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Antwort von Bündnis 90/ Die Grünen auf die Wahlprüfsteine 2004

Antwort von Bündnis 90/ die Grünen auf die Wahlprüfsteine der AKT und IngKT zur Landtagswahl 2004

1. Infrastruktur und Mittelstandspolitik

  • Wie will Ihre Partei die Investitionsquote in Thüringen anheben?

  • Welche Rahmenbedingungen erachtet Ihre Partei für den konjunkturellen Aufschwung der Wirtschaft und bei den Dienstleistungen in Thüringen als vordringlich?
Auf Drängen der neuen Länder wurde der Solidarpakt ab 2002 mit mehr Gestaltungsfreiheit ausgestattet als vorher. Im Resultat musste im "Fortschrittsbericht über die Verwendung der Solidarpaktmittel" festgestellt werden, dass ein erheblicher Teil der Mittel nicht mehr zweckgebunden in investive Maßnahmen geflossen ist, sondern für konsumptive Aufgaben ausgegeben wurde. In Thüringen sank der investive Teil von 73% in 2001auf nur noch 39% in 2002.
Das muss korrigiert werden. Ziel ist, die Mittel insbesondere über effizient verwaltete Kommunen wieder in kommunale nachhaltige Investitionen, in öffentliche Infrastruktur und Stadtstruktur zu geben. Als weitere Rahmenbedingungen braucht Thüringen ein qualitätsbewusstes aber unternehmerfreundliches und weltoffenes Klima in den Verwaltungen sowie ein hohes Bildungsniveau.
  • Wie steht Ihre Partei zum Vergabemodell "Public Private Partnership"?

  • Werden Sie die Einrichtung eines Kompetenzzentrums PPP in Thüringen unterstützen?
Public-Private-Partnership halten wir für ein sehr attraktives Modell für Vorhaben der öffentlichen Hand. Beispielsweise um Energieeinsparmaßnahmen bei einem Mangel an Investitionsmitteln durchzusetzen befürworten wir Contracting-Modelle. An die Initiativen die auf Bundesebene bereits angestoßen wurden wollen wir anknüpfen. Gewährleistet muss sein, dass die öffentliche Hand nicht auf einem Minus sitzen bleibt.
Ein Projekt "Kompetenzzentrums PPP" mit Beratungs-, Fortbildungs- und Vermittlungsfunktion halten für sinnvoll, insbesondere wenn es qualitätvolles, nachhaltiges Bauen als Aufgabe ansieht. Im Gedanken an Effizienz und niedrige Staatsquote setzen wir es als privatwirtschaftlich voraus, wobei wir für eine enge Anbindung an die Ministerien und Staatsbauamt eintreten.
  • Welche Schwerpunkte setzt Ihre Partei zur Investitionsförderung und zur Vereinfachung der Nutzung von Förderprogrammen?

  • Wie wird Ihre Partei den Marktauftritt technischer Dienstleister außerhalb Thüringens fördern?

  • Wie wird Ihre Partei die Forderung des Mittelstandes zu einer Beteiligung bzw. finanziellen Förderung über Kredite und Zuschüsse ohne das Hausbankenprinzip auch für freie Berufe umsetzen?

  • Wird Ihre Partei das Beteiligungsprogramm "Thüringen-Kapital" fortsetzen und mit einem ausreichenden Volumen ausstatten?
Ein großes Hindernis für Investitionen und die Nutzung von Förderprogrammen ist die Unkenntnis der Möglichkeiten und die Unübersichtlichkeit der Programme. Bündnis 90/ Die Grünen wollen die Bündelung der Förderprogramme, die Entflechtung der Gemeinschafts- und Mischfinanzierungen und die Stärkung einer sinnvollen föderalen Aufgabenteilung vorantreiben. Thüringens technische Dienstleistungsbranche schätzen wir für das Qualitätsniveau und wollen den Marktauftritt über die Grenzen Thüringens und Deutschlands hinaus unterstützen.
Ebenso wie wir für eine steuerliche Gleichberechtigung eintreten, treten wir auch für Chancengleichheit bei Fördermöglichkeiten ein. Der Mittelstand ist unser Partner, um Thüringen nachhaltig ökologisch und sozial zu entwickeln. Der Mittelstand bietet 70 Prozent der Arbeitsplätze und über 80 Prozent der Ausbildungsplätze an. Er ist damit das Herz einer ökologischen und sozialen Marktwirtschaft.
Deshalb steht Bündnis 90/ Die Grünen für attraktivere Rahmenbedingungen in der Mittelstandsfinanzierung.
Thüringen braucht eine differenziertere Struktur öffentlicher Beteiligungskapitalgesellschaften ohne personelle Verflechtungen. Es kann nicht sein, dass wenige Personen über die Finanzierung aller Geschäftsideen entscheiden. Wir wollen, dass regionale Banken und Sparkassen zusammen mit Unternehmern eigene Risikokapital-Beteiligungsgesellschaften gründen können. Die Landkreise müssen über die Vorteile einer solchen Maßnahme informiert und bei der Gründung unterstützt werden. Wenn europäische Mittel zu Verfügung gestellt werden, muss dafür auch die Kofinanzierung durch das Land abgesichert werden.
Dabei lehnen wir die alleinige Bereitstellung von stillen Beteiligungen mit hoher Verzinsung in der Investitionsphase, wie beim Thüringen-Kapital, ab. Diese belasten die Unternehmen, die mit einer neuen Produkt- oder Dienstleistungsidee an den Markt gehen über Gebühr und agieren im Krisenfall nicht als echtes Eigenkapital.
Wir brauchen offene Beteiligungen von Kapitalbeteiligungsgesellschaften und vor allem auch von Business Angels (Business Angels sind vermögende Privatpersonen, die junge Unternehmen bei ihren ersten Schritten in die Selbstständigkeit begleiten und ihre Erfahrungen und eigenes Kapital in Unternehmensgründungen einbringen). Für diese wollen Bündnis 90/ Die Grünen bessere Rahmenbedingungen schaffen.
Darüber hinaus wollen wir weitere Maßnahmen zur Verbesserung der Zahlungsmoral, auch der öffentlichen, umsetzen, beispielsweise durch Veröffentlichung säumiger Auftraggeber.

2. H OA I

  • Wie steht Ihre Partei zu einem Erhalt der HOAI als verbindliches Preisrecht für Planungsleistungen?

  • Wie wird sich Ihre Partei zum Verbraucherschutz beim Planen und Bauen, zum Qualitätsanspruch von Planungsleistungen positionieren?

  • Wie wird Ihre Partei die Mittelstandsförderrichtlinie weiterhin tragen und deren Einhaltung prüfen?
Auch wenn die HOAI als verbindliches Preisrecht bereits jetzt durch Pauschalpreise regelmäßig unterlaufen wird, halten wir sie für einen notwendigen Maßstab um Qualitätssicherung und Verbraucherschutz zu gewährleisten. Bereits auf Bundesebene haben sich die baupolitischen Sprecher von Bündnis 90/ Die Grünen intensiv für den Erhalt der HOAI eingesetzt und dazu beigetragen, dass sich diese Haltung durchsetzen konnte.
Wir wollen die Regelungen der "Richtlinie zur Mittelstandsförderung und Berücksichtigung Freier Berufe sowie zum Ausschluss ungeeigneter Bewerber bei der Vergabe der öffentlichen Aufträge (Vergabe-Mittelstandsrichtlinie)" ThürStaAnz 21/2001 beibehalten, ggf. fortschreiben und uns für deren Einhaltung einsetzen. Insbesondere bei freihändigen Vergaben und eingeschränkten Ausschreibungen wollen wir mehr Transparenz und möchten die Hinzuziehung von (z.B. gestalterischer) Fachkompetenz erreichen.

3. Steuern und Staatsquote

  • Wie sichert Ihre Partei die Stärkung der Eigenkapitalbasis der freien Berufe?

  • Welche Höhe der Einkommenssteuerreduzierung, unter Beachtung der Reduzierung von Vergünstigungen, hält Ihre Partei zur Förderung des Mittelstandes für angemessen?

  • Welche steuerlichen Entlastungen plant Ihre Partei für die freien Berufe?

  • Wie steht Ihre Partei zur Einbeziehung der freien Berufe in die Gewerbesteuer?
Die geringen Vermögen und die Schwäche in der Eigenkapitalausstattung des Mittelstandes in den Neuen Ländern, sind Nachwirkung der Wiedervereinigung, bzw. des Vollzuges der Wiedervereinigung. Dieser strukturelle Nachteil ist mit einer allgemeinen Steuerreform nicht zu kurieren. Allerdings hätten Bündnis 90/ Die Grünen gerne im Zuge der Gemeindewirtschaftsreform die vorhandenen Anreize zu Fremdfinanzierungen aus Steuerersparnisgründen beseitigt. Bisher konnten wir dies nicht durchsetzen.
Wir wollen die Programme zur Stärkung der Eigenkapitalbasis in Thüringen weiterführen und kontinuierlich verbessern.
Wir haben den Anstieg der Lohnnebenkosten gegen den Trend nicht nur gestoppt, sondern von 41% 1989 auf 39% 2002 gesenkt. Um die Beschäftigungsschwelle zu senken (auch im europäischen Vergleich) wollen wir weitere Senkungen erreichen. Die bereits beschlossene Steuerreform wird ab 2005 steuerliche Entlastungen bringen. Unter dem Titel "Mittelstandsoffensive" haben sich die Bündnisgrünen bereits 2003 folgende Ziele für die kommende Einkommenssteuerreform gesetzt. Bei der Einkommensteuer sollten alle Unternehmen mit Einnahmen bis zu 25.000 € bis zu 50 Prozent pauschal als Betriebsausgaben abziehen können. Das bisher aufwändige Gewinnermittlungsverfahren (Kontenführung, Bilanzierung) entfiele dadurch. 2. Diese Betriebe sollten auch nicht in das Umsatzsteuerverfahren einbezogen werden. 3. Zur Stärkung der Liquidität der kleinen und mittleren Unternehmen sollte die sog. Ist-Besteuerung ausgedehnt werden. Die Umsatzgrenze sollte von derzeit 125.000 € im Westen und 500.000 € im Osten auf insgesamt 1 Mio. € angehoben werden. 4. Wegen der Liquiditätsprobleme im Mittelstand sollte die sog. Mittelstands-AfA optimiert werden, insbesondere durch eine Verdoppelung des Sonderabschreibungssatzes von 20 Prozent auf 40 Prozent. 5. Der Mittelstand braucht Eigenkapital, dies kann auch durch mehr Beteiligungskapital erreicht werden. Dies könnte durch eine Änderung der "Wesentlichkeitsgrenze" in § 17 EStG mit der Steuerfreiheit durch eine nominale Mindestbeteiligung von 2.500 € erfolgen, womit ein deutlicher Anreiz einer Beteiligung gerade an kleinen Unternehmen gesetzt wird. 6. Schließlich sollte der steuerliche Verlustrücktrag optimiert werden. Denkbar wäre eine Ausdehnung auf 2 bis 4 Jahre, vielleicht auch begrenzt durch einen Höchstbetrag.
Wir erwarten von einer Gemeindefinanzreform vor allem eine Stärkung der Städte und der kommunalen Finanzen also der kommunalen Investitionen zur Beseitigung des Sanierungsstaus. Deshalb hatten wir uns für die Umsetzung des Vorschlages der kommunalen Spitzenverbände eingesetzt. Obwohl der Regierungsentwurf im Bundesrat zusammenschmolz hat die Bundesregierung 2,5 Mrd. mehr Mittel für die Kommunen auf den Weg gebracht.
Gerade von Seiten der Landschaftsplaner und Architekten können wir die Forderung nach Abschaffung der Gewerbesteuer nicht nachvollziehen, denn die Alternative wäre ein Hebesatz auf die Einkommensteuer. Uns hat kein Modell dieser Machart überzeugen können, denn dadurch werden Anreize zur Wohnortsuche je nach Steuersatz und damit zur weiteren Landschaftszersiedelung gesetzt, die Städte mit ihren Aufgaben würden noch stärker strukturell benachteiligt und der Druck zugunsten eines Steuersenkungswettbewerbs weniger Mittel für öffentliche Bauten, Bibliotheken, Schwimmbäder, Sporthallen und Kultur bereitzustellen, würde steigen.
  • Mit welchen gesetzlichen Regelungen wird Ihre Partei die Staatsquote verringern?

  • Was heißt für Ihre Partei "Daseinsvorsorge" und welche Aufgaben sind für Sie künftig noch hoheitliche Aufgaben des Staates?

  • Wie stärkt Ihre Partei die private Investitionsbereitschaft und mit welchen wirtschaftlichen und steuerlichen Rahmenbedingungen soll die private Investitionsquote angehoben werden?
Die Verlagerung öffentlicher und hoheitlicher Aufgaben auf die Privatwirtschaft führt nur dann zu niedrigeren steuerlichen Belastungen für Unternehmen und BürgerInnen, wenn die Aufgaben dadurch kostengünstiger werden. Die öffentliche Hand muss auch (gerade) dann sicherstellen, dass Qualitätsstandarts eingehalten werden. Soweit dies in einer angemessenen Form möglich ist, unterstützen Bündnis 90/ Die Grünen die Verlagerung von Aufgaben und sind der Auffassung, dass noch viele Effizienzreserven in der derzeitigen Aufgabenverteilung und Erfüllung vorhanden sind. Aber: Weniger Staat, weniger Staatsquote, Steuersenkungen und Investitionsbereitschaft sind kein Selbstzweck, sondern müssen daran gemessen werden, was für Gesellschaft und Umwelt in deren komplexen wirtschaftlichen, ökologischen und sozialen Wechselwirkungen angemessen und nachhaltig ist.
Gerade bei Aufgaben der Daseinsvorsorge, wie der Wasserversorgung sind wir sehr skeptisch, dass die Qualitätssicherung aus der öffentlichen Hand gegeben werden sollte. Aber wir setzen uns für die Lockerung des Anschlusszwanges ein, um z.B. die Regenwassernutzung zu erleichtern.
Private Investitionsbereitschaft braucht neue Aufgaben und Vertrauen, deshalb stehen wir für die Fortsetzung unserer kontinuierlichen Politik kleiner Schritte hin zu einer ökologisch sozialen Marktwirtschaft.

4. Flexibilisierung des Arbeitsmarktes

  • Wie steht Ihre Partei zur weiteren Lockerung des Kündigungsschutzes und der Flexibilisierung der Strukturen am Arbeitsmarkt?

  • Wie steht Ihre Partei zur Wiedereinführung einer geminderten Lohnfortzahlung im Krankheitsfall?

  • Wie stärkt Ihre Partei den flexiblen Arbeitsmarkt im Bereich der freien Berufe über die freie Mitarbeiterschaft?

  • Wie steht Ihre Partei zur Reduzierung des Urlaubsanspruchs und der Feiertage?
Seit dem 1.1.2004 gilt der Kündigungsschutz für neu eingestellte Mitarbeiter erst in Betrieben mit mehr als zehn Beschäftigten. Dadurch werden Neueinstellungen dort erleichtert, wo Klein- und Kleinstbetriebe expandieren. Statt mit Überstunden zu reagieren, können Betriebe bei guter Auftragslage und erhöhter Produktion flexibel neue Mitarbeiter anstellen. Bei betriebsbedingten Kündigungen wird die Sozialauswahl auf die Kriterien der Betriebszugehörigkeit, das Alter, Unterhaltspflichten und Schwerbehinderung beschränkt, und Leistungsträger müssen nicht alle mit einbezogen werden. Sofern sich Betriebsrat und Arbeitgeber auf Namenslisten verständigt haben, wird die Sozialwahl in Zukunft von den Gerichten nur noch auf grobe Fehlerhaftigkeit geprüft.
Weitere Vereinfachungen im Kündigungsschutzrecht werden wie ursprünglich geplant in Kraft treten. Wir schaffen mehr Rechtssicherheit bei den Abfindungen. Der Arbeitgeber kann bei betriebsbedingter Kündigung eine gesetzlich festgelegte Abfindung in Höhe eines halben Monatsverdiensts für jedes Jahr der Betriebszugehörigkeit anbieten. Der Arbeitnehmer kann diese Abfindung annehmen oder Klage auf Wiedereinstellung erheben. Das schafft einen verlässlichen Rahmen für Arbeitnehmer und Arbeitgeber und erspart lange Prozesse, da für einen Anspruch auf Abfindung keine Kündigungsschutzklage mehr notwendig ist.
Existenzgründern werden befristete Einstellungen erleichtert. Für sie ist es jetzt möglich, Arbeitnehmer statt bisher zwei Jahre nun vier Jahre lang befristet einzustellen. Bis zu dieser Höchstgrenze kann ein zunächst befristeter Vertrag mehrfach verlängert werden. Damit wird Existenzgründern die Entscheidung zu Einstellungen erleichtert und sie können flexibel auf die Entwicklung ihres Unternehmens reagieren.
Bündnis 90/ Die Grünen setzen sich für die Stärkung des 1. Arbeitsmarktes ein. Wo notwendig soll die Eingliederung von Arbeitnehmern durch Lohnkostenzuschüsse unterstützt werden.
Dauerhafte Arbeitsplätze können nur gedeihen, wo die Rahmenbedingungen für Existenzgründungen und Erweiterungsinvestitionen günstig sind.

5. Weniger Staat - Mehr Wettbewerb

  • Wie steht Ihre Partei zur Privatisierung öffentlicher Aufgaben?

  • Wie wird Ihre Partei bei den Verwaltungs- und Modernisierungsreformen in Thüringen auch die Landesgesellschaften und über die Kommunalordnung auch die kommunalen Gesellschaften in diese Prozesse einbeziehen?
Wie oben bereits dargestellt halten wir einen Wandel in der Aufgabenverteilung zugunsten mehr Übertragungen auf die Privatwirtschaft für sinnvoll, wenn daraus qualitativ und in den Kosten kein Nachteil für die öffentliche Hand entsteht. Öffentliche Unternehmen sind ein Organisationsmodell, dass derartige Ausgliederungen aus der öffentlichen Hand einfacher macht und mit dem die verbleibenden Aufgaben effizienter erfüllt werden können. Sie stellen eine Möglichkeit zu PPP dar. Sie können also – sofern sie funktionieren - ein Beitrag zur Verringerung der Steuerlast sein und aus diesem Grund sind wir nicht generell gegen öffentliche Unternehmen. Angesichts der Bestrebungen von internationalen Konzernen der Wasser- und Energiewirtschaft öffentliche Gesellschaften oder Eigenbetriebe aufzukaufen sind wir auch nicht überzeugt, dass entsprechende Privatisierungen im Sinne beispielsweise ihrer Kammern wären. Vielmehr befürchten wir quasi Monopolstellungen, die den Wettbewerb verzerren und regionale Mitsprachemöglichkeiten nehmen.
Das gravierende Problem, das wir derzeit in den öffentlichen Unternehmen sehen ist der Zustand mangelnder Transparenz und personeller Verflechtungen. Ein Regierungswechsel darf aus unserer Sicht nicht nur einen Personalaustausch nach sich ziehen, sondern wir wollen Strukturen entwickeln, die dies verhindern. Eine Verbesserung der Kontrollfunktion der Aufsichtsräte wollen wir durch deren Demokratisierung und Beteiligung verschiedener Fraktionsvertreter erzielen. Aufsichtsräte wollen wir einer Weiterbildungspflicht unterziehen und die Hinzuziehung überparteilichen Fachverstands erleichtern.

6. Bauverwaltungen, Planungsämter - Verwaltungsmodernisierungen

  • Wie wird Ihre Partei die Interessensvertretung des Bauherren über die jeweiligen Ämter wahren?

  • Wie wird Ihre Partei die Trennung von Planung und Bauausführung weiter stärken?

  • Wie sichert Ihre Partei die Qualitätsanspruch und die Vorbildfunktion des öffentlichen Bauherren?

  • Wie steht Ihre Partei zur Zusammenfassung der Verdingungsverordnungen zu einer einzigen Vergabeordnung für Bauleistungen, Lieferleistungen und Dienstleistungen?

  • Wie fördert Ihre Partei das Investitionsklima und die Motivation in den Ämtern dazu?

  • Wie wird Ihre Partei die fachliche Kompetenz und die Bürgernähe der öffentlichen Verwaltung stärken?

  • Welche politischen Maßnahmen verfolgt Ihre Partei zur Vergabe von Planungsleistungen zugunsten von Ingenieuren und Architekten mit Stammsitz in Thüringen?
Bündnis 90/ Die Grünen sehen Verwaltungen in erster Linie als Exekutive des Gemeinwohls. Verwaltungen sind damit Dienstleister und Interessenvertretung der Bürgerinnen und Bürger also auch der Bauherren.
Wir wollen in Thüringen die Verwaltungsmodernisierung und die Einführung von BürgerInnen- und UnternehmerInnenbüros unterstützen. Statt vieler Behördengänge sollen BürgerInnen für ihre Anliegen einen Ansprechpartner, als Lotsen durch die Verwaltung, antreffen, der die verschiedenen Verwaltungsakte koordiniert und assistiert. Leistungsprämien je nach Bürgerzufriedenheit halten wir für diskutierbar. Wir gehen davon aus, dass bereits dadurch Effizienzreserven erschlossen und mehr Sensibilität in die Verwaltungen gebracht werden kann. Die elektronische Datenverarbeitung und Möglichkeiten von e-gouvernment sollen effizient und bürgerInnenfreundlich eingesetzt werden, Beteiligungsverfahren professionell durchgeführt werden.
Die öffentliche Hand hat Vorbildfunktion. Vom Beschaffungswesen, über technische Planungen bis zu Kunst und Architektur wollen wir, dass keine ausschließliche Billigpreisfixierung stattfindet, sondern man sich an ökologischer Verträglichkeit und Qualität orientiert. Hilfreich hierfür wird eine Personalpolitik sein, die entsprechende Fachkompetenzen berücksichtigt. Und unter diesen Aspekten treten wir beispielsweise für die Ausschöpfung der Thüringer Mittelstandsrichtline zugunsten der Vergabe von Planungsleistungen an Ingenieure und Architekten mit Stammsitz in Thüringen ein. Die Zusammenführung Planung und Ausführung soll nur erfolgen, wenn die Maßnahmen zur Qualitätssicherung überzeugend sind und sollen die Ausnahme sein. Bestrebungen VOB und VOL zusammenzufassen halten wir für sinnvoll, sofern eine Vereinfachung bei Niveauerhalt erzielt werden kann.

7. Wohnungs- und Städtebau, Stadtumbau Ost, Ländlicher Raum

  • Wie wird Ihre Partei die Landesmittel zur Förderung des Stadtumbaus in Thüringen einsetzen?

  • Wie wird Ihre Partei die Revitalisierung der Innenstädte fördern und sichern?

  • Wie wird Ihre Partei Programme und Förderungen zusammenfassen, um das Nebeneinander der Förderung und Zuständigkeiten in den Ministerien zu minimieren, Effizienzen zu steigern, um wirtschaftlich mit öffentlichen Mitteln umzugehen?

  • Wird Ihre Partei das Projekt "Genial-Zentral" in Thüringen fortführen?

  • Wie wird Ihre Partei die Familienfreundlichkeit der Städte stärken?

  • Wie wird Ihre Partei die Mischnutzung in Wohngebieten von Arbeit und Wohnen fördern?

  • Wie wird Ihre Partei die Entwicklung des Ländlichen Raumes stärken, fördern und die Bürger in der Dorferneuerung motivieren?
Der Stadtumbau in Thüringen wird auch in der kommenden Legislaturperiode vom Umbau der Siedlungen geprägt sein. Denn immer noch ist die Leerstandsquote und Seggregationsgefahr hier am höchsten und der Handlungsbedarf am größten. Dennoch wollen wir, dass die Breite des Bundesprogrammes Stadtumbau besser ausgenutzt wird und zunehmend Mittel für die Aufwertung, Stabilisierung und Revitalisierung der Innenstädte eingesetzt werden.
Wir befürworten lokale Wirtschaftskreisläufe und das nebeneinander von Wohnen und Arbeiten. Deshalb wollen wir, dass Mischnutzungen planerisch aktiv vorgesehen werden, dass insbesondere in der Innenstadt Stadtstrukturen entstehen, die verschiedene Nutzungsszenarien ermöglichen.
Um lebendige Innenstädte zu fördern sehen wir die Notwendigkeit zu mehr Familienfreundlichkeit (Spielplätze) und Alten- und Behindertengerechtigkeit. Um die Attraktivität der Innenstädte als Wohnstandorte zu steigern sehen wir planerisch die Aufgabe, individuelle Wohnformen (auch in Mehrparteienhäusern) zu entwickeln, die z.B. für Familien eine Alternative zu Eigenheimen auf der Grünen Wiese darstellen. Deshalb wollen wir "Genial-zentral" weiterführen.
Im Hinblick auf die Förderpolitik streben wir an, Programme und Förderungen zusammenzufassen, um das Nebeneinander der Förderung und Zuständigkeiten in den Ministerien zu minimieren und eine effiziente Bewirtschaftung und Ausreichung der öffentlichen Mittel zu gewährleisten.
Im ländlichen Raum wollen wir die Dorferneuerung weiterführen. Insgesamt kann der ländliche Raum nicht ohne die Region und die städtischen Zentren betrachtet werden und benötigt integrierte Planungen. Familienfreundlichkeit durch ÖPNV-Anbindung, qualitätvolle Kinderbetreuung und Schulen wollen wir sicherzustellen. Statt weiteren Gewerbegebieten wollen wir die Konversion von Flächen vorantreiben. Insbesondere wollen wir, dass die Deutsche Bahn ihr Flächenpotential nutzbar macht. Neue Perspektiven für Arbeitsplätze im ländlichen Raum sehen wir insbesondere im ökologischem Landbau, sanftem Tourismus und der Ernte regenerativer Energie (Biogas etc.).

8. Ausbildung

  • Wie stehen Sie zur Einführung des Bachelors als ersten berufsqualifizierenden Abschluss für Architekten und Ingenieure mit einer Regelstudienzeit von nur 6 Semestern?

  • Welchen Qualitätsanspruch hat Ihre Partei an die Berufe "Architekt" und "Ingenieur" im Sinne des Verbraucherschutzes und deren Qualifikation?

  • Mit welchen politischen Programmen und Zielen wird Ihre Partei dafür sorgen, dass die Thüringer Hochschulen und Fachhochschulen hoch qualifizierte Absolventen hervorbringen?
Um lange Studien- und Ausbildungszeiten zu reduzieren, hohe Abbrecherquoten zu senken und berufsnähere Abschlüsse zu erhalten wurden neue Regelabschlüsse gefordert. Insbesondere mit dem Ziel internationaler Kompatibilität haben Bundes- und Landes-Gesetzgeber Bachelor- und Masterabschlüsse eingeführt. Wir, Bündnis 90/ Die Grünen Thüringen, sehen diesen Prozess als unumkehrbar, die Aufgabe ist nun die positive Ausgestaltung der sogenannten Studienreform durch und mit den Hochschulen. Wir wollen, dass ein breiter Bildungsanspruch erhalten bleibt und selbstbestimmtes Lernen mit den Zielen der neuen Abschlüsse verbunden werden kann.
Werke von Architekten und Ingenieuren sind ein dauerhaftes Erbe der zukünftigen Generationen, sie prägen und verändern Natur, Landschaft und Gesellschaft. Technische Dienstleister sind Treuhänder der Zukunft und müssen den Bauherren entsprechend beraten und bedienen können. Die Kompetenz zur ganzheitlichen Analyse, gerade die Berücksichtigung ökologischer und sozialer Faktoren ist dringend erforderlich. Unter diesen Prämissen halten wir einen sechssemestrigen Abschluss, der gleichwertig das Architektur- bzw. Ingenieursdiplom ersetzen soll für absolut fragwürdig. Blickt man nach den USA, so gibt es dort einen zehnsemestrigen Bachelor! Will man einen sechssemestrigen frühzeitigen Abschluss, so kann es sich aus unserer Sicht nicht um eine Berufsqualifikation handeln, die den bisherigen Diploma vergleichbar ist.
Bündnis 90/ Die Grünen Thüringen wollen den sogenannten Hochschulpakt in einen fairen Vertrag umwandeln, der Tarifsteigerungen, Inflation und Studierendenzahl berücksichtigt. Die wissenschaftlichen MitarbeiterInnen brauchen verlässliche Perspektiven und internationale Austauschprogramme. Mit sogenannten individuellen Studien-Credit-Konten wollen wir ein bewußteres Studieren fördern und damit die Qualitätsansprüche der Studierenden stärken. Ebenfalls ersetzen wir damit die unflexiblen Langzeitstudiengebühren und wollen sie als Einstieg in lebenslanges Lernen nutzen.

9. Baukultur

  • Wie wird Ihre Partei die Baukultur fördern und wahren?

  • Wie wird Ihre Partei den Anspruch auf eine gestaltete Umwelt fördern?

  • Wie wird Ihre Partei eine Thüringer Bauausstellung unterstützen, fördern und politisch begleiten?
Das Bauen der öffentlichen Hand darf kein Wettbewerb ausschließlich um die billigsten Lösungen sein. Vorbildhaft muss es genutzt werden für eine moderne Baukultur bei Wertschätzung der Tradition. Wir wollen ein Schulinvestitionsprogramm, das auf energiesparendes, ökologisches und qualitätvolles Bauen ausgerichtet ist umsetzen. Diese Gesichtspunkte wollen wir auch in die Förderung anderer öffentlicher Bauten einfließen lassen. Wir befürworten Wettbewerbsverfahren und Vergabeentscheidungen durch Fachgremien und können uns auch aus Gründen der Transparenz die Beteiligung von Fachkompetenz bei direkten Vergaben vorstellen. Innerhalb der Verwaltungen Thüringens halten wir das Modell eines Baudirektors für erprobenswert.
Im Hinblick auf eine qualitätvoll gestaltete Umwelt dürfen die Gewerbeflächen nicht vernachlässigt werden. Als Signal unterstützen wir die Idee eines Preises für qualitätvolle Thüringer Gewerbebauten.
Bündnis 90/ Die Grünen wollen eine Thüringer Bauausstellung in Zusammenarbeit mit der Thüringer Architektenkammer unterstützen, fördern und politisch begleiten. Unsere Zielsetzung ist insbesondere die soziale und nachhaltige Verantwortung beim Bauen herauszustellen: Projekte des Stadtumbaus und der Stadtreparatur, der Revitalisierung von Bauwerken und Konversion von Flächen zu zeigen sowie Lösungen des minimierten Flächeverbrauchs, des minimierten Energiebedarfs (z.B. Passivhausanlagen), der Verwendung recycleter Baustoffe in einer herausragenden gestalterischen und kostenoptimierten Qualität herauszustellen.

10. Baukultur macht Schule - Architektur und Schule

  • Wie fördert Ihre Partei die Vermittlung einer räumlich-ästhetischen Erziehung bei der Ausbildung der Schüler?

  • Welches Programm zur Fortbildung der Lehrer für die Stärkung einer naturwissenschaftlich-technischen Kompetenz der Schüler, für das gestalterische Können und das ästhetische Urteilsvermögen bei den Schülern bietet Ihre Partei?

  • Wie steht Ihre Partei zur Vermittlung von Architektur und zur Gestaltung der Umwelt an den Schulen in Thüringen?

  • Wie fördert Ihre Partei das bundesweite Projekt "Architektur und Schule" der Architektenkammer Thüringen?
Bündnis 90/ Die Grünen sehen dringenden Bedarf, die Vermittlung räumlich-ästhetischer Kompetenz in den Schulen weiterhin zu qualifizieren und soweit möglich bereits im vorschulischen Bereich zu beginnen. Gerade die Berufsschulen dürfen hierbei nicht vergessen werden. Neben der Frage der Lehr- und Lerninhalte wollen wir mithilfe eines qualitativ und ökologisch anspruchsvollen Schulinvestitionsprogramms eine Vorbildwirkung entfalten. Auf diesem Weg wollen wir eine nachhaltige Verbesserung der Gestaltungskompetenz, des Bewusstseins für gestalterische Tradition und Moderne und damit mittelfristig der gestalterischen Qualität unserer Umwelt erreichen. Wir sehen in der Architektenkammer einen wichtigen Partner um entsprechende Weiterbildungsprogramme aufzulegen und unter Einbeziehung der Schulämter durchzuführen.

veröffentlicht am 08.06.2004 von Susann Weber · Rubrik(en): News, Berufspolitik / Kammerarbeit

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