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1. Thüringer Demografiekongress

Resumee von Michael Beier, Vorstand Stiftung Baukultur

Der erste Thüringer Demographiekongress des Bauministeriums bot eine Vielzahl an Fakten über die demographischen Entwicklungen Thüringens, der Türkei, Chinas und Italiens, um nur einige Betroffene zu nennen. Konzentriert wurde sich schließlich auf Thüringen und dem vollen Auditorium in der neuen Bibliothek der Bauhaus-Universität bot sich ein aufrüttelndes Bild zwischen Abwanderung und Sterberate, Altersquotient und Geburtenausfälle.

Die Zahlen sind erschreckend. Müssten sie die hier noch Lebenden nicht zum Aufbruch nach Süden motivieren? Im Saal war davon aber nichts zu spüren. Zu deutlich die Stimmung für einen zweiten Aufbruch Ost zum Bleiben und Gestalten in der Heimat, an vertrauten Orten, am geschaffenen Eigentum.

Das wichtigste an dieser Tagung scheint die klare Erkenntnis, dass es in Thüringen nur ländliche Räume mit einigen Kleinstädten gibt, deren Zukunft Integration in die Region heissen wird. Hervorhebenswert war die Einheit von Stadt und Land, Städtebau und Ländlichem Raum. Die Befreiung vom Ressortdenken in der Thüringer Landesregierung erklang wie ein Paukenschlag. Das war die zweite besonders positive Erfahrung, die es sich lohnt mit zu nehmen.

Und um die dritte Erfahrung gleich nachzuschieben: es wird uns froh stimmen, dass wir im Land mehr Fläche pro Einwohner erhalten und somit zu Polen und Frankreich im Vergleich aufschließen werden. Dass das Leben dort ungleich schlechter erscheint nur weil mehr Raum vorhanden ist, davon kann kaum die Rede sein. Wir erhalten einen Naturraum, einen Erholungsraum, eine Kulturlandschaft mit einer wunderbaren Geschichte vieler Residenzstädte. Benötigt wird dafür nur ein Leitbild, welches motiviert und Arbeit schafft. Der Weg bis zu einem guten Ende scheint steinig, teuer und ohne Rezepte.

Verlässlich die Daten der Demographen, Irren ausgeschlossen! Bis 2050 liegen die Fakten vor: wie viele uns fehlen, wer nicht hinzukommt und wie viele noch älter werden. Bezahlbar mit den gegenwärtigen Mechanismen der Sozialsysteme und Daseinsvorsorge sowie der Standards und Normen ist die Zukunft nicht. Neue Finanzierungsausgleichssysteme und weniger Anspruch auf die Gleichwertigkeit der Lebensbedingungen werden uns begleiten, ebenso wie die Sieger und Verlierer der Städte und Gemeinden, auch die Alten und die fehlende Jugend prägen künftig unser Leben.

Was hilft uns?, war die Frage, um der Bundesrepublik als Nationalstaat eine langlebige Zukunft zu geben. Die Antworten könnten die Akzeptanz von Zuwanderern und deren Integration, die Chancen auf Bildung, die Infrastrukturen der Erreichbarkeit und vor allem auch das Angebot an Breitbandkabel und die Möglichkeit zu digitaler Kommunikation sein. Bildung und Arbeit sind die Schlüsselbegriffe, die uns eine Zukunft geben. Dazu gehört aber auch, dass wir Kultur wahren, fördern und zulassen.

Die Bürger sind es letztendlich, die entscheiden werden, wohin die Reise geht. Kinder waren nicht mehr gewollt, weil es den Bürgern kinderlos in der globalisierten Welt besser geht, überlange arbeiten möchte auch niemand mehr und anständig leben, um in Würde zu sterben, will jeder, so das Fazit vom Bielefelder Demographen Prof. Herwig Birg. Eine Spirale die seit Jahrzehnten bekannt war und deren Ursachen im Wohlstand zu suchen sind, testierte er der Gesellschaft. Neu zu gestalten sind Funktions- und Verwaltungsstrukturen in allen Ebenen der Gebietskörperschaften, die neuen Konzepte zur Daseinsvorsorge und der Programme und Projekte für eine Gleichwertigkeit sind mit einem Demographiecheck im Freistaat zu überziehen, betonte Städtebauminister Andeas Trautvetter. Dr. Karl-Friedrich Thöne nennt dieses für den Ländlichen Raum Vitalitätsscheck und beide meinen dasselbe.

Der Kongress wird sich im kommenden Jahr mit der Infrastruktur und dem Sozialen auseinandersetzen. Die Aufmerksamkeit in diesem Jahr lässt für 2007 mehr Neugier und einen größeren Raum mit bequemerem Sitzmobiliar erwarten.

veröffentlicht am 03.11.2006 von Birgit Kohlhaas · Rubrik(en): News, Stiftung Baukultur Thüringen

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