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Landluft im Eiermannbau Apolda

Eine Ausstellung suchte das Gespräch

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Gesprächsrunde „Baustelle Land“ (v. l.): Ulrike Rose, Moderation; Dr.-Ing. Hans-Gerd Schmidt, Präsident der Architektenkammer Thüringen; Josef Mathis, langjähriger Bürgermeister der Gemeinde Zwischenwasser; Florian Kirfel-Rühle, Architekt, Bild: © IBA Thüringen, Fotograf: Thomas Müller, Weimar

Text: Dr. Ulrich Wieler

Ländliches Bauen wird gerne als Unterkategorie für das „richtige“ Bauen unbewusst mit Begriffen wie Gemütlichkeit und Bodenständigkeit in Verbindung gebracht. Ländliches Bauen steht jedoch ebenso für den Versuch, in nicht-städtischen Regionen das Bauen als Abbild einer eigenen und zukunftsfähigen Entwicklung in oftmals strukturschwachen Räumen zu gestalten.

Mit dem Baukultur-Gemeindepreis hat der Verein „Land-Luft“ aus Österreich einen landesweiten Wettbewerb geschaffen, der 2016 bereits zum dritten Mal (und diesmal sogar im deutschen Allgäu) die Suche nach einem ländlichen Bauen wagt, welches vorbildhaft eine ganze Gemeinde prägt.

Die prämierten Kommunen der jüngsten Preisrunde zeigte eine Ausstellung, die vom 7. bis zum 27. September in der Sommerresidenz der IBA Thüringen – im Eiermannbau Apolda – zu sehen war. Für das Kooperationsprojekt der IBA mit der Stiftung Baukultur Thüringen war die Ausstellung Anlass für ein Begleitprogramm mit drei Abendveranstaltungen.

Die Ausstellungseröffnung am 7. September gab der Thüringer Ministerin für Infrastruktur und Landwirtschaft, Birgit Keller, eine gute Gelegenheit, Thüringen als Erwartungsraum für gutes ländliches Bauen zu schildern. Mit dem ehemaligen Bürgermeister Josef Mathis aus Zwischenwasser im Vorarlberg und dem Architekten Florian Kirfel-Rühle aus dem südthüringischen Bedheim kamen zur Vernissage auch zwei überzeugte Kämpfer für ein zeitgenössisches Bauen auf dem Land, das unbedingt mit den Bewohnern geschehen muss. Beide standen auf dem Podium mit dem Präsidenten der Architektenkammer Thüringen, Dr.-Ing. Hans-Gerd Schmidt, der Geschäftsführerin der IBA Thüringen, Dr. Marta Doehler-Behzadi, sowie dem Präsidenten der Stiftung Baukultur Thüringen, Prof. Dr.-Ing. Gerd Zimmermann. Die beiden Letzteren waren auch in den beiden folgenden Veranstaltungen die Diskussionspartner, die einen Thüringer Standpunkt verkörperten. Dabei galt es vor allem, eine Neugierde und einen Lernwillen zu repräsentieren, den man in Thüringen den vorgestellten Beispielen entgegenbringen sollte.

Zum Baukultursalon unter dem Titel „Tourismus durch Baukultur?“ am 12. September waren geladen: Olaf Bartels, bekannter Architekturkritiker und einer der Köpfe hinter der Buchungsplattform www.urlaubsarchitektur.de, sowie die Architektin Ingrid Maria Buron de Preser, eine Initiatorin der Unterkunfts-Initiative „Kuckucksnester“ im Hochschwarzwald. Ein Fazit des Abends war, dass Tourismus ein Katalysator für Baukultur „Made in Thüringen“ sein muss. Wenn es um den Ortscharakter und um das Bild einer Ferienregion geht, ist das Bauen ein Schlüsselfaktor. IBA Thüringen und Stiftung Baukultur Thüringen wollen mit einem Kooperationsprojekt zum Thema „Architektourismus“ gerade hier ansetzen.

Der zweite Baukultursalon am 21. September zur Frage „Wo beginnt ländliche Baukultur?“ bescherte erneut ein volles Haus. Mit Peter Haimerl stand schon fast ein „Star“ des ländlichen Bauens auf dem Podium. Seine Methode, in strukturschwachen Gegenden Bayerns das Bauen zum Kulturprozess zu machen, hat nicht nur mit dem Konzerthaus in Blaibach für Furore gesorgt. Mit dem Architekten Franz Schröck vom architekturforum allgäu e. V. konnte man einen weiteren Vertreter für die baukulturelle Arbeit einer ländlichen Region gewinnen. Beide zeigten Beispiele für das Bauen auf dem Land, die mehr sind als der Glücksfall eines schönen Einzelobjekts. Das Land braucht eigene Strategien, so war man sich einig.

Die Landluft-Ausstellung war für vier Wochen eine gehaltvolle Kulisse für einen Gesprächsfaden, der im „StadtLand Thüringen“ nun nicht abreißen sollte. Die drei Gesprächsrunden und die Ausstellung haben für Thüringen einen dringenden Appell hinterlassen: Baukultur ist als Alltagskultur zu verstehen, die sich auf Initiative, Lokalbewusstsein, aber auch auf Experimentierfreude verlassen muss.

Dr. Ulrich Wieler, Architekt, ist Projektmanager der Stiftung Baukultur Thüringen.

veröffentlicht am 27.10.2017 von Björn Radermacher · Rubrik(en): News, Stiftung Baukultur Thüringen, IBA Thüringen

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