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Der Weimar-Effekt

Von der Lust oder Last, ein Bauhaus-Museum zu bauen

Weimar befindet sich in der komfortablen Situation, über den Neubau eines Bauhaus-Museums nachdenken zu können. Doch die Verwendung der segensreichen finanziellen Mittel des Bundes will wohl überlegt sein. So diskutieren derzeit die Entscheidungsträger in internen Workshops über Selbstverständnis, Inhalte und Standorte eines Bauhaus-Museums. Dieser Findungsprozess geschieht, so scheint es, weitestgehend unter Ausschluss der Öffentlichkeit.

Hier setzte der Gedanke der Kammergruppe Weimar an, die Kollegen über den Stand des Verfahrens zu informieren. Sie lud ein zu einer Podiumsdiskussion am 4. November in das Europäische Institut für Urbanistik. Das Podium war hochrangig besetzt: Hellmut Seemann, Präsident der Klassik Stiftung Weimar, war als Bauherr geladen, Prof. Dr.-Ing. Gerd Zimmermann vertrat als Rektor der Bauhaus-Universität Weimar die „Erben“ des Weimarer Bauhauses, Ursel Grigutsch, Leiterin des Stadtplanungsamtes Weimar, übernahm die Rolle der Hüterin der Grundstücke und Hans-Jürgen Goller erlaubte als Geschäftsführer der Tourismus Marketing Gesellschaft Sachsen mbH aus Dresden den Blick von außen auf Perspektiven des Kulturtourismus. Moderiert wurde die Diskussion von Prof. Michael Mann, Fachhochschule Erfurt.

Die rege Teilnahme zeigte, dass das Thema und die Besetzung des Podiums gut gewählt waren. Knapp 40 Kollegen folgten interessiert den Statements aus profundem Mund. In einer ersten Runde bat der Moderator die Teilnehmer, sich zu Inhalten des zukünftigen Bauhaus-Museums zu äußern.

Präsident Seemann hob in seinem Eingangsstatement hervor, dass das Bauhaus-Museum ein Ort der kulturellen Bildung sein werde. Das Konzept solle darauf zielen, die Gattungsgrenzen zu überwinden. Das Museum bilde das Verbindungsglied zwischen der Weimarer Klassik und der Zeitgenossenschaft. Ein Bauhaus-Kindergarten sei hierbei für ihn die Chance, den Bildungsbegriff weiter zu verifizieren.

Prof. Zimmermann hob hervor, dass es in der Reihe der Bauhaus-Standorte Berlin – Dessau – Weimar wichtig sei, sich auf die Alleinstellung Weimars zu besinnen. Neben der Authentizität des Gründungsortes, seiner Geschichte als pluralistisches Bauhaus, ist Weimar, im Gegensatz zu Dessau und Berlin, der einzige Ort, an dem der Gedanke der Ausbildung in Form einer modernen Universität fortgesetzt wird. Prof. Zimmermann sprach sich daher gegen eine Auratisierung von Ausstellungsobjekten aus. Die zentrale Frage, die es bei der Museumskonzeption zu beantworten gelte, sei, mit welchem Endzweck die Inszenierung verbunden werde. Hierbei dürften die Persönlichkeiten, die das Bauhaus prägten, die Intention ihres Handelns, nicht in den Hintergrund treten.

Hans-Jürgen Goller, Marketingexperte aus Dresden, verwies darauf, dass Kulturtourismus mittel- und langfristig nur dann von Erfolg gekrönt sei, wenn es gelingt, Zweit- und Drittbesucher zu generieren. Dies sei durch spannende Wechselausstellungen möglich. Hierbei sei die Internationalität in der Vermarktung von großer Bedeutung.

Allein die kurzen Eingangsstatements zeigten, wie facettenreich das Konzept eines Bauhaus-Museums vor dem Hintergrund seines Erbes, seiner Tradition, aber auch seiner Fortschreibung und Zukunftsfähigkeit zu denken ist. Wer glaubte, dass die Standortfrage im zweiten Diskussionsblock einfacher zu beantworten sei, wurde eines Besseren belehrt.

Prof. Dr. Bernd Nentwig präsentierte die Analyse der vier derzeit in der Diskussion befindlichen Standorte:

  • Östlicher Theaterplatz
  • Südlicher Theaterplatz
  • Campus der Universität
  • Beethovenplatz/Mensa

Ursel Grigutsch, Leiterin des Stadtplanungsamtes Weimar, bestätigte, dass keiner der vier Standorte am besten geeignet sei. Auch Präsident Seemann hob hervor, dass jeder der Standorte Einschränkungen bedeute und mit den Prioritäten des Konzeptes abzugleichen sei. Wichtig in diesem Zusammenhang sei die Identifikation der Stadt, ihrer Bürger mit der Idee des Bauhauses. Wo ist sie im städtischen Kontext am ehesten erlebbar? Wie wird das Bauhaus in die Stadt eingebunden? Wo erlaubt die Stadt eine identifikationsstarke Architektur?

Doch die Diskussion mit dem Publikum über alternative Standorte ergab auch hier kein eindeutiges Votum. So gab es Stimmen, die für eine unmittelbare Anbindung des Museums an die Hochschule, für seine teilweise Integration, plädierten. Andere wiederum sprachen sich für eine Besetzung des Ilm-Parks als Denkmodell aus, um einer architektonischen Geste mehr Raum zu geben.

Ausdrucksstarke Geste oder zurückhaltende Einpassung? Was wird zukünftig das Elektrisierende sein, das nicht nur zum einmaligen Besuch des Bauhaus-Museums reizt, sondern zum Wiederkommen verleitet?

Die Idee, ein Museum als Marke zu begreifen, ist nicht neu. Weimar hat mit dieser spannenden Bauaufgabe die Chance, die Marke „Bauhaus“ im 21. Jahrhundert fortzuschreiben. Dazu bedarf es nicht des Bilbao-Effekts, sprich der spektakulären Event-Architektur, einer lauten Geste, die über die Inhalte dominiert. Doch werden es im Gegenzug eher die minimalistischen neutralen Räume sein, die das Versprechen nach geistiger Offenheit als eine Lesart des Bauhauses einlösen? Eine spannende Frage, denen sich zukünftig die Wettbewerbsteilnehmer stellen müssen. Doch die Diskussion zeigte: Bis zur Auslobung sind es noch ein paar Schritte.

Das Konzept und der bauliche Ausdruck des Bauhaus-Museums werden sich zukünftig u.a. auch als Bild und Signal eines städtischen Selbstverständnisses interpretieren lassen. Die Bauaufgabe bedarf der konzertierten Aktion, wenn es darum geht, Standorte in ihrer Eignung abzuwägen und zu befördern. Die Bauaufgabe bedarf darüber hinaus des konzertierten Wollens und der Identifikation aller Beteiligten mit dem Geist des Bauhauses als Synonym für gelebte Offenheit und Pluralismus in einer Stadt.

Dipl.-Ing. Architektin Gertrudis Peters, Geschäftsführerin AKT

veröffentlicht am 01.12.2008 von Birgit Kohlhaas · Rubrik(en): News, Berufspolitik / Kammerarbeit

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