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„Fortbildung ist mehr als eine Pflicht.“

Vorstandsmitglied Klaus Sorger zum Fortbildungsangebot sowie zur neuen Nachweispflicht

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Klaus Sorger, Bild: Klaus Sorger

Interview: Astrid Oestereich

Herr Sorger, Sie sind in den Reihen des Vorstandes der Architektenkammer Thüringen (AKT) in der aktuellen Legislatur für Fortbildungsangelegenheiten zuständig. Wie schätzen Sie die Angebote für die Mitglieder ein und wie werden sie wahrgenommen?

Klaus Sorger: Vorab möchte ich betonen: Das Thema Fortbildung hat seit Gründung der Kammer einen großen Stellenwert. Warum? Die Förderung der beruflichen Aus-, Fort- und Weiterbildung ist eine der im ThürAIKG verankerten Aufgaben. Mit der Umsetzung der dafür halbjährlich aufgelegten Fortbildungsprogramme haben wir langjährig gemeinsam mit der Ingenieurkammer Thüringen (IKT) die Bauhaus-Akademie Schloss Ettersburg (BASE) beauftragt. Jährlich werden circa 90 Tagesseminare angeboten, von denen gut zwei Drittel tatsächlich stattfinden. Ein Teil muss meist wegen zu geringer Teilnehmerzahlen bei Anmeldeschluss, das heißt auch ganz klar wegen zu später Anmeldung der Interessenten, abgesagt werden. Das ist bedauerlich und bedarf der Verbesserung, um den Organisationsaufwand der Akademie zu decken und hochwertige Seminarangebote nicht ungenutzt zu lassen. Die Fort- und Weiterbildungsformate umfassen regelmäßig auch Zusatzqualifikationen, Fachtagungen und Werkstätten. Ausgewählte Inhouse-Seminare der Kammer ergänzen das Angebot. Den Mitgliedern gelangen alle Angebote in gedruckter Form als Halbjahreskalender der BASE, regelmäßig im Architektenblatt sowie nochmals über Newsletter und Homepage zur Kenntnis. Also: Uninformiertheit als Entschuldigung für Fortbildungsversäumnisse gilt nicht!
Die AKT bietet seit diesem Jahr über ihren Online-Fortbildungskalender auch Informationen zu anerkannten Veranstaltungen von Drittanbietern, die den Vorgaben der Fortbildungssatzung entsprechen. Auch sei hier nochmals auf die Möglichkeit verwiesen, sich über das Online-Portal www.architekten-fortbildung.de zu allen Seminarangeboten der Landesarchitektenkammern informieren zu können. Somit kann trotz eventuell zum gewünschten Zeitpunkt nicht regional verfügbarer Angebote eine qualifizierte Fort- und Weiterbildungsalternative gefunden werden. Da Thüringen sehr zentral liegt, können ohne besonders großen Aufwand zumindest einige Nachbar-Landeskammern angesteuert werden.

Was sind aktuell besonders gefragte Themen beziehungsweise Formate bei den Fortbildungsangeboten?

Die Tagesseminare decken das Gros der Themenvielfalt ab, die Werkstätten erfreuen sich großer Beliebtheit. Seit über zehn Jahren steht die  regelmäßig im Herbst stattfindende „Brandschutz-Werkstatt“ im Terminkalender vieler Mitglieder der AKT und IKT. Zunehmend können dort auch Teilnehmer aus anderen Bundesländern registriert werden. Aktuelle Informationen zum Brandschutz und Baurecht, gemixt mit der Präsentation von Beispielprojekten und einem Rückfragen-Teil, dargeboten von mehreren Referenten, begeistern die Teilnehmer Jahr für Jahr. Aber auch die „Energie-Themen“ als Seminare und Lehrgänge sowie spezielle Veranstaltungen für Berufsanfänger und Wiedereinsteiger sind sehr gefragte Angebote.
Sehr schwierig gestaltet es sich, Angebote für unsere Landschafts- und Städteplaner oder auch die Innenarchitekten vorzuhalten, da sich über die geringen Teilnehmerzahlen kaum eine Kostendeckung realisieren lässt. Hier werden weiter Lösungen gesucht; derzeit bleibt oft nur das Ausweichen auf Angebote anderer Kammern und der Berufsverbände.

Der aktuelle Bericht des Thüringer Rechnungshofes (TRH) zur „Beauftragung freiberuflicher Leistungen“ bot vermehrt Anhaltspunkte, dass fachliche Schwachstellen und Fehler auch seitens der geschuldeten Leistungen der Architekten und Ingenieure bestehen. Dazu zählen nicht nur Unsicherheiten bei der Anwendung neuer Normen und anderer Vorschriften, sondern auch Mängel bei der Vertragsgestaltung sowie bei der Kostenplanung und -verfolgung. Wurde im Fortbildungsprogramm für das Wintersemester 2015/2016 der BASE darauf Bezug genommen und sind entsprechende Angebote darauf abgestellt?

Es ist richtig, dass der genannte Bericht des TRH für einige Aufregung in den Reihen der AKT und der IKT gesorgt hat. Das ist auch gut so, weil er bei einer selbstkritischen Betrachtung aufgezeigt hat, in welchen Bereichen wir mit unseren Fortbildungsangeboten gut aufgestellt sind, aber auch welche Themen ganz fehlen oder ob der aktuelle Wissensstand unserer Mitglieder doch nicht den Erfordernissen entspricht. So wurden zum Beispiel die Themen „Kostenplanung nach DIN 276“ oder „Termin- und Kapazitätsplanung“ mit einem neuen Referenten aktuell in das Herbstsemester aufgenommen. Themen wie „Führen eines Bautagebuchs“ oder „Dokumentationspflicht“ wurden wieder aktiviert. Ich war persönlich sehr erschrocken über die im Bericht beschriebenen Defizite im Vertrags- und Vergaberecht oder im Honorarrecht, speziell auch zur konkreten Rechnungslegung, die bei den Kammermitgliedern, aber auch auf der Auftraggeberseite festgestellt wurden. Angebote zu diesen Themen sind seit vielen Jahren ein fester Bestandteil unseres Fortbildungsangebotes – das muss man ganz klar sagen –, werden aber offensichtlich in ihrer Bedeutung unterschätzt. Persönlich bin ich für diesen Bericht sehr dankbar, weil er uns Architekten und Ingenieuren hilft, unsere Arbeit als Planer für unsere Auftraggeber neu zu reflektieren, um auch zukünftig hohe Qualität eben nicht nur auf dem Gebiet der Gestaltung, sondern im umfassenden Leistungsspektrum zu gewährleisten.

Bereits zur Vertreterversammlung am 17. Oktober 2014 stimmten die Vertreter den skizzierten Rahmenbedingungen zu einer Nachweispflicht über Fortbildungsmaßnahmen für alle Mitglieder zu. Können Sie diese bitte näher erläutern?

Die Fortbildungspflicht steht in allen Architektengesetzen der jeweiligen Bundesländer und ist eine klassische Berufspflicht. Allerdings hat nur ein Teil der Landeskammern auch eine Nachweispflicht festgeschrieben. Die Diskussion um diese Nachweispflicht schlägt zum Teil hohe Wellen, auch bei unseren Mitgliedern. Warum eigentlich? Wenn ich bereit bin, mich berufsbezogen fortzubilden, ist es eine kleine Mühe, dies auch nachzuweisen. Auch die Benennung der absolvierten Fortbildungsthemen sollte nicht das Problem sein. Vielmehr hilft es uns, selbst zu erkennen, welche Themen ausreichend abgedeckt wurden und welche Themen fehlen.
Nicht unterschätzen sollte man, dass Aussagen über Nachweis und Kontrolle der erfolgten Fortbildungsmaßnahmen der Kammermitglieder die Positionen der Gremienvertreter in der berufspolitischen Arbeit gegenüber Auftraggebern und Entscheidern in Politik und Wirtschaft aufwerten und diese schlicht glaubwürdiger gestalten!
Im Entwurf zur neuen Fortbildungssatzung haben wir uns an aktuelle Regelungen zur Nachweisführung anderer Architektenkammern angelehnt. Allerdings ist in Thüringen ein höherer nachzuweisender Anrechnungsfaktor in der Diskussion. Aber diesem Entscheidungsprozess möchte ich nicht vorgreifen, der obliegt der Vertreterversammlung.

Über die Ende Mai versandte Umfrage an die Mitglieder zum Fortbildungsangebot war bislang keine Auswertung zu lesen, woran liegt es?

Intern ist eine Auswertung dieser Umfrage erfolgt. Sinn war ja, zu erfahren, welche Themen von Interesse sind, welche Formate sich unsere Mitglieder wünschen, um an Fortbildungen teilzunehmen und was Kammer selbst anbieten kann. Die Beteiligungszahlen unterscheiden sich in der Tendenz nicht von denen an öffentlichen demokratischen Entscheidungsprozessen, leider. Die genannten Fortbildungsthemen, die gewünscht werden, entsprechen weitestgehend dem aktuellen Angebot. Es gab aber auch Hinweise und Kritik, mitunter nicht mal anonym formuliert. Das fand ich persönlich gut, da es die Gelegenheit gab, mit diesen Mitgliedern zu sprechen und Hintergründe zu ihren Aussagen zu erfragen. Missverständnisse auf beiden Seiten konnten problemlos ausgeräumt werden. Und ich denke, man lag mit den vertretenen Ansichten meistens gar nicht weit voneinander entfernt. Der erfreuliche Effekt dieser Gespräche bestand auch darin, dass man vermitteln konnte, dass die Kammer für die Mitglieder da ist.
Vielleicht bietet Ihre aufgeworfene Frage auch die Möglichkeit, sich nicht nur zur Fortbildung, sondern auch zu Kammer ganz allgemein zu äußern?

Ja, Herr Sorger, aber gern.

Ich meine, genauso wie Fortbildung Spaß machen soll, gilt dies für unsere gesamte Kammerarbeit auch. Sich mitgestaltend einzubringen und Anregungen zu geben, sollten nicht nur Kammerorgane und die Geschäftsstelle als ihre Aufgabe sehen, sondern jedes Mitglied. Kammerarbeit ist nicht die Arbeit von einer Hand voll Ehrenamtspersonen oder Kammerangestellten. Beispiele hinken, aber wenn ich mit dem Arzt nicht spreche, weiß der auch nicht, wo mir der Magen drückt und welche Pille hilft.

So sehr hinkt der Vergleich vielleicht doch nicht; Ihre Botschaft ist verständlich. Auch die Umfrageinhalte bleiben selbstredend weiterhin aktuell für unser Fortbildungsangebot und Anmerkungen sind jederzeit willkommen.

Herr Sorger, herzlichen Dank für das Gespräch.

veröffentlicht am 21.08.2015 von Björn Radermacher · Rubrik(en): Fortbildungen, News

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