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Der öffentliche Raum als Direktorenzimmer

Europatour des Gropiuszimmer-Pavillons endet

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Gropiuszimmer-Pavillon vor dem Bauhaus-Museum Weimar, Bild: Julia Heinemann

Text: Julia Heinemann

„Das größte je umgesetzte, Partnerstädte verbindende Kooperationsprojekt“ (Zitat von Oberbürgermeister Peter Kleine) der Stadt Weimar und der Bauhaus-Universität Weimar, das über fünf Jahre die Stadtgesellschaften Weimars und seiner Partnerstädte symbolisch über eine Mikroarchitektur – als Gropiuszimmer-Pavillon – miteinander verband, kommt zum Abschluss.

An den unterschiedlichen Standorten wurde im öffentlichen Raum ein vieldeutiger Kunstraum installiert, der Anstoß sowohl für sinnliche als auch ideelle Auseinandersetzung bot. Bei der Gestaltung seines ersten Direktorenzimmers unterteilte Gropius den Raumbegriff in drei Ebenen: den stofflichen, den mathematischen und den transzendentalen Raum. Am Gropiuszimmer-Pavillon sind diese drei Raumbegriffe abzulesen. Der stoffliche Raum wird sichtbar durch die geschlossene farbige Wandecke sowie die Materialität an sich. Der mathematische Raum ist erkennbar an der Proportionierung der Struktur sowie am Konzept des Kubus im Kubus. Schließlich wird der transzendentale Raum durch die imaginäre Ausdehnung der drei Raumachsen zu den sich öffnenden drei Seiten des Raumkubus (weshalb er kein Dach hat) aufgemacht und durch die Relationen der umgebenden Bebauung gefasst. Diesen erweiterten Raumbegriff als solchen erlebbar zu machen und ihn aus heutiger Sicht zu interpretieren und im jeweiligen Alltagskontext und am jeweiligen Standort weiterzudenken – dafür steht der Gropiuszimmer-Pavillon.

Nach seiner Tour durch Sienna, Blois, Trier, Zamość und Hämeenlinna stand der Pavillon seit 2023 auf dem Stéphane-Hessel-Platz, dem Bauhaus-Museum gegenüber. Die letzten Wochen vor dem Abbau waren durch politische Statements geprägt, die auf die Bedeutung von Demokratie und Widerstand gegen extremistische Ideologien hinwiesen. Demokratie ist ein ständiger Konstruktionsprozess, der auf einem gemeinsamen Gestaltungswillen beruht. Der Pavillon verkörperte diesen Prozess als experimentelles Vermittlungsobjekt und -projekt. Er förderte kulturellen Austausch, kooperatives Lernen, war Experimentierraum und Impulsgeber für transformative Bildung.

Einen ausführlichen Bericht finden Sie beigefügt.

Julia Heinemann ist Architektin, Künstlerin und Kunstpädagogin (von 2017 bis 2023 wissensch. Mitarbeiterin an der Professur Bauformenlehre der Fakultät Architektur und Urbanistik der Bauhaus-Universität Weimar; aktuell Forschungsstelle an der Fakultät Kunst und Gestaltung, Professur Kunst und ihre Didaktik)

veröffentlicht am 04.07.2024 von Björn Radermacher · Rubrik(en): News

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