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Neubau Kommunikationszentrum „FORUM“ Jena

Ergebnis des nichtoffenen interdisziplinären Realisierungswettbewerbs

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1. Preis: BAYER ARCHITEKTEN mit WGF Objekt Landschaftsarchitekten GmbH, Bild: BAYER ARCHITEKTEN / WGF

In Jena entstehen zwei Kommunikations- und Begegnungszentren der Friedrich-Schiller-Universität: das „FORUM“ in der Innenstadt und der „FOCUS“ auf dem Beutenberg-Campus.

Das FORUM soll die Bedingungen für die interne und externe Kommunikation deutlich verbessern, einen weiteren Innovationsbeschleuniger für die Stadt Jena schaffen und die Standortpotentiale hinsichtlich Forschung und Entwicklung sowie den Ausbau internationaler Netzwerke stärken. Das Raumprogramm umfasst neben Büro- und Kommunikationsflächen auch Flächen für ein gastronomisches Angebot sowie erforderliche Neben- und Lagerflächen.

Am Wettbewerb für das FORUM waren Architekt*innen und Landschaftsarchitekt*innen teilnahmeberechtigt; 19 Arbeiten wurden zugelassen. Als Preisgeld standen insgesamt 70.000 Euro (netto) zur Verfügung. Im Ergebnis der Preisgerichtssitzung unter Vorsitz der Architektin Prof. Hilde Léon, Berlin, wurden drei Preise bestimmt und zwei gleichrangige Anerkennungen vergeben.

Die mit dem ersten Preis prämierte Arbeit von BAYER ARCHITEKTEN mit WGF Objekt Landschaftsarchitekten überzeugte das Preisgericht laut Protokoll „durch die präzise Setzung eines klaren, länglichen Baukörpers, der sich sehr schlüssig in das städtebauliche Umfeld einfügt“. Das sich nach oben verjüngende Volumen bilde ein adäquates Gegenüber zu dem imposanten historischen Gebäudekomplex der Universität und verleihe dem doch schmalen Zwischenraum eine wohltuende Großzügigkeit.

Ergebnis

1. Preis (28.000,00 €):

  • BAYER ARCHITEKTEN, Nürnberg, mit WGF Objekt Landschaftsarchitekten GmbH, Nürnberg

2. Preis (17.500,00 €):

  • Behnisch Architekten GbR, München, mit GTL Michael Triebswetter Landschaftsarchitekt, Kassel

3. Preis (10.500,00 €):

  • AWB ARCHITEKTEN GmbH, Dresden, mit Noack Landschaftsarchitekten, Dresden

Anerkennungen (je 7.000,00 €):

  • Scheidt Kasprusch Architekten GmbH, Berlin, mit TOPOS (GbR) Stadtplanung Landschaftsplanung Stadtforschung, Berlin
  • AFF ARCHITEKTEN GMBH, Berlin, mit POLA Landschaftsarchitekten GmbH, Berlin

Beurteilung des Preisgerichts zum 1. Preis

Der Beitrag überzeugt durch die präzise Setzung eines klaren, länglichen Baukörpers, der sich sehr schlüssig in das städtebauliche Umfeld einfügt. Das sich nach oben verjüngende Volumen bildet ein adäquates Gegenüber zu dem imposanten historischen Gebäudekomplex der Universität und verleiht dem doch schmalen Zwischenraum eine wohltuende Großzügigkeit. Die vertikale Giebelfassade am Löbdergraben ist gegenüber dem Griesbachschen Auditorium angemessen zurückgesetzt, wodurch die Präsenz des historisch bedeutenden Gebäudes im Stadtraum deutlich hervorgehoben wird.
Die einfache und präzise Gebäudekubatur wird durch ein regelmäßiges Raster strukturiert, welches sich an der verglasten Längsfassade abbildet. Dieses Grid lässt den Neubau wie eine offene Regalstruktur wirken. Die Transparenz, die Ein- und Ausblicke in und aus dem Gebäude, setzen gekonnt den Wunsch nach Kommunikation und Offenheit in Szene. Ob eine reine Glasfassade, angesichts der aktuellen Diskussion zur Energieeinsparung noch zeitgemäß ist, sollte allerdings hinterfragt werden. Der Rhythmus der Fassadenstruktur nimmt einerseits Bezug zu den repetitiven baulichen Elementen des historischen Gebäudes und schafft andererseits eine Verbindung zu der Architektur des neu entstehenden Campus Inselplatz auf der gegenüberliegenden Straßenseite. Der Entwurf verknüpft deshalb auf überzeugende Art und Weise das ihn umgebende heterogene Stadtgewebe und wird somit zum Zentrum und zum verbindenden Stadtbaustein für die angrenzenden universitären Bauten.
Das Preisgericht stellt eine Überschreitung der in der Auslobung vorgegebenen Maximalen Gebäudehöhe fest, hält aber die städtebaulich-architektonische Einordnung in das bauliche Umfeld für gelungen. Inwiefern die Höhenüberschreitung baurechtlich genehmigungsfähig ist, muss zunächst noch offenbleiben. Zudem wirken die Form und Position der Öffnungen in der Giebelfassade Richtung Löbdergraben eher zufällig in dem sonst so klar und einfach strukturierten Gebäude.
Mit der Positionierung der Erschließungs- und Nebenräume im Innern des Gebäudes zur Brandwand hin kann der Bereich an der Fassade freigespielt und die Hauptnutzungen dort angeordnet werden. Die noch existierenden Grundmauern des Griesbachschen Hauses umfassen die neue Welcome Area / Lobby zu drei Seiten und werden so geschickt in die innenräumliche Struktur integriert. Der leicht erhöht angeordnete Bereich für die Gastronomie verknüpft sich räumlich mit der Welcome Area / Lobby und ermöglicht interessante Blickbeziehungen. Die auf der Galerie angeordnete Lounge bietet optimale Möglichkeiten für informellen Austausch, der räumliche Bezug zu den darunterliegenden öffentlichen Nutzungen wird durchaus positiv bewertet. Die Wendeltreppe, die die Lobby mit dem Loungebereich auf der Galerie verbindet, wirkt jedoch zu massiv, unterteilt den Raum und schränkt dadurch die Flexibilität der Welcome Area ein. Die Grundrissanordnung an der westlichen Gebäudeecke überzeugt jedoch noch nicht, die hier angeordneten kleinteiligen Nebenräume fügen sich nicht optimal in das Prinzip der Transparenz an der Längsfassade ein. Auch der Eingang (Entflechtung von Anlieferung, Büroeingang, etc.) zu den darüber liegenden Wohnungen funktioniert wie dargestellt noch nicht.
Durch die Aufweitung des Freiraums am Löbdergraben entsteht eine adäquate Eingangssituation und die Verbindung zum neuen Campus Inselplatz wird gestärkt. Die denkmalgeschützte Mauer mit Portal wird gestalterisch und funktional geschickt in den Freiraum einbezogen: durch das Weiterführen der Mauer wird ein Hof ausgebildet und der neue ,Gassenraum‘ klar gegliedert. Die daraus resultierende Fußgängerführung entlang der Fassade fördert die Interaktion zwischen Innen und Außen und die Belebung der Gasse. Der Ausgleich des existierenden Geländeversprungs wird über eine leichte Schräge des Geländes über die gesamte Gebäudelänge gelöst, doch gerade in Bezug auf den Anschluss der Gebäude und Eingänge bleiben hier Punkte ungeklärt. Ein zusätzlicher Zugang von der Gasse zur Gastronomie wäre aus Sicht der Jury erforderlich. Es ist darauf zu achten, dass die Breite der Gasse aus Brandschutzgründen 5 Meter nicht unterschreiten sollte, da ansonsten bauliche Maßnahmen zur Einhaltung des Brandschutzes erforderlich würden. Der Baumbestand sollte erhalten werden.
Der Beitrag leistet bezogen auf die städtebauliche Qualität und die räumliche Struktur einen sehr wertvollen Beitrag. Die große Klarheit von Gebäudekubatur, Fassadenstruktur und innerer Organisation überzeugt die Jury. Den Verfasser:innen ist eine überzeugende Antwort auf die komplexe städtebauliche und programmatische Situation gelungen. Die vorgeschlagene sehr hochwertige Ausführung gefällt, impliziert jedoch eine deutliche Überschreitung des vorgegebenen Kostenrahmens. Hier wären Maßnahmen zur Kosteneinsparung zwingend. Der Entwurf scheint ,robust‘ genug, auch weiter qualitätsvoll entwickelt werden zu können.

veröffentlicht am 13.09.2022 von Björn Radermacher · Rubrik(en): News, Wettbewerbe nach RPW: Ergebnisse

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