlich, dass sich die Diskussion weniger an den vorgeschlagenen Grundsätzen entzündete als an der Haltung der Fachrichtungen zueinander. Eigentlich war man sich einig, dass der Grundsatz „Sicherung von Qualität“ auch voraussetzt, dass eine klare Abgrenzung zwischen den Leistungen der vier Fachrichtungen Hochbau, Innenarchitektur, Städtebau und Landschaftsarchitektur erfolgt. Es obliegt jedoch der Verantwortung jedes Einzelnen, die Kompetenz benachbarter Disziplinen zu respektieren und sie im Sinne eines qualitativ besseren Endproduktes rechtzeitig zu integrieren. So plädierten die Vertreter für einen fairen, ehrlichen Umgang miteinander, aber auch für das gesunde Augenmaß, das abwägt, wer die Federführung erhält.

Die differenzierte Wahrnehmung der Leistungen der vier Berufsstände der Architektenkammer zu steigern und den Wert ihrer Leistungen für die Gesellschaft zu kommunizieren, dieses Ziel war dem zweiten Themenblock der Diskussion überschrieben. Welche Instrumente waren hierfür am besten geeignet? Das vorgeschlagene Kommunikationsportfolio war breit gefächert und reichte von Publikationen, über Ausstellungen, Messebeteiligungen, Tagungen und Diskussionsforen bis hin zur politischen Lobbyarbeit. Die Formate waren größtenteils bereits eingeführt und hatten sich bewährt. Hier würde es zukünftig darum gehen, die richtigen Themen zu setzen.
Wurde der Vorstand bereits im ersten Themenblock aufgefordert, sich verstärkt der Diskussion über Qualität in der Architektur zu widmen und hierbei eine kritischere Haltung einzunehmen, so kam dieses Anliegen im zweiten Themenblock erneut zum Tragen. Welche Möglichkeiten gab es, das Format der architektouren weiter zu entwickeln? Wäre eine stärkere Auslese hilfreich? Wie kann eine thüringenweite Objektvorstellung weiterhin sichergestellt sein, um nicht nur die Diskussion um die Leuchttürme der Architektur zu führen, sondern auch das Thema der Alltagsarchitektur nicht aus dem Blick zu verlieren? Dies war nur ein Aspekt, der die unterschiedlichen Interessen der Mitglieder offensichtlich werden ließ und von der Kammer Angebote fordert, die beides bedienen.
Der Ansatz, durch die Einführung von Bauherrenberatungen auf Messen, im Rahmen eigener Seminarangebote oder durch Beratertage, die Kompetenz der Mitglieder zu vermarkten, wurde kontrovers diskutiert. Hatte dazu die Kammer ausreichend Kapazitäten? War dies eine Plattform, die das Interesse einer Mehrheit der Mitglieder bediente? Man verständigte sich darauf, dieses Instrument weitestgehend in das Engagement der Kammergruppen zu verlagern. Die Möglichkeit, Beratungsmaterial (Bauherrenratgeber u.a.) zur Verfügung zu stellen, das in Zusammenarbeit mit anderen Kammern erarbeitet werden könnte, wurde positiv bewertet.

Unter dem Gesichtspunkt der Wirksamkeit wurde das Thema Auslandsreisen im Rahmen der Wirtschaftsdelegation des Ministerpräsidenten diskutiert. Unstrittig war, dass hierbei weniger der Effekt des Planungsexports im Vordergrund stehen würde, sondern der der Beziehungs- und Kontaktpflege. Die VV sprach sich dafür aus, dass trotz der an­gestrengten Haushaltssituation der Kammer und der sehr eingeschränkten Mittel für die Öffentlichkeitsarbeit die Kammer an den De­le­ga­tionsreisen weiterhin teilnimmt.

Der dritte Themenblock war der Fortbildung gewidmet. Die Fortbildungssatzung befindet sich derzeit in der Überarbeitung. Doch welche Haltung der Kammer bzw. ihrer Vertreter sollte sich in der Satzung widerspiegeln? Versteht sich die Kammer als Kontrollorgan, das im Sinne des Verbraucherschutzes ein Mindestmaß an Fortbildung einfordert und abfragt? Oder liegen Art und Maß der Fortbildung ausschließlich in der Eigenverantwortung jedes Mitgliedes? Das mehrheitliche Votum der VV war: Fortbildung ist „Ehrensache“ und bedarf nicht der Kontrolle und Ahndung durch die Kammer. Ein Vorschlag aus der VV wurde positiv begrüßt: Vielleicht konnte es gelingen, einen positiven Anreiz für mehr Fortbildung zu schaffen, indem die Kammer die Fortbildungsnachweise zertifiziert. Denn, so die Argumentation, ein Zertifikat der Kammer würde beim Verbraucher mehr Vertrauen erzeugen, als die bloße Teilnahmebestätigung eines Anbieters.

Im vierten Themenblock wurde abschließend über zukünftige Themen- und Handlungsfelder diskutiert. Sie werden sich in den Wahlprüfsteinen zur Landtagswahl wiederfinden und sind seitens des Vorstandes in Vorbereitung. Ein neuer Vorschlag aus der VV stieß auf große Resonanz: 2010 wird man auf 20 Jahre Deutsche Einheit zurückblicken können. Dieser Anlass bietet die Chance, u.a. im Rahmen einer Ausstellung die Erfolgsgeschichte der Thüringer Baukultur zu erzählen und über die zahlreichen Leistungen der Fachrichtungen zu berichten. Der Vorstand nahm den Vorschlag gern auf und wird ihn in sein Arbeitsprogramm integrieren.

Die Sondervertreterversammlung war ein erster Schritt, die Ziele der Vorstandsarbeit transparent zu machen und den Vertretern, die Möglichkeit zur aktiven Mitgestaltung zu geben. Das konstruktive Gesprächsklima zeigte, die Diskussion ist gewollt und die Bereitschaft zur Mitwirkung vorhanden. Ein guter Start in die Legislaturperiode 2008-2013 und gleichzeitig ein Auftrag an das Programm zukünftiger Vertreterversammlungen, nämlich aus der Vielzahl an Anregungen einzelne Themen herauszugreifen und zu vertiefen, um die Diskussion und das gemeinschaftliche Engagement nicht abreißen zu lassen.

Dipl.-Ing. Architektin Gertrudis Peters, Geschäfts­führerin

veröffentlicht am 27.03.2009 von Birgit Kohlhaas · Rubrik(en): News, Berufspolitik / Kammerarbeit

Diese Seite teilen

Die AKT in den sozialen Netzwerken